EU Sanktionen: Was hat es mit der „No Russia“-Klausel in Verträgen auf sich?

von Dr. Axel Spies, veröffentlicht am 11.03.2024
Rechtsgebiete: WirtschaftsrechtCompliance8|4221 Aufrufe

Am 18.12.23 billigte der Europäische Rat das 12. Sanktionspaket gegen Russland als Reaktion auf die anhaltenden Operationen des Landes in der Ukraine. Es enthält einige zusätzliche Einfuhr- und Ausfuhrverbote sowie Maßnahmen zur Bekämpfung der Umgehung von Sanktionen und zur Schließung von Schlupflöchern umfasst, die es Russland ermöglichen, Ausfuhren über Drittländer zu leiten.

Besonders interessant:  Art. 12g der VO (EU) 833/2014 sieht eine "No Russia"-Klausel vor, die EU-Exporteure dazu verpflichtet, die Wiederausfuhr bestimmter ind er VO genannter Güter nach Russland in Geschäften mit Geschäftspartnern in Drittländern vertraglich zu verhindern. Diese Verpflichtung gilt nur für bestimmte Arten von Gütern, darunter Luftfahrtsgüter, Flugzeugtreibstoff, Waffen, sensible Güter und Technologien sowie Güter mit einem potneielmilitären Verwendungszweck (Dual Use).

Die kürzlich vom Europäischen Rat herausgegebenen FAQ-Leitlinien enthalten ein Muster für eine "No Russia"-Klausel, welche die folgenden Verpflichtungen durch die Nicht-EU-Vertragspartei beinhaltet:

- Vereinbarung keine Güter, die im Rahmen oder in Verbindung mit diesem Abkommen geliefert werden und in den Anwendungsbereich von Artikel 12g fallen, direkt oder indirekt an die Russische Föderation oder zur Verwendung in der Russischen Föderation zu verkaufen, auszuführen oder wieder auszuführen;

- Sicherstellung, dass der Zweck der "No-Russia"-Klausel nicht durch Dritte in der weiteren Handelskette vereitelt wird. Dies sollte potenzielle Weiterverkäufer oder Untermieter einschließen.

- Vereinbarung eines angemessenen Überwachungsmechanismus, um Verhaltensweisen von Dritten in der weiteren Handelskette aufzudecken, die die "No-Russia"-Klausel vereiteln würden.

- Verpflichtung den Exporteur über mögliche Verstöße gegen die "No-Russia"-Klausel zu informieren und alle relevanten Informationen über die Einhaltung der "No-Russia"-Klausel bereitzustellen.

Die „No-Russia"-Klausel muss in jeden Vertrag aufgenommen werden, der von in der EU ansässigen Vertragspartei  mit einer in einem Nicht-EU-Land ansässigen Gegenpartei z.B. über den Verkauf, die Lieferung, die Weitergabe oder die Ausfuhr von Luftfahrzeugen und/oder Luftfahrzeugteilen geschlossen wird. Diese Einschränkung gilt nicht für die in Anhang VII der Verordnung aufgeführten Partnerländer. Derzeit sind das die USA, Japan, das Vereinigte Königreich, Südkorea, Australien, Kanada, Neuseeland, Norwegen und die Schweiz.

Zur Klarstellung: Für die „No Russia"-Klausel gibt es keine besonderen sprachlichen Anforderungen der EU, solange die Formulierung die Anforderungen von Artikel 12g erfüllt. In jedem Fall hat der Rat empfohlen, die Klausel als wesentliches Element des Vertrags zu kennzeichnen. Mit anderen Worten, die „No Russia"-Klausel sollte als Bedingung (engl. „repudiation“)  im Gegensatz zu einer Vertragsgarantie - engl. „warranty“)  formuliert werden, die bei Verletzung die andere Partei dazu berechtigt, u.a. vom gesamten Vertrag zurückzutreten und nicht nur Schadensersatz zu verlangen.

Was halten Sie von dieser Klausel?

Anmerkung: Wir verfolgen die EU-Sanktionen weiter im Blog hier

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Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
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8 Kommentare

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Zum Thema Rechtsfolgen: Die EU schlägt folgendes vor: 

"(4) Jeder Verstoß gegen die Absätze (1), (2) oder (3) stellt einen wesentlichen Verstoß gegen ein wesentliches Element dieses Vertrages dar, und der [Exporteur/Verkäufer] ist berechtigt, angemessene Abhilfemaßnahmen zu verlangen, einschließlich, aber nicht beschränkt auf: (i) Beendigung dieses Vertrages und (ii) eine Vertragsstrafe in Höhe von [XX]% des Gesamtwerts dieses Abkommens oder des Preises der ausgeführten Waren, je nachdem, welcher Wert höher ist. "

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Abs. 5 ist ziemlich vage "(5) The [Importer/Buyer] shall immediately inform the [Exporter/Seller] about any problems in applying paragraphs (1), (2) or (3), including any relevant activities by third parties that could frustrate the purpose of paragraph (1). The [Importer/Buyer] shall make available to the [Exporter/Seller] information concerning compliance with the obligations under paragraph (1), (2) and (3) within two weeks of the simple request of such information."

Was sind "problems", was heißt "information"?

Sehr geehrte Damen und Herren,

müssen beide Varianten der Sanktionierung, also Vertragsstrafe oder Auflösung des Vertrages angegeben werden oder ist es ausreichend als Sanktionierunsmaßnahme nur die Beendigung/Auflösung des Vertrages anzuführen?

Freundliche Grüße

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Die EU schlägt beides zusammen vor:

"(4) Any violation of paragraphs (1), (2) or (3) shall constitute a material breach of an essential element of this Agreement, and the [Exporter/Seller] shall be entitled to seek appropriate remedies, including, but not limited to:
(i) termination of this Agreement; and
(ii) a penalty of [XX]% of the total value of this Agreement or price of the goods exported, whichever is higher..."

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Danke für die Rückmeldung. Ist dies auch in der Verordnung direkt so vorgesehen oder nur im Formulierungsvorschlag der EU-Kommission?
Ihre Ansicht ist also, sich direkt an die Formulierung zu halten?

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Nicht der VO selbst, sondern in den FAQ:https://finance.ec.europa.eu/document/download/7f54341b-2bf1-4142-b5d4-b1b09c93d03e_en?filename=faqs-sanctions-russia-no-re-export_en.pdf  

Dort heißt es auch:

"Operators are free to choose the appropriate wording for the “no re-export to Russia” clause, as long as the outcome fulfils the requirements of Article 12g. In any event, it is recommended that the clause is
identified as an essential element of the contract.
While it does not preclude the use of other wordings, the template below can be considered as meeting the obligation in Article 12g. It is recommended in particular for contracts with non-EU operators doing business in jurisdictions seen as posing a high risk of circumvention."

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Gast schrieb:

Verstoß gegen die AGB-Vorschriften des BGB? Bei B2B? Was genau meinen Sie damit?

Im Massengeschäft sehe ich für die Einbindung der Klausel keinen Weg an AGB vorbei, auch wenn an verschiedenen Stellen geschrieben geht, dass AGB nicht ausreichen und man sicherheitshalber auf unterzeichnete Erklärungen der Kunden zurückgreifen sollte. Wie war das mit Bürokratieabbau?

Auch im B2B-Bereich gelten die AGB-Regelungen. Vertragsstrafen müssen auch im B2B-Bereich angemessen sein. Eine verschuldensunabhängige Vertragsstrafen-Klausel wie in der Formulierung der Kommission dürfte, auch mit der Bezugnahme auf irgendwelche best effort-Maßnahmen in der gesamten Lieferkette (!), in meinen Augen kaum zu halten sein. Ein direkter Verstoß durch Weiterverkauf nach Russland hat eine andere Qualität, als wenn der Kunde es nicht geschafft hat, den dritten Reseller zu monitoren. Mit der 1:1-Übernahme der Klausel der Kommission, die in dieser Hinsicht keine Unterschiede macht, hält man nach meinem Dafürhalten die Vorgaben des BGH zu Vertragsstrafen - auch im B2B-Bereich - nicht ein.      

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