Der Lastenaufzug mal wieder - ein vernünftiges Urteil zur erweiterten Kürzung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG (FG Schleswig-Holstein vom 28.3.2024 - 1 K 134/22)

von StB Dr. Martin Weiss, veröffentlicht am 24.05.2024
Rechtsgebiete: Steuerrecht|3754 Aufrufe

Immer wieder die erweiterte Kürzung des § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG – die Rechtsprechung in diesem Bereich hat gut zu tun! Die erweiterte Kürzung (BFH v. 25.9.2018 – GrS 2/16, BeckRS 2018, 40602, Rz. 91 ff.)

will den nur kraft Rechtsform gewerbliche Einkünfte erzielenden Unternehmen die erweiterte Kürzung gewähren, wenn sie ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen, ihre Tätigkeit insoweit also nicht über den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung hinausgeht.

Wer diesen „benefit“ will, muss sich jedoch mit dem engen Tatbestand der Sätze 2 ff. des § 9 Nr. 1 GewStG auseinandersetzen. Hier lauern Gefahren an allen Ecken und Enden – nicht zuletzt durch den „Dreiklang“ der Ausschließlichkeiten, die hier strikt einzuhalten sind: „Qualitativ, quantitativ wie zeitlich“ (BFH v. 26.2.2014 – I R 47/13, BeckRS 2014, 95488, Rz. 16) darf der Gewerbebetrieb ausschließlich „eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen…“ (BeckOK GewStG/Jahndorf GewStG § 9 Rn. 245 ff.).

Dabei sind bereits kleinste Abweichungen von diesem Tatbestand schädlich – jedenfalls bis zur Ergänzung des § 9 Nr. 1 S. 3 GewStG durch das Fondsstandortgesetz (v. 3.6.2021, BGBl. 2021 I 1498; OFdL vom 17.6.2022, BeckVerw 571529). Mit Aktivitäten wie der Teilnahme an einem Weihnachtsmarkt etwa kann man den Gewerbebetrieb für den entsprechenden Erhebungszeitraum aus der erweiterten Kürzung „rauskegeln“ (BFH v. 15.6.2023 – IV R 6/20, DStR 2023, 1833). Ebenfalls schädlich sein kann ein unterjähriger Verkauf des letzten Grundstücks des Gewerbebetriebs – der Veräußerungsgewinn ist zwar selbst kürzungsfähig (siehe etwa § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG; BFH v. 27.10.2021 – I R 39/19, BeckRS 2021, 48135). Nach der Veräußerung muss allerdings die zeitliche Dimension der Ausschließlichkeit beachtet werden: „Die erweiterte Kürzung kann nicht zeitanteilig gewährt werden. Am Erfordernis einer ausschließlichen Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes fehlt es daher, wenn ein Unternehmer das letzte oder einzige Grundstück vor Ablauf des Erhebungszeitraums veräußert und danach nur noch anderweitige Tätigkeiten ausübt“ (BFH v. 27.10.2021 – III R 7/19, BeckRS 2021, 41935, Rz. 12).

Zudem stellt das Gesetz durch § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG weitere Anforderungen, die teilweise bereits durch kleinste Abweichungen vollumfänglich (Konjunktion: „wenn“) verletzt werden können (§ 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 GewStG; BFH v. 1.6.2022 – III R 3/21, BeckRS 2022, 21745). Zu allem Überdruss vermischt sich die Frage der erweiterten Kürzung dann auch noch mit dem Richterrecht der Betriebsaufspaltung (BFH v. 16.9.2021 – IV R 7/18, BeckRS 2021, 44488; BFH v. 22.2.2024 – III R 13/23, BeckRS 2024, 8865)…

Eine weitere Kampfzone in diesem Kontext sind die Betriebsvorrichtungen (§ 68 BewG), die die Finanzbehörde häufig in Fällen der erweiterten Kürzung „entdeckt“: Wenn bspw. „eine grundbesitzverwaltende GmbH neben einem Hotelgebäude auch Ausstattungsgegenstände (Bierkellerkühlanlage, Kühlräume, Kühlmöbel für Theken- und Büfettanlagen) mitvermietet, die als Betriebsvorrichtungen zu qualifizieren sind“, kann sie sich damit die erweiterte Kürzung abschneiden (BFH v. 11.4.2019 – III R 36/15, BeckRS 2019, 19995). Ebenso kann es einer grundbesitzverwaltenden GmbH gehen, die aufgrund eines einheitlichen Mietvertrags ein SB-Warenhaus und eine Tankstelle vermietet (BFH v. 18.12.2019 – III R 36/17, BeckRS 2019, 41726).

So auch die Thematik in einem neuen Urteil des FG Schleswig-Holstein vom 28.3.2024 (1 K 134/22, BeckRS 2024, 10180): Die Finanzverwaltung wollte die erweiterte Kürzung bei der Vermietung eines Einkaufszentrums verweigern – sie hatte einen Lastenaufzug „im hinteren Teil des Gebäudes im Bereich der Anlieferzone, über die die Warenannahme erfolgt“, entdeckt. Hier hat das FG einen Riegel vorgeschoben: Der „Lastenaufzug“ mag im legendären Betriebsvorrichtungs-Erlass (OFdL v. 5.6.2013, BeckVerw 272720, dort unter 3.5) genannt sein. Dennoch sah das FG trotz der strengen Auslegung der „Ausschließlichkeiten“ durch den BFH Raum für die Annahme eines „unschädlichen Nebengeschäfts“ (BFH v. 11.4.2019 – III R 36/15, BeckRS 2019, 19995, Rz. 26 ff.). Wer Munition für einen Schriftsatz in diesem Bereich braucht, wird hier fündig!

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