Koalition will Freier von Zwangsprostituierten bestrafen

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 20.05.2008

Die Bundesregierung will die Kunden von Zwangsprostituierten nach Angaben der Zeitschrift "SPIEGEL" mit hohen Haftstrafen abschrecken. Künftig solle mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren belangt werden können, wer jemanden unter «Ausnutzung einer Lage, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist», sexuell missbraucht, zitiert das Magazin aus einem Diskussionsentwurf des Bundesjustizministeriums. In einer Spiegel-Umfrage sprachen sich 73 Prozent der Befragten dafür aus, Freier von Zwangsprostituierten zu bestrafen.

Ein Sprecher von Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) bestätigte am 17.05.2008 die Existenz eines solchen Papiers, ohne Details zu nennen. Es gehe auf die Koalitionsvereinbarung von CDU, CSU und SPD zurück. Rechtspolitikern der Union geht der Entwurf laut SPIEGEL noch nicht weit genug. Nach Auffassung des Bundestagsabgeordneten Siegfried Kauder (CDU) sollten Freier schon dann bestraft werden können, wenn sie «leichtfertig nicht erkennen», dass sie es mit einer Zwangsprostituierten zu tun haben.

Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) nannte den Vorschlag «reichlich dünn». Sie verwies in einer Mitteilung darauf, dass Bayern bereits im Februar 2005 einen fertigen Gesetzentwurf zur «Freierstrafbarkeit» in den Bundesrat eingebracht habe. Zudem müsste das Prostitutionsgesetz von 2001 in seinem strafrechtlichen Teil rückgängig gemacht werden. «Seitdem kann ein Zuhälter nämlich nur noch dann bestraft werden, wenn der Nachweis gelingt, dass die Prostituierte in persönlicher oder wirtschaftlicher Abhängigkeit gehalten wird.» Das sei in der Praxis äußerst schwierig.

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Der von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf der Strafbarkeit eines Freiers von Zwangsprostituierten gleicht dem Tatbestand der Sexuellen Nötigung in § 177Abs.1,Nr.3 bis auf das Wort nötigt,das durch "mißbraucht" ersetzt wird.Beim Mißbrauch liegt eine Konstellation zugrunde,in der die Einwilligung des Opfers aufgrund bestimmter freiheitsbeschränkender Umstände als unwirksam betrachtet wird;hinzu kommt eine Verantwortlichkeit des Täters für die Herbeiführung,Aufrechterhaltung oder Ausnutzung dieser Lage.vgl.Tröndle/Fischer StGB vor174,RN 8. Diese Verantwortlichkeit fehlt typischerweise bei Freiern.
Wenn Kauder CDU,einen Freier schon dann bestrafen will,wenn er leichtfertig nicht erkennt,daß er es mit einer Zwangsprostituierten zu tun hat,so stellt ein solcher Tatbestand eine unerträgliche Vorverlegung von Strafbarkeit auf das fahrlässige nicht Erkennen von Zwangsprostitution dar,die in der Praxis nicht zu beweisen ist.Ein socher Tatbestand nur der mentalen Verunsicherung und Einschüchterung von Männern Prostituierte überhaupt zu besuchen.Laut dem Bundeslagebild des BKA 2006werden die Strafverfolgungsbehörden weiterhin Schwierigleiten haben,Opfer des Menschenhandels und damit der Zwangsprostitution zu identifizierenund entsprechende Ermittlungen einzuleiten.Wie soll das dann einem Freier nachgewiesen werden können,da Zeichen der Ausübung von Gewalt während der Ausübung der Prostitution statistisch äußerst selten vorkommen.Eine Kriminalisierung der Freier ist dahersinnlos und kontraproduktiv und kann nur dazu dienen den gesamten Bereich der Sex-Arbeit wieder in die Illegalität abzudrängen.

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