Wegen des in Köln entgleisten ICE 518 ermittelt die Kölner Staatsanwaltschaft wegen Gefährdung des Bahnverkehrs

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 11.07.2008

Sachverhalt

Am Mittwoch sprang aus bisher ungeklärten Gründen kurz nach Verlassen des Kölner Hauptbahnhofs der Hochgeschwindigkeitszug ICE 518 (neueste, dritte ICE-Generation) mit 250 Fahrgästen  offenbar mit einer defekten Radsatzwelle aus den Gleisen, nachdem er zuvor vermutlich bereits mit Rad- und Achsendefekt auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke von Frankfurt/Flughafen nach  Köln gefahren war, wo Geschwindigkeiten bis zu 330 km/h erreicht werden. Fahrgäste sollen sich mehrfach bei den Zugbegleitern über verdächtige Geräusche beschwert haben. - Heute rief die Bahn baugleiche ICE-Züge in die Werkstätten zur Untersuchung zurück und strich ca. 90 Verbindungen.

Staatsanwaltliche Ermittlungen

Die Staatsanwaltschaft Köln hat heute wegen des Verdachts auf Gefährdung des Bahnverkehrs, § 315a StGB, aufgenommen.

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Die Entgleisung des ICE 518 hängt nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen offenbar nicht mit der kurz zuvor erfolgten Notbremsung zusammen. "Das war nicht die Ursache der Entgleisung", sagte der Kölner Oberstaatsanwalt Günther Feld dem SPIEGEL. Die Deutsche Bahn AG hatte zuvor erklärt, das Fahrpersonal habe den Zug mit einer Notbremsung gestoppt, um eine drohende Gefahr abzuwenden. Nach den Erkenntnissen wurde die Notbremse gezogen, weil im Kölner Hauptbahnhof bereits Metallteile der kaputten Achse herausstanden und über Gleise und deren Verschraubungen schleiften.

Wie SPIEGEL ONLINE heute weiterhin meldet, hätte der Unfall nach Einschätzung von Prof. Markus Hecht, TU Berlin, in einer Katastrophe enden können: "Ein solcher Defekt ist das gefährlichste, was es gibt." Im schlimmsten Fall hätte die Achse in einer Kurve brechen können, dann wäre der Zug entgleist und womöglich von der Strecke abgekommen. Weil Stahl nur langsam reißt, müsse der Schaden schon länger vorhanden gewesen sein, so der Experte für Schienenfahrzeuge.

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Würde die Auslösung der Notbremsung nicht ohnehin unter § 145 Abs. 2 StGB fallen?

Anknüpfungspunkt dürfte hier doch sein, dass das Begleitpersonal zunächst (vor Einfahrt in den Hbf Köln) die Hinweise der Passagiere nicht weiter verfolgt hat.

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Ja, ein (siehe aber auch Prof. Hecht: Stahl reißt nur langsam) Fahrlässigkeitsvorwurf könnte darin liegen, dass die Hinweise (zunächst? siehe nächster Absatz) nicht ernst genommen wurden.

Das Ziehen der Notbremse (gestern sagte ein Fahrgast im Interview, dass ein anderer Fahrgast die Notbremse gezogen habe und nicht einer der Zugbegleiter!) sehe ich unter dem Aspekt des § 145 Abs. 1 Nr. 1 StGB, der tatbestandlich aber nicht gegeben erscheint. Ein Missbrauch der Notbremse ist nur bei nicht bestimmungsgemäßer, dh zweckwidriger Verwendung gegeben - egal, wer es war, es war höchste Zeit, den Zug anzuhalten.

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