Urteile im Bad Reichenhaller Eissporthallen-Prozess

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 18.11.2008

Knapp drei Jahre nach dem verheerenden Einsturz der Eissporthalle in Bad Reichenhall am 2.1.2006, bei dem 12 Kinder und Jugendliche sowie drei Mütter ums Leben kamen, verurteilte heute das LG Traunstein nach fast zehnmonatiger Verhandlungsdauer den Konstrukteur der Halle, der Fehler bei der Berechnung der Dachstatik eingeräumt hatte, wegen fahrlässiger Tötung zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten. Freigesprochen wurden der am Bau der Halle beteiligte Architekt und ein weiterer Bauingenieur, der dem Tragwerk im Jahr 2003 einen guten Zustand bescheinigt hatte.

Der Verteidiger des Verurteilten kündigte Revision an. Auch die Staatsanwaltschaft prüft eine Revision: Positiv sei, das dass Gericht bei der Verurteilung des Hallendach-Konstrukteurs der Argumentation der Anklagebehörde gefolgt sei; unerfreulich dagegen seien die beiden Freisprüche.

Gegen die Staatsanwaltschaft war während des Laufs des Prozesses immer wieder der Vorwurf erhoben worden, die Verantwortlichen im Rathaus von Bad Reichenhall zu schonen, weil kein Beamter der Stadtverwaltung mitangeklagt wurde.

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5 Kommentare

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Ich habe die ganze tragische Geschichte zwar nicht in allen Einzelheiten verfolgt,
dennoch stellen sich mir bei der gelesenen Kurzfassung der Urteilsverkündung folgende
Fragen:

-Ich gehe davon aus, daß auch in Bayern n. Landesbauordnungsrecht, ähnlich wie in NRW eine Prüfpflicht der Statik inkl. Konstr.-Pläne durch einen (damal)zugel. Prüfingenieur bestanden hat. Wo sind die geprüften Unterlagen ? 3 Exemplare gibt es i.d.R.
1. beim Bauherrn ( Stadt Reichenhall ?, 2. bei der damal zust. Bauaufsichtsbehörde, 3. bei Prüf.-Ing.
Wo sind diese Unterlagen und was sagen diese aus ?

-Wenn angeblich ständige Undichtigkeiten der Dachkonstruktion für permanente Durchfeuchtung der Dachbinder sorgten, warum ist seitens der Bauherrschaft ( Stadt) nicht schon wesentlich früher eine Untersuchung der Leimholzbinderkosntruktion veranlasst worden ?
Wer sind die zust. und verantwortungstragenden Herren o. Damen der Bauherrschaft ???

- Warum wurden die DachBinder durch den damaligen und jetzt verklagten Konstrukteur überhaupt so immens hoch bemessen. Gab es irgendwelche Änderungen ??
Oder spielten irgendwelche vetternwirtschaftliche Interessen hier hinein ?

-Wer war für die stichprobenartigen Baukontrollen zuständig oder beauftragt ?

-Es muß auch Fachunternehmen gegeben haben, welche die Leimholzbinder hergesttlt haben.
Gibt es diese noch oder wenigentens deren Betriebhftpflichtversicherung falls damals vorhanden ?
Denn Auch der Hersteller ist verpflichtet die damals gültigen allg. anerk. Regeln der Baukunst ( sprich Regelwerk der Technik) einzuhalten. Insofern hätte auch bzgl. des Leims Bedenken angemeldet werden müssen !

- nach BGB ... gilt für Planung / Versteckte Mängel eine Gewährleistungspflicht von 30 Jahren.
Warum wird der Konstrukteur nach 30 Jahren alleine Haftbar gemacht, wobei seit 1974 die Halle fertiggestellt wurde. 1974 + 30 = 2004 .

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Ich habe die ganze tragische Geschichte zwar nicht in allen Einzelheiten verfolgt,
dennoch stellen sich mir bei der gelesenen Kurzfassung der Urteilsverkündung folgende
Fragen:

-Ich gehe davon aus, daß auch in Bayern n. Landesbauordnungsrecht, ähnlich wie in NRW eine Prüfpflicht der Statik inkl. Konstr.-Pläne durch einen (damal)zugel. Prüfingenieur bestanden hat. Wo sind die geprüften Unterlagen ? 3 Exemplare gibt es i.d.R.
1. beim Bauherrn ( Stadt Reichenhall ?, 2. bei der damal zust. Bauaufsichtsbehörde, 3. bei Prüf.-Ing.
Wo sind diese Unterlagen und was sagen diese aus ?

-Wenn angeblich ständige Undichtigkeiten der Dachkonstruktion für permanente Durchfeuchtung der Dachbinder sorgten, warum ist seitens der Bauherrschaft ( Stadt) nicht schon wesentlich früher eine Untersuchung der Leimholzbinderkosntruktion veranlasst worden ?
Wer sind die zust. und verantwortungstragenden Herren o. Damen der Bauherrschaft ???

- Warum wurden die DachBinder durch den damaligen und jetzt verklagten Konstrukteur überhaupt so immens hoch bemessen. Gab es irgendwelche Änderungen ??
Oder spielten irgendwelche vetternwirtschaftliche Interessen hier hinein ?

-Wer war für die stichprobenartigen Baukontrollen zuständig oder beauftragt ?

-Es muß auch Fachunternehmen gegeben haben, welche die Leimholzbinder hergesttlt haben.
Gibt es diese noch oder wenigentens deren Betriebhftpflichtversicherung falls damals vorhanden ?
Denn Auch der Hersteller ist verpflichtet die damals gültigen allg. anerk. Regeln der Baukunst ( sprich Regelwerk der Technik) einzuhalten. Insofern hätte auch bzgl. des Leims Bedenken angemeldet werden müssen !

- nach BGB … gilt für Planung / Versteckte Mängel eine Gewährleistungspflicht von 30 Jahren.
Warum wird der Konstrukteur nach 30 Jahren alleine Haftbar gemacht, wobei seit 1974 die Halle fertiggestellt wurde. 1974 + 30 = 2004 .

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@ V. Klaßen (Dipl.-Ing.)

- nach BGB … gilt für Planung / Versteckte Mängel eine Gewährleistungspflicht von 30 Jahren.
Warum wird der Konstrukteur nach 30 Jahren alleine Haftbar gemacht, wobei seit 1974 die Halle fertiggestellt wurde. 1974 + 30 = 2004 .

Sie werfen hier aber imho einiges durcheinander.
Vertragsgrundlage dürfte wohl nicht BGB sondern VOB/B gewesen sein. Danach beträgt die Gewährleistung für Mängel 4 Jahre (momentan) vorher 2 Jahre.
Für Planungsmängel des Architekten/Ingenieurs nach BGB 5 Jahre.

Etwas anderes gilt für versteckte Mängel oder arglistige Täuschung. Wo die aber bei völlig freiliegenden Dachbindern, die regelmäßig kontrolliert wurden liegen soll, erschließt sich mir nicht.
Das wäre aber dann auch eher eine Frage der Haftung.

Wieso hätte gegen die Verwendung des Leimes Bedenken angemeldet worden sein müssen? Was war damit nicht in Ordnung? Die Frage meine ich ganz sachlich, ich habe dazu nichts gelesen.

MfG

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Gegen das Urteil im Prozess um den verheerenden Einsturz von Bad Reichenhall haben sowohl der Verteidiger des verurteilten Hallendach-Konstrukteurs, die Staatsanwaltschaft als auch zwei Nebenkläger Revision eingelegt.

Die Anklagebehörde will sich mit den beiden Freisprüche nicht zufrieden geben, weil auch der Architekt und der Gutachter der fahrlässige Tötung schuldig seien. Ein Nebenkläger hat Revision gegen den Freispruch für den Gutachter eingelegt, der andere gegen beide Freisprüche.

Aus der Datenbank beck-online

Kluth Bad Reichenhall ist überall! - Zur baurechtlichen Überwachungskontrolle;, NJW 2006, 822

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