Es passt leider ins Bild: Freisprüche im Fall Politkovskaja

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 20.02.2009

Die drei der Beihilfe zum Mord an der Journalistin Anna Politkovskaja  angeklagten Männer sind am Donnerstag vom Moskauer Militärgericht freigesprochen worden. Das Verfahren gegen den früheren Geheimdienstoberst Pawel Rjagusow, der den Tätern die Adresse des Opfers besorgt haben soll, wurde abgetrennt; dennoch wurde er bereits im laufenden Verfahren entlastet.

Einer der Verteidiger hatte im Lauf des Verfahrens behauptet, die Anklageschrift enthalte deutliche Hinweise darauf, dass ein russischer Politiker den Mord in Auftrag gegeben habe. Später verzichtete er darauf, diese Vermutung aufrechtzuerhalten. 

Sollte es sich nicht um einen Alibi-Prozess gehandelt haben, dann müssten jetzt die "eigentlichen" Ermittlungen beginnen! Oder es bewahrheitet sich die von Beginn an bestehende Befürchtung, dass die Tat nie aufgeklärt wird und in Erinnerung bleibt die Nonchalance Putins mit der er die Tat kommentierte: eine viel zu unbedeutende Journalistin, als dass die Behauptungen richtig sein könnten, staatliche Stellen seien in die Ermordung verstrickt.

Nachtrag: Seit 2000 sind in Russland mindestens 23 Journalisten getötet worden - zuletzt Anastasja Baburowa und Stanislaw Markelow.

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

3 Kommentare

Kommentare als Feed abonnieren

Leider?? O.k., es ist nicht verboten, über Dinge zu bloggen, von denen man keine Ahnung hat. Aber besser wäre es schon, so etwas zu lassen.

Diejenigen, die Ahnung haben, hatten im Gegenteil die Befürchtung, die offensichtlich nicht oder nur am Rande involvierten Angeklagten würden, wie von oben gewünscht, zwecks Reinwaschung aller anderen (staatlichen) Verdächtigen verurteilt. Aus diesem Grund haben die Hinterbliebenen des Opfers ebenso wie verschiedene Oppositions- und Bürgerrechtsorganisationen die Freisprüche jetzt auch ausdrücklich begrüßt und die Richter zu ihrem Mut beglückwünscht, sich den Erwartungen der Exekutive zu widersetzen.

0

Tut mir leid, aber auch künftighin werde ich über die Dinge im Blog berichten, die mir wichtig erscheinen - und dazu gehört die Ermordung von Anna Politkovskaja und die justizmäßige Aufarbeitung dieser Tat. Natürlich beziehe ich das, worüber ich im Blog berichte, regelmäßig aus den Medien (konkret: SPIEGEL ONLINE vom 19.2.2009 und FAZ vom 20.2.2009 S.5). Die Seriosität dieser Quellen zweifle ich nicht an. Bitte vergleichen Sie die Belege mit meinem Blogbeitrag.

Es mag sein, dass Ihre Behauptung vollumfänglich zutrifft, nach den mir vorliegenden Berichten habe ich persönlich allerdings meine Zweifel daran. So zitiert die FAZ die Vertreterin der Familie von Anna Politkovskaja, Karina Moskalenko, mit den Worten, das Urteil sei zu respektieren, aber die Ermittlungen seien schlecht geführt worden. Anna Stawizkaja, die Vertreterin der Nebenklage, spricht in ihrem gestrigen Interview in SPIEGEL ONLINE davon, dass ihrer Ansicht nach die Angeklagten etwas über die Tat wissen.

Wenn sich die mutigen Richter den Erwartungen der Exekutive widersetzt haben, wie erklärt sich dann das Verschwinden von Beweismaterial kurz vor Ende des Prozesses? War es nun ein Alibi-Prozess oder keiner? Diese Fragen müssen doch erlaubt sein, auch wenn sie indirekt gestellt werden.

0

Wir werden verfolgen können, wie es mit der strafrechtlichen Aufarbeitung des Falls weitergeht: Die russische Justiz hat gestern die Wiederaufnahme der Ermittlungen unter Führung des Generalstaatsanwalts angeordnet (Quelle: FAZ vom 21.2.2009 Nr. 41 S. 6).

0

Kommentar hinzufügen