Terminsgebühr auch in Verfahren ohne vorgeschriebene mündliche Verhandlung
von , veröffentlicht am 13.04.2011Die Terminsgebühr für die außergerichtliche Erledigungsbesprechung hatte es in der Rechtsprechung nicht immer leicht; dies äußert sich nicht zuletzt ein der Rechtsprechung des BGH ( z. b. V ZB 170/06), wonach eine Terminsgebühr für eine außergerichtliche Erledigungsbesprechung nur in Verfahren entstehen könne, für die eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben sei. Umso erfreulicher ist es, wenn andere Gerichte auf einer dem Willen des Gesetzgebers entsprechenden Auslegung Gebührentatbestandes beharren. So hat beispielsweise das OLG München im Beschluss vom 25.3.2011 - 11 W 249/11 die von ihm vertretene, zutreffende Auffassung nochmals bekräftigt, dass selbstverständlich eine Terminsgebühr für eine außergerichtliche Erledigungsbesprechung auch in Verfahren entstehen kann, in denen eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben ist. Mit der Einführung dieses Gebührentatbestandes sollte erreicht werden, dass der Anwalt in jeder Phase des Verfahrens zu einem möglichst frühen, der Sach- und Rechtslage entsprechenden Beendigung des Verfahrens beiträgt, dafür, dass ein solcher anwaltlicher Einsatz nur in Verfahren mit vorgeschriebener mündlicher Verhandlung honoriert werden soll, geben die Gesetzesbegründung und auch Sinn und Zweck des Gebührentatbestandes nichts her.
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9 Kommentare
Kommentare als Feed abonnierenStefan Schmeding kommentiert am Permanenter Link
So bereits Oberlandesgericht München im Beschluss vom 27.08.2010, Az. 11 WF 331/10 .
Daraus resultiert wohl die bisher nicht beschiedene Kostenbeschwerde
XII ZB 458/10
ZPO § 644 a.F.; VV RVG Nr 3104; Vorbemerkung 3 Abs 3 VV RVG
Zur Frage, ob im Verfahren der einstweiligen Anordnung eine Terminsgebühr entsteht, wenn in einem Telefonat zwischen den Parteivertretern die einvernehmliche Beilegung des Rechtsstreits einschließlich des einstweiligen Anordnungsverfahrens erörtert wurde. Der Klageanspruch wurde anerkannt.
In Literatur und Kommentierungen wird seit einiger Zeit ein besonderes Augenmerk auf die Zuerkennung einer Terminsgebühr nach Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG in Eilverfahren gerichtet.
Vergleichbare Entscheidungen anderer Obergerichte sind mir gleichwohl nicht erinnerlich.
Gegenteiliger Ansicht ist neben anderen mit einer eingehenden Argumentation das OVG Münster:
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2010/13_E_382_10beschluss20100615.html...
Dr. Hans-Jochem Mayer kommentiert am Permanenter Link
siehe auch OLG Dresden, Beschluss vom 16.05.2008, 3 W 409/08 !
Stefan Schmeding kommentiert am Permanenter Link
Sehr geehrter Herr Dr. Mayer,
das OLG Dresden beschäftigt sich in dem von Ihnen zitierten Beschluss mit der Frage, ob die Terminsgebühr nach Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG nicht grundsätzlich in Berufungsverfahren entstehen kann, weil es sich seiner Anlage nach um ein mündliches Verfahren handelt und widerspricht insoweit der Auffassung des BGH im Beschluss vom 15.03.2007 in V ZB 170/06.
Aus den Gründen des Beschlusses des OLG Dresden:
"Der Senat vermag der ZPO nicht zu entnehmen, dass das Berufungsverfahren erst zum mündlichen wird, wenn eine ablehnende Entscheidung des Berufungsgerichts zur Verfahrensweise nach § 522 Abs. 2 ZPO vorliegt."
Das OLG München hingegen geht über die Entscheidung des OLG Dresden hinaus und vertritt abweichend von der Rechtsprechung des BGH die Ansicht, die Terminsgebühr könne generell in Verfahren ohne vorgeschriebene mündliche Verhandlung entstehen. Nach meinem gegenwärtigen Kenntnisstand wird diese Auffassung weder von dem OLG Dresden noch einem anderen Obergericht vertreten.
Stefan Schmeding kommentiert am Permanenter Link
Bei dem BGH ist aktuell eine Kostenbeschwerde zu der von dem OLG Dresden vertretenen Auffassung anhängig:
II ZB 4/11
ZPO § 522 Abs 2; Teil 3 Vorbem 3 Abs 3 VV RVG; VV RVG Nr 3104 Abs 1 Nr 1
Zur Frage, ob außergerichtliche Vergleichsgespräche in letztlich nach § 522 Abs. 2 ZPO beendeten Berufungsverfahren zum Entstehen der Terminsgebühr führen können.
Stefan Schmeding kommentiert am Permanenter Link
Das OLG Köln schließt sich im Beschluss vom 05.10.2011 in 17 W 193/11, nrwe, der Auffassung des OLG München an.
Anders hingegen das OVG Münster im Beschluss vom 10.10.2011 in 6 E 859/11, nrwe, in einem Berufungszulassungsverfahren.
Stefan Schmeding kommentiert am Permanenter Link
Der XII. Zivilsenat hat die in #1 erwähnte Kostenbeschwerde entschieden.
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&nr=58402&pos=12&anz=602
Der Senat lässt in seiner Entscheidung Sympathien für die vereinzelt vertretene und in dem Beschluss umfassend dargestellte Ansicht erkennen, dass eine Terminsgebühr nach Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG auch dann entstehen kann, wenn für das Verfahren selbst eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben sei. Entscheiden musste der Senat den Meinungsstreit jedoch aus seiner Sicht nicht, weil die Parteien in dem von ihm zu entscheidenden Sonderfall eine mündliche Verhandlung hätten erzwingen können.
Für den entschiedenen Fall mag der Referentenentwurf zum 2. KostRMoG von Interesse sein, der auf S. 159 eine Änderung der Nr. 3104 VV RVG vorsieht, die auf S. 208 des Entwurfs wie folgt begründet wird:
„Fiktive“ Terminsgebühr nur, wenn der Anwalt als Bevollmächtigter eine mündliche Verhandlung erzwingen kann. Die fiktive Terminsgebühr soll konsequent auf die Fälle beschränkt werden, in denen der Anwalt durch sein Prozessverhalten eine mündliche Verhandlung erzwingen kann. Nur für diesen Fall ist eine Steuerungswirkung sinnvoll und sachgerecht.
Diese Begründung bestätigt m.E. die Sichtweise, dass in Fällen einer nicht erzwingbaren mündlichen Verhandlung im Sinne der Rechtsprechung des V. Zivilsenats des BGH keine Terminsgebühr nach Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG entsteht.
Deshalb ist m.E. auch weiterhin die in der Rechtsprechung überwiegend vertretene Auffassung naheliegend, dass die Terminsgebühr durch Vorbemerkung 3 abs. 3 VV RVG grade nicht in eine allgemeine Korrespondenzgebühr umgestaltet wird, die vor der Wahrnehmung eines (theoretisch erzwingbaren) gerichtlichen Termins vollständig abgekoppelt ist.
Gast kommentiert am Permanenter Link
Im Sinne des Vorbeitrags vgl. auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 11.01.2012 in 12 OA 303/11, sowie VG Minden, Beschluss vom 08.12.2011 in 8 L 343/11.
Stefan Schmeding kommentiert am Permanenter Link
Der im Vorbeitrag benannte Beschluss des VG Minden wurde im Beschwerdeverfahren bestätigt - vgl. OVG Münster, Beschluss vom 28.03.2012 in 14 E 1411/11.
Gast kommentiert am Permanenter Link
Umschwung in der Rechtsprechung des OVG Münster:
Beschluss vom 05.06.2013 in 19 E 228/12, nrwe http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2013/19_E_228_12_Beschluss_20130605.html:
"Dem Entstehen der Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG steht auch nicht entgegen, dass das zugrunde liegende Gerichtsverfahren ein Eilverfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO war, für welches die VwGO keine mündliche Verhandlung vorschreibt. Besprechungen eines Anwalts zur Erledigung des Verfahrens lösen auch dann eine Terminsgebühr aus, wenn für das Verfahren eine mündliche Verhandlung weder vorgeschrieben noch konkret anberaumt ist. Mit dieser Festlegung folgt der Senat der in Rechtsprechung und Literatur im Vordringen befindlichen Auffassung zu dieser Streitfrage.
12
BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2011 ‑ II ZB 4/11 ‑, NJW-RR 2012, 314, juris, Rdn. 7 ff.; vgl. auch den Überblick über den Meinungsstand bei BGH, Beschluss vom 2. November 2011 ‑ XII ZB 458/10 ‑, NJW 2012, 459, juris, Rdn. 18 ‑ 32, sowie bei Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 20. Auflage 2012, Vorb. 3 VV, Rdn. 91 ff.; OLG München, Beschlüsse vom 25. März 2011 ‑ 11 W 249/11 ‑, juris, Rdn. 9 ff., und vom 27. August 2010 ‑ 11 WF 331/10 ‑; juris, Rdn. 11 ff.
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Ihn überzeugen die grammatischen, systematischen, teleologischen und entstehungsgeschichtlichen Gründe, welche der 12. Zivilsenat des BGH in den Rdn. 19 bis 32 seines zitierten Beschlusses vom 2. November 2011 ausführlich dargestellt hat. Hingegen widerspricht die dort in den Rdn. 15 bis 17 behandelte Gegenauffassung dem erklärten gesetzgeberischen Ziel des Gebührentatbestandes, einen Anreiz für den Anwalt zu schaffen, in jeder Phase des Verfahrens zu einer möglichst frühen, der Sach- und Rechtslage entsprechenden Beendigung des Rechtsstreits beizutragen.
14
BGH, Beschlüsse vom 13. Dezember 2011, a. a. O., Rdn. 9 m. w. N., und vom 2. November 2011, a. a. O., Rdn. 28.
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Dieses gesetzgeberische Ziel greift gerade auch in Verfahren ohne vorgeschriebene mündliche Verhandlung wie dem hier betroffenen Eilverfahren nach § 123 VwGO.
16
Der Deutsche Bundestag hat zudem mit seinem Beschluss vom 16. Mai 2013 eines Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts entschieden, seine Intention zur Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG mit Wirkung zum 1. Juli 2013 in diesem Sinn klarzustellen. Insbesondere soll die gesetzliche Neuregelung „klarstellen“, dass die Terminsgebühr für die Besprechung auch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes anfallen kann.
17
Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz – 2. KostRMoG), BT-Drs. 17/11471 (neu) vom 14. November 2012, S. 120, 147 f., 224 f., 274 f.; Beschlussempfehlung und Bericht des BT-Rechtsausschusses, BT-Drs. 17/13537 vom 15. Mai 2013, S. 311 f.; Plenarprotokoll 17/240 vom 16. Mai 2013, S. 30299.
18
Der anderslautenden Rechtsprechung mehrerer anderer Senate des beschließenden Gerichts folgt der Senat aus den genannten Gründen nicht.
19
OVG NRW, Beschlüsse vom 28. März 2012 ‑ 14 E 1411/11 ‑, juris, Rdn. 9, vom 10. Oktober 2011 ‑ 6 E 859/11 ‑, juris, Rdn. 7, vom 26. August 2011 ‑ 4 E 760/11 ‑, juris, Rdn. 4, vom 15. Juni 2010 ‑ 13 E 382/10 ‑, NVwZ-RR 2010, 864, juris, Rdn. 5 ff."
Der Beschluss enthält weitere Finessen u.a. zur Anrechnung.