Mit 12 ist Schluß

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 15.12.2011

 

Nach Trennung der Eltern blieben die beiden Kinder (geb. 1995 und 1997) beim Vater.

 

Es wurden Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) gewährt. Mit der Vollendung des 12. Lebensjahres des älteren Sohnes wurden die Leistungen nach dem UVG eingestellt (vgl. § 1 I Nr. 1 UVG)

 

Der Sohn klagte vor dem Verwaltungsgericht. Er meint, die allein an das Alter anknüpfende Anspruchsnorm verletze den Gleichheitssatz, denn sie benachteilige den Kläger, in dessen Haushalt ein weiteres Kind von weniger als zwölf Jahren Lebensalter lebe, gegenüber anderen Kindern von zwölf oder mehr Lebensjahren ohne Geschwister. Könne deren alleinerziehender Elternteil mit zunehmender Selbstständigkeit des einzigen oder jüngsten Kindes wieder vermehrt einer Erwerbstätigkeit nachgehen, sei sein Vater wegen des andauernden Betreuungsbedarfs des jüngeren Geschwisterkindes weiter daran gehindert, in größerem Umfang erwerbstätig zu sein und damit auch die finanziellen Mittel für seinen Unterhalt zu erwirtschaften.

 

Die Klage wurde abgewiesen.

 

Das VG betont, dass das Bundesverfassungsgericht mehrfach ausgesprochen habe, dass der Gesetzgeber im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit größere Gestaltungsfreiheit besitze als innerhalb der Eingriffsverwaltung.

 

Das Erreichen des zwölften Lebensjahrs sei ein nachvollziehbares und gewichtiges Kriterium, das der Gesetzgeber heranziehen dürfe, um die für die Leistung zur Verfügung stehenden öffentlichen Mittel mit größtem Effekt einzusetzen. Der Gesetzgeber gehe auch an anderer Stelle - zutreffend - davon aus, dass der Betreuungsbedarf für Kinder mit zunehmendem Alter und zunehmender Selbstständigkeit des Kindes geringer werde und ein Kind mit Erreichen des zwölften Lebensjahres erste Schritte zu selbstständigen Entscheidungen treffen könne.

 

Die Genese des Unterhaltsvorschussgesetzes zeigt im Übrigen, dass sich der Gesetzgeber von Beginn an mit dem Einwand, der finanzielle Notstand bei der Trennung von Elternteilen entstehe unabhängig vom Alter des Kindes, auseinandergesetzt hat (vgl. den Redebeitrag der Abgeordneten K. in der 109. Sitzung des Bundestages am 05.10.1978, BT-PlPr. 08/109, S. 8607 A). Im Zuge der Beratungen hat die Regierungsfraktion Verständnis für den Wunsch nach einer Ausweitung der Leistung geäußert, gleichzeitig aber betont, dass zur Vermeidung immensen Prüfaufwands die Leistung einerseits einkommensunabhängig gezahlt werden solle, dann aber die zur Verfügung stehenden Mittel jenen Fällen zugewiesen werden solle, die erfahrungsgemäß durch eine Trennung am meisten betroffen würden. Hierbei sei auch der Vorschusscharakter der Leistung zu berücksichtigen, die eben keine dauerhafte Leistung sei, sondern zur Überbrückung der Zeit diene, die der alleinerziehende Elternteil benötige, um einen Unterhaltstitel zu erstreiten (vgl. den Redebeitrag der Abgeordneten E., BT-PlPr. 08/109, S. 8606 A). Dieser Argumentation sind Bundestag und Bundesrat gefolgt; im weiteren Verlauf wurde die Altersgrenze von damals noch sechs Lebensjahren zwar noch angesprochen, aber nicht mehr entscheidend problematisiert. Gegenstand des Vermittlungsverfahrens waren vielmehr Beschlussempfehlungen des Finanzausschusses des Bundesrates, die eine weitere (aber nicht an das Alter anknüpfende) Beschränkung der Leistungen zur Folge hätten (vgl. BR-PlPr. 473/79, S. 125B-127C und insbesondere 143D).

VG Hannover v. 01.02.2011 -  3 A 5791/07

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4 Kommentare

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Wenn der Unterhaltsvorschuss der Überbrückung der Zeit dient, die man nach Meinung des Gesetzgebers benötigen soll, um einen Unterhaltstitel zu erstreiten, arbeiten die Familiengerichte eindeutig zu schnell!

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Die Begrenzung auf das 12. Lebensjahr knüpft an das lange Zeit gültige Altersphasenmodell an. Ab diesem Kindesalter konnte früher erwartet werden, dass der betreuende Elternteil selbst arbeiten, Einkommen erwirtschaften und damit den Bedarf des Kindes decken kann.

Das stimmt so nicht, Herr Untermann. Das Altersphasenmodell diente beim Ehegattenunterhalt zur Beantwortung der Frage, ab wann der betreuende Elternteil wieder beruftstätig sein muss und sein Betreuungsunterhalt entfällt. Mit der U-Reform hat der BGH das Altersphasenmodell in dem Mottenschrank gepackt.

UVG wird als Ersatz für Kindesunterhalt gezahlt, wenn der Barunterhaltspflichtige zahlungs-unwillig/unfähig oder verschwunden ist.

 

Da staatliche Vollbetreuung überall zum Standard wird, kann auch nicht mehr von einem rein "betreuenden Elternteil" und einem reinen "Umgangselternteil" gesprochen werden, so dass für Barunterhalt in der Regel beide Elterneinkommen herangezogen werden.

Abgesehen davon, dass ich den Zustand der staatlichen Vollbetreuung für wenig wünschenswert halte, wird es auch dann einen Elternteil geben, der dem Kind Wohnung, Nahrung etc. gewährt. Auch das Zwangswechselmodell wird es nicht geben

Herr Untermann, es gibt kein Zwangsresidenzmodell. Den Eltern steht es frei, sich auf ein Wechselmodell zu einigen

Frauen sind heute auch keine armen Hascherl mehr, die nur Hauswirtschaft  gelernt haben und nun vom Exmann "versorgt" werden müssen

Dann sollten Sie sich einmal ein FamGericht von innen ansehen. Nicht oder nur schlechtausgebildete Frauen gibt es auch heute noch reichlich. Sie und ihre schlecht oder gar nicht ausgebildeten (Ex-)Partner sind bei den FamGerichten deutlich überrepräsentiert.

Nacheheliche Unterhaltsansprüche oder Ansprüche nach § 1615 l BGB scheiden dann meist von vornherein aus. Es geht in den meisten Fällen nur um den Mindestunterhalt des/der Kindes/r

Wie kann es angehen, daß ich als Alleinerzieher nur bis zum 12. Lebensjahr oder max 72 Monate Kindesunterhaltsvorschuß bekomme (bzw. meine Kinder) ( meine Exfrau ist nicht arbeitsfähig), ich aber, wenn ich Unterhaltsverpflichtet wäre, bis zur Volljährigkeit des Kindes zahlen muß.

Meine Frage: "Ich bin  Alleinerziehender von 2 Kindern und Vollberufler, meine Exfrau ist nicht in der Lage Unterhalt zu zahlen. Warum haben meine Kinder kein Anrecht auf Unterhalt bis zur Volljährigkeit, alle anderen aber? "

 

 

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