ERSTKONSUM behauptet? Das muss schon glaubhaft sein...

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 02.03.2013

Die einfache OWi nach § 24a Abs. 2 StVG ist immer wieder gut für verwaltungsrechtliche Folgen, nämlich die Fahrerlaubnisentziehung. Da wird dann immer geltend gemacht: ERSTKONSUM! So einfach ist es dann aber doch nicht, gegen eine Fahrerlaubnisentziehung anzukommen:

Der zunächst gemäß § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - sinngemäß gestellte Antrag,

die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers 7 K 3817/12 gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 7. August 2012 wiederherzustellen,

hat in der Sache keinen Erfolg, weil die im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens vorzunehmende Interessenabwägung zulasten des Antragstellers ausfällt; denn die Ordnungsverfügung ist bei summarischer Prüfung mit großer Wahrscheinlichkeit rechtmäßig. Zur Begründung verweist die Kammer zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf die rechtlichen und tatsächlichen Ausführungen in der angegriffenen Verfügung, denen sie folgt (vgl. § 117 Abs. 5 VwGO).

Mit Rücksicht auf das Antrags- und Klagevorbringen ist ergänzend Folgendes auszuführen: Maßgebend ist im vorliegenden Fall zunächst, dass der Antragsteller am 17. Februar 2012 gegen 2:50 Uhr ein Kraftfahrzeug unter Cannabiseinfluss im Straßenverkehr geführt hat. Der im Blut des Antragstellers nach dem Ergebnis des Gutachtens des Instituts für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Bonn vom 16. März 2012 festgestellte THC-Wert von 2,2 ng/ml übersteigt den zu § 24 a Abs. 2 des Straßenverkehrsgesetzes - StVG - durch die Grenzwertkommission festgesetzten Wert von 1 ng/g bzw. ml und rechtfertigt daher die Annahme eines zeitnahen Konsums mit entsprechender Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit. Das Erreichen dieses Grenzwertes ist nämlich für die Annahme relevanten Cannabiseinflusses erforderlich, aber auch ausreichend.

Vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 21. Dezember 2004 - 1 BvR 2652/03 - mit zahlreichen Nachweisen aus Rechtsprechung und Literatur.

Durch das Führen eines Kraftfahrzeuges unter Cannabiseinfluss hat der Antragsteller bewiesen, dass er zwischen Konsum von Cannabis und Fahren nicht trennen kann.

Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschlüsse vom 15. Dezember 2003 - 19 B 2493/03 -, 7. Februar 2006 - 16 B 1392/05 -, 9. Juli 2007 - 16 B 907/07 - und 1. August 2007 - 16 B 908/07.

Die in Klage- und Antragsverfahren geäußerte Ansicht des Antragstellers, in seinem Falle sei nur ein einmaliger Konsum belegt, rechtfertigt eine andere Beurteilung nicht. Die Behauptung eines Erstkonsums kann rechtlich allenfalls dann relevant sein, wenn ein solcher Erstkonsum konkret und glaubhaft dargelegt ist. Daran fehlt es hier, denn der Antragsteller hat nach dem Polizeibericht und auch in den gerichtlichen Verfahren sonst keine Angaben zu seinem Cannabis-Konsum gemacht und ist damit seiner Mitwirkungsobliegenheit in einer solchen, von ihm behaupteten Ausnahmesituation nicht nachgekommen. Deshalb ist es zulässig, dieses Verhalten bei der Beweiswürdigung zu seinen Lasten zu berücksichtigen.

So: OVG NRW, Beschlüsse vom 12. März 2012 - 16 B 1294/11 - und vom 22. Mai 2012 - 16 B 536/12 - (nrwe.de).

Es spricht im Übrigen eine beträchtliche Wahrscheinlichkeit dagegen, dass ein Erstkonsument, der im Umgang mit Cannabis unerfahren ist, sich nur wenige Stunden nach dem Konsum dem hohem Risiko einer Fahrt unter Einfluss dieser Droge aussetzt.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11. September 2008 - 16 B 868/08 - m. w. N.

Demnach ist (auch) vorliegend von (mindestens) gelegentlichem Cannabis-Konsum auszugehen. Damit ist der Antragsteller nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen.

Ein Ermessen steht der Antragsgegnerin bei feststehender Ungeeignetheit nicht zu.

 

VG Gelsenkirchen: Beschluss vom 18.09.2012 - 7 L 1022/12    BeckRS 2012, 58197

 

 

 

 

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