Der Esel Joshi oder: Wie man einen Lottogewinn wieder los wird

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 03.04.2013

Über einen außergewöhnlichen Fall berichtet das Arbeitsgericht Neumünster:

Die beklagten Eheleute machten vor nahezu 20 Jahren einen immensen Lottogewinn. Hierüber wurde in den Medien berichtet. Jetzt schreibt die Ehefrau Kinderbücher über einen Esel Joshi. Der Kläger nahm Kontakt zu den Eheleuten auf. Die Parteien unterzeichneten sodann am 11.09.2011 einen Arbeitsvertrag. Danach wurde der Kläger als „Vertriebsmanager“ zum 15.09.2011 ohne Probezeit für zunächst zwei Jahre fest eingestellt. Als Monatsgehalt wurden 20.000 Euro vereinbart, der Kläger sollte 13 Monatsgehälter und eine Gewinnbeteiligung am Projekt "Joshi" erhalten. Der Vertrag sollte sich um zwei Jahre verlängern, sofern er nicht zuvor mit einer halbjährigen Frist gekündigt wird. Der Vertrag war vor Dienstantritt unkündbar. Im Falle der vorzeitigen Aufhebung des Arbeitsvertrages – gleich aus welchen Gründen – stand dem Kläger eine Abfindung in Höhe von 250.000 Euro zu. Einen Tag später unterbreitete der Ehemann dem Kläger einen geringfügig modifizierten Arbeitsvertrag, der nur zwischen dem Kläger und ihm zustande kommen sollte. Nachdem der Kläger diesen zweiten Vertrag nicht unterzeichnen wollte, fochten die Eheleute den Arbeitsvertrag vom 11.09.2011 wegen Irrtums und arglistiger Täuschung an und kündigten vorsorglich fristlos und fristgerecht. Das Arbeitsgericht hat der Bestandsschutzklage mit einem Teilurteil in vollem Umfang stattgegeben. Die ebenfalls rechtshängigen Zahlungsansprüche des Klägers in Höhe von rund 355.000 Euro waren noch nicht entscheidungsreif und sind damit noch in erster Instanz rechtshängig.

Das Arbeitsgericht hat ausgeführt, dass ein Arbeitsverhältnis und kein freies Dienstverhältnis vorliege, weil die Parteien im Arbeitsvertrag Regelungen über Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle und Urlaub vereinbart hätten. Anhaltspunkte für ein Scheingeschäft seien nicht ersichtlich. Auch hätten die Beklagten den Arbeitsvertrag weder wirksam angefochten noch fristlos gekündigt. Die bestrittene Behauptung der Beklagten, der Kläger habe ihnen wahrheitswidrig vorgespiegelt, Kontakte zu Verlagen und Showstars zu haben, sei ein unbeachtlicher Motivirrtum. Auch aus den finanziellen Regelungen des Arbeitsvertrages lasse sich kein Anfechtungsrecht herleiten. Dies ergebe sich bereits daraus, dass der Ehemann dem Kläger nach einer Überlegungsfrist am Folgetag ein in finanzieller Hinsicht fast gleiches Alternativangebot unterbreitet habe, ohne auch hierin die geschuldete Tätigkeit näher zu beschreiben. Auch sei es im Arbeitsleben nicht außergewöhnlich, befristete Arbeitsverträge ohne Kündigungsmöglichkeit mit einer festen Laufzeit von zwei Jahren abzuschließen. Die Ausnutzung einer Zwangslage oder eine Unerfahrenheit könne hieraus nicht hergeleitet werden.

Allein der Umstand, dass im Arbeitsvertrag die Tätigkeit des Arbeitnehmers nur rudimentär beschrieben ist und dem Arbeitnehmer gleichwohl hohe Vergütungsansprüche zustehen, berechtigt den Arbeitgeber weder zur Anfechtung noch zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses (ArbG Neumünster, Teilurteil vom 23.01.2013 - 3 Ca 1359b/12).

Die Beklagten haben Berufung beim LAG Schleswig-Holstein eingelegt (1 Sa 50/13).

(Pressemitteilung des ArbG Neumünster)

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5 Kommentare

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Möglicherweise hat der Kläger genau den Bericht gesehen, den Sie verlinkt haben. Die Zeitungsnotiz über die ZDF-Sendung stammt vom 27.07.2011, der Arbeitsvertrag datiert sechs Wochen später.

Die Begründung zur (nicht vorliegenden) arglistigen Täuschung ist - zumindest wie hier wiedergegeben - aber nicht überzeugend.

Zwar sind Motivirrtümer grundsätzlich unbeachtlich und eine Anfechtung nach § 119 BGB scheidet aus, etwas anderes gilt ja aber gerade bei § 123 BGB. Insofern stellt die arglistige Täuschung ja gerade die Ausnahme dar, bei der man eben doch wegen eines Motivirrtums anfechten kann.

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Ich würde gerne das komplette Urteil lesen. 20000 pro Monat für eine Vertriebstätigkeit klingt merkwürdig. Solche Leute bekommen normalerweise ein geringes Fixum und finanzieren sich ihren Porsche Cayenne aus den Provisionen. Daher habe ich den Eindruck, dass 1. dieses mir durchaus sympathische Lottopärchen wohl etwas naiv ist 2. der Kläger denen wohl unglaubliche Versprechungen gemacht hat. Seufz...

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Das vollständige Urteil ist in der Rechtsprechungs-Datenbank des Landes Schleswig-Holstein bislang noch nicht verfügbar. Von daher kann man nur spekulieren: Die Vertragsgestaltung mit dem hohem Fixum ist sicher ungewöhnlich, aber weder sittenwidrig (§ 138 BGB) noch aus anderen Gründen unzulässig. Größere Bedenken habe ich hinsichtlich der - vom Gericht verneinten - Anfechtung wegen arglistiger Täuschung: Wenn der Kläger tatsächlich vorgespiegelt halt, er verfüge über Kontakte zu Verlagen und Showstars, könnte das für § 123 Abs. 1 BGB durchaus reichen. Aber wir wissen natürlich nicht, wie substantiiert die Beklagten hierzu vorgetragen haben.

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