Kündigung wegen Teilnahme an einem Bewerbungsgespräch trotz Krankschreibung?

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 13.05.2013

Arbeitnehmer, die sich aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis heraus auf eine Stelle bei einem anderen Arbeitgeber bewerben, legen größten Wert auf eine vertrauliche Behandlung ihrer Bewerbung. Es ist meist mehr als unangenehm, wenn der bisherige Arbeitgeber von derartigen (evtl. auch nicht erfolgreichen) Bewerbungsbemühungen erfährt. Manch ein Arbeitgeber mag sich überlegen, ob er mit einem solchen abkehrwilligen Arbeitnehmer überhaupt noch länger zusammenarbeiten möchte. Eine neueres Urteil des LAG Mecklenburg-Vorpommern (Urteil vom 5.3.2013, BeckRS 2013, 67292) befasst sich mit dieser Konstellation: In dem entschiedenen Fall war eine Führungskraft seit April 2010 in einem Unternehmen des Sanitärfachhandels beschäftigt. Der Arbeitnehmer hatte sich dann aber als Geschäftsführer einer städtischen GmbH beworben und wurde als aussichtsreicher Kandidat zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Im August 2011 nahm er den Termin wahr, obwohl er zu dieser Zeit krankgeschrieben war. Unglücklicherweise berichtete am nächsten Tag die Presse über die Vorstellung der Kandidaten für die Geschäftsführerposition. Daraufhin kündigte ihm sein bisheriger Arbeitgeber fristlos. Das LAG gab der hiergegen gerichteten Kündigungsschutzklage statt. Es stellt klar, dass der von einem Arbeitnehmer gezeigte Abkehrwille nicht ohne weiteres eine Kündigung zu rechtfertigen vermag. Solange der Arbeitnehmer seine vertraglichen Pflichten erfülle, könne es ihm grundsätzlich nicht vorgeworfen werden, dass er sich nach einem anderen Arbeitsfeld umschaue. Art. 12 GG gewähre dem Arbeitnehmer die freie Arbeitsplatzwahl. Eine Kündigung könne daher allenfalls dann gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer seine Pflichten im alten Arbeitsverhältnis zu Gunsten seiner zukünftigen Tätigkeit vernachlässige oder wenn der Arbeitgeber die Chance habe, für den abkehrwilligen Arbeitnehmer eine andere Person einzustellen. Derartige Umstände hatte der Arbeitgeber hier nicht vorgetragen. Durch den Vorstellungstermin während seiner Arbeitsunfähigkeit habe sich der Kläger auch nicht pflichtwidrig verhalten. Er habe lediglich an einer Einschränkung der Bewegungsfähigkeit eines Arms gelitten. Sein Vorsprechen für die Geschäftsführerstellung während der Arbeitsunfähigkeit könne daher weder als genesungswidriges Verhalten noch als Arbeitsverweigerung gewertet werden. Damit dürfte das LAG ein angemessenes, auf der Linie der höchstrichterlichen Rechtsprechung liegendes Urteil gesprochen haben. Klarstellend sei noch angemerkt, dass selbstverständlich mit einer außerordentlichen Kündigung rechnen muss, wer sich nur deswegen krank meldet oder krankschreiben lässt, um einen Vorstellungstermin wahrnehmen zu können. 

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5 Kommentare

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Hallo,

 

wieso berichtet die Presse von dem Vorstellungsgespräch? Weil es ein städtische GmbH war? Meinem kargen Wissen nach dürfen Namen in der Presse nur unter bestimmten Voraussetzungen genannt werden. War das hier der Fall? Wurde über den Prozess beim  Arbeitsgericht auch berichtet? Wäre doch logisch.

 

gruß

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