facebook-Seite des Arbeitgebers unterliegt nicht der Mitbestimmung

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 16.01.2015

Facebook & Co. haben längst auch die Arbeitsgerichte erreicht, seltener hingegen im Gewande einer betriebsverfassungsrechtlichen Streitigkeit. In einem kürzlich vom LAG Düsseldorf (Beschluss vom 12.01.2015, 9 Ta BV 51/14) entschiedenen Fall verlangte der Konzernbetriebsrat von der Arbeitgeberin, ihre Seite auf www.facebook.com abzuschalten. Die Arbeitgeberin nimmt in fünf Transfusionszentren Blutspenden entgegen, verarbeitet und veräußert diese. Sie eröffnete ohne Beteiligung des Konzernbetriebsrats eine konzernweite facebook-Seite. Die Nutzer erhielten die Möglichkeit, Kommentare abzugeben, die auf der virtuellen Pinnwand eingestellt und von den facebook-Nutzern betrachtet bzw. weiter kommentiert werden können. Die Arbeitgeberin informierte die Mitarbeiter über die Seite und wies auf diese bei den Spendeterminen in Flugblättern hin. Auf der facebook-Seite wurden mehrere negative Kommentare über die Qualität der Mitarbeiter bei Blutspenden veröffentlicht. Der Konzernbetriebsrat meint, ihm stehe ein Mitbestimmungsrecht zu. Die facebook-Plattform sei als technische Einrichtung geeignet, die Mitarbeiter zu überwachen. Hierfür stünden der Arbeitgeberin weitere Programme zur Verfügung, um personenbezogene Daten zu erhalten, zumal anhand der Dienstpläne eine Zuordnung der Beschwerden zu den Mitarbeitern möglich sei. Die Arbeitgeberin sieht in der facebook-Seite lediglich einen Kummerkasten und ein Marketinginstrument. Außerdem nutze sie die Seite und die ergänzenden technischen Möglichkeiten nicht zu Kontrollzwecken. Ganz fernliegend war diese Argumentation vor dem Hintergrund der weiten Interpretation des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG nicht. Denn trotz des Wortlauts („bestimmt … zu überwachen“) lässt es die Rechtsprechung ausreichen, dass eine technische Einrichtung objektiv zur Überwachung geeignet ist. Gleichwohl hat das LAG den Antrag des Konzernbetriebsrats zurückgewiesen. Dem Betriebsrat stehe bei der Einrichtung der facebook-Seite kein Mitbestimmungsrecht zu. Dieses folge insbesondere nicht aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Die Seite als solche sei keine technische Einrichtung, die dazu bestimmt ist, das Verhalten oder die Leistung der Mitarbeiter zu über-wachen. Eine solche Einrichtung setze voraus, dass sie – jedenfalls teilweise – aus sich heraus Aufzeichnungen über die Mitarbeiter automatisiert erstellt. Dies sei nicht der Fall, wenn Dritte dort Beschwerden anlässlich ihrer Blutspenden über Mitarbeiter eintragen. Die Möglichkeit, die facebook-Seite mittels der integrierten Werkzeuge zu durchsuchen, sei ebenfalls keine automatische Aufzeichnung im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Anders sei dies bei den Mitarbeitern, welche die facebook-Seite pflegten, weil deren Aktivität nach Datum und Uhrzeit aufgezeichnet würden. Da dies aber zehn Mitarbeiter betreffe, welche alle den gleichen allgemeinen Zugang benutzten, seien Rückschlüsse auf das Verhalten oder die Leistung einzelner Mitarbeiter nicht möglich. Das LAG hat die Rechtsbeschwerde zugelassen.

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3 Kommentare

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Das das LAG die Rechtsbeschwerde zugelassen hat, ist zu begrüßen.

Denn im vorliegenden Fall erscheinen die Ansichten der Beklagten ebenso vertretbar wie die Ansichten des Klägers.

Falls § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVerfG nicht unmittelbar greifen sollte, käme wohl zumindest eine analoge Anwendung dieser Vorschrift in Betracht.

Die Interessenlagen sind vergleichbar, und es dürft eine unbewußte Regelungslücke vorliegen, da der Gesetzgeber bei der Abfassung von § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVerfG an den hier vorliegenden Fall vermutlich nicht gedacht hat, da damals derartige Facebook-Seiten noch nicht existierten oder zumindest noch nicht  solch eine (und dem Gesetzgeber bekannte) Rolle spielten.

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Kundenbeschwerden sollten sowieso verboten werden. Firmenemailadressen dürfen ohne Zustimmung des Betriebsrats nicht eingerichtet werden dürfen, weil dort ja auch Beschwerden über über Mitarbeiter eingereicht werden können. Für Briefkästen sollte das gleiche gelten, denn denn auch hier erfolgt die Übermittlung eventueller Beschwerden über technische Einrichtungen wie Verteilzentren der Post und das Dienstfahrrad des Postboten.

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