OLG Oldenburg will es vom BGH wissen: Was muss der Tatrichter für die Fahrlässigkeit bei der Drogenfahrt eigentlich prüfen?

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 10.09.2015
Rechtsgebiete: OLG OldenburgStrafrechtVerkehrsrecht2|2772 Aufrufe

Mal wieder ein mutiges OLG. Das OLG Oldenburg legt nämlich dem BGH vor. Es geht dabei um die fahrlässige Drogenfahrt, § 24a Abs. 2 StVG. Dabei ist die Rechtsprechung was den subjektiven Tatbestand angeht nicht anz klar. Das OLG will wissen: Reicht für die von ihm zu prüfende fahrlässige Drogenfahrt für den subjektiven Tatbestand aus, wenn der Tatrichter nur die Drogenkonzentration feststellt? Oder muss er noch weiteres von sich aus prüfen? Das OLG Oldenburg will etwas "härter" als bisher werden, daher auch die Vorlage.

Die Vorlagefrage lautet genau:

Ist auf eine Sorgfaltspflichtverletzung und den subjektiven Sorgfaltsverstoß bezüglich des Fahrens unter Einwirkung berauschender Mittel zu schließen, wenn der analytische Grenzwert von 1,0 ng/ml Tetrahydrocannabinol (THC) bei der Fahrt erreicht ist, solange nicht reale Anhaltspunkte vorliegen, die den Rückschluss vom Überschreiten des analytischen Grenzwertes auf eine Sorgfaltspflichtverletzung und den subjektiven Sorgfaltsverstoß entkräften, und das Tatgericht veranlassen müssen, sich mit der Möglichkeit eines abweichenden Tatverlaufs auseinanderzusetzen?

aus den Gründen:

...sind zuletzt obergerichtliche Entscheidungen ergangen, welche in Übereinstimmung mit P K (in Hentschel/König/Dauer, 42. Aufl., § 24a StVG Rn. 25b; DAR 2007, 626; 2010, 277 [Anm. zu KG DAR 2010, 274]; NStZ 2009, 425; vgl. auch Janker in Burmann/Hess/Jahnke/Janker, 22. Aufl., § 24a StVG Rn. 7; NK-GVR/Krumm, § 24a StVG Rn. 26, 28; Tolksdorf, DAR 2010, 686) die faktische Beschränkung des Fahrlässigkeitsvorwurfs auf die drei Fallgruppen ‘Zeitnaher Konsum’, ‘Hoher THC-Wert’ und ‘Erkennbarkeit aufgrund besonderer Umstände’ als zu eng ansehen (vgl. OLG Bremen NStZ-RR 2014, 257; OLG Frankfurt NStZ-RR 2013, 47; OLG Hamm Blutalkohol 48, 288; mit Einschränkung auch OLG Stuttgart DAR 2011, 218). In diesen Judikaten sind die sich aus der Gefährlichkeit des Straßenverkehrs und dem Erfordernis effektiven Rechtsgüterschutzes ergebenden besonders hohen Sorgfaltsanforderungen betont worden, die jedem Rauschmittelkonsumenten eine Pflicht auferlegen, sich gewissenhaft und gründlich über die Wirkdauer von Drogen zu informieren und bei verbleibenden Unklarheiten die Fahrt zu unterlassen.

e) Dem folgt der Senat. An seiner Rechtsprechung, einem Betroffenen, dessen Cannabiskonsum „längere Zeit“ (DAR 2010, 274: 14 bis 18 Stunden) zurückliegt, könne ohne Hinzutreten besonderer Umstände kein Fahrlässigkeitsvorwurf gemacht werden, hält er nicht fest. Im Regelfall besteht für den Tatrichter kein Anlass, an der Sorgfaltspflichtverletzung und dem subjektiven Sorgfaltsverstoß zu zweifeln, wenn der analytische Grenzwert bei der Fahrt erreicht wird. Denn nach § 24a Abs. 3 StVG handelt bereits fahrlässig, wer nach dem Konsum berauschender Mittel ein Kraftfahrzeug führt, ohne sich sicher sein zu können, dass der Rauschmittelwirkstoff noch nicht vollständig unter den analytischen Grenzwert abgebaut ist (Anschluss an OLG Bremen NStZ-RR 2014, 257). Kann der Konsument die Sicherheit nicht gewinnen, so darf er kein Kraftfahrzeug führen.

OLG Oldenburg, Beschluss vom 04.08.2015 - 2 Ss OWi 142/15

Zu der Problematik finden sich natürlich ausführliche Darstellungen  hier:

Hentschel † / Krumm | Fahrerlaubnis | Alkohol | Drogen | Cover

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Wer unter Drogen fährt, handelt fahrlässig. Endlich wird der richtige Schluss aus dem objektiven Tatbestand gezogen.

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