BGH: Bitte nicht zu forsch bei der Beurteilung der Bewährungsprognose

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 24.02.2016

Mal wieder allgemeines Strafrecht. Diesmal zur Bewährung. Der BGH hat hier nochmals klargestellt: Fehlende Unrechtseinsicht, Reue o.ä. dürfen nicht zu einer Bewährungsversagung führen:

. Das Landgericht hat die nach seiner Auffassung ungünstige Sozialprognose
des Angeklagten im Sinne von § 56 Abs. 1 StGB wie folgt begründet:
„Der Angeklagte ist mehrfach vorbestraft und hat die Tat unter laufender Bewährung,
etwa ein Jahr nach der letzten Verurteilung begangen, bei der die
Bewährungszeit noch bis zum 19. März 2016 läuft. Er hat das Unrecht seiner
Tat nicht eingesehen und bereut die Tat nicht. Die Kammer geht deshalb nicht
davon aus, dass er sich diese Verurteilung zur Warnung dienen lassen wird und
keine weiteren Straftaten mehr begeht. Die Kammer sieht es vielmehr als erforderlich
an, dass die Freiheitsstrafe vollstreckt wird, u.a. damit dem Angeklagten
das Unrecht seiner Tat bewusst wird."

Diese Erwägungen begegnen durchgreifenden Bedenken. Dass der Angeklagte,
der die Tat bestritten hatte, keine Reue und Unrechtseinsicht zeigte,
durfte nicht zu seinem Nachteil gewertet werden. Auch im Rahmen des § 56
StGB ist dem Angeklagten ein die Grenzen des Zulässigen nicht überschreitendes
Verteidigungsverhalten nicht anzulasten
(st. Rspr., vgl. BGH, Beschlüsse
vom 20. April 1999 – 4 StR 111/99, StV 1999, 602; vom 20. Februar 1998
– 2 StR 14/98, StV 1998, 482; vom 20. Dezember 1988 – 1 StR 664/88, BGHR
StGB § 56 Abs. 2 Gesamtwürdigung, unzureichende 6).

BGH, Beschluss vom 19.1.2016 - 4 StR 521/15

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5 Kommentare

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PeterHans schrieb:

Wie ist dies am Ende zu verstehen: "unzureichende 6" - hat der BGH das LG-Urteil bewertet? :D

Nein, das nicht.

Wenn ich mich recht erinnere war die Entscheidungssammlung BGHR sortiert nach Stichworten und Nummern. Also man würde bei § 56 Abs. 2 StGB unter dem Stichwort "Gesamtwürdigung, unzureichende" und da Nr. 6 die entsprechende Entscheidung finden.

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