Cum/Cum - Cum/Ex - und die Förderung der Kunst

von Prof. Dr. Claus Koss, veröffentlicht am 11.07.2017
Rechtsgebiete: WirtschaftsrechtBilanzrechtBilanzsteuerrecht3|3121 Aufrufe

Erfahrungswert 1: Ohne steuerbegünstigte Körperschaften ginge bei der Förderung von Kunst und Kultur in Deutschland vieles nicht. Der Staat fördert in Deutschland traditionell viel, aber eben nur das, was sich als Kunst und Kultur etabliert hat. Alternative Projekte bedürfen der privaten Förderung.
Erfahrungswert 2: Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gerade in Steuersachen gelten in den Tagesmedien als vermeintlicher Beweis einer Schandtat. Doch die entscheidenden Fragen werden in der Regel nicht gestellt.

Nach Angaben eines Recherchenetzwerkes von BR Recherche, report München und der Tageszeitung Handelsblatt ermittelt die Staatsanwaltschaft Frankfurt a. Main gegen ein Kreditinstitut in München und eine steuerbegünstigte Körperschaft, wohl wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung. Die im März 2015 errichtete Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) hätte im März 2016 ein Depot bei der Bank in München eingerichtet. Im Dezember 2016 hätte die steuerbegünstigte Körperschaft eine einzige nennenswerte Ausstellung in München organisiert. Die UG habe vielmehr Wertpapiertransaktionen zur Vermeidung von Ertragsteuern organisiert. Investoren aus dem Ausland hätten ihre Wertpapiere vor dem Dividendenstichtag an die steuerbegünstigte Körperschaft übertragen. Die ansonsten einzubehaltende Kapitalertragsteuer wäre bei der gemeinnützigen UG nicht einbehalten worden.

Die interessanteste Frage haben die Journalisten aber nicht gestellt: wie kommen die Dividendenausschüttungen wieder ins Ausland zurück? Ob mit oder ohne Steuerabzug: Erträge aus Kapitalvermögen sind erst dann gute Erträge, wenn sie dem eigenen Konto wieder gutgeschrieben werden.
Zweite interessante Frage: das Recherchenetzwerk zitiert aus einer Stellungnahme der UG: Die Gesellschaft "ist im Rahmen des Jahresabschlusses und Erklärungen zu den fraglichen Transaktionen völlig transparent." Ein Blick in den elektronischen Bundesanzeiger dagegen zeigt, dass der Jahresabschluss der Gesellschaft weder für 2015 noch für 2016 verfügbar ist. Transparenz ist somit immer relativ. Da ist der Versuch der Journalisten dann auch verständlich, aus Durchschnittsrenditen auf das Vermögen der steuerbegünstigten Körperschaft hochrechnen.

Was lernt der geneigte Leser daraus? Tagesmedien eignen sich nicht wirklich für die Information über Steuersparmodelle. Bedauerlich ist, dass auch bei wenig begründeter Berichterstattung immer etwas hängen bleibt.

Quellen:
http://www.br.de/nachrichten/inhalt/steuertricks-muenchen-bank-staatsanw...
http://www.handelsblatt.com/my/finanzen/banken-versicherungen/cum-ex/kun...

 

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3 Kommentare

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Die interessante Frage ist,wie eine frisch gegründete UG mit einem Stammkapital von 1000  € kreditwürdig sein kann, um Aktiengeschäfte in wenigstens Millionenhöhe zu tätigen.

Und wo die Dividende geblieben ist, ist vielleicht gar nicht so schwer zu beantworten, denn in diesen strafrechtlich interessanten cum/ex-Fällen ist ja der Witz, dass die Beteiligten gezielt zusammenwirken und sich die Erstattungen /Anrechnungen aufgrund der doppelten Steuerbescheinigungen teilen. Da dürfte es kein Problem sein, auch die Dividendenzahlungen in die aufzuteilende Beute als Rechnungsposten einzustellen.

 

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Diese Aussage trifft zu. Ich danke für den Hinweis und korrigiere meine Aussage.  Es ist eine Bilanz zum 31. Dezember 2015 beim Registergericht hinterlegt. Der Jahresabschluss zum 31. Dezember 2016 muss erst zum bis zum Schluss des Folgejahres hinterlegt werden.

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