Kein Fringsen beim Kammerbeitrag

von Prof. Dr. Claus Koss, veröffentlicht am 22.12.2017
Joseph Kardinal Frings: 1946 Namensgeber eines Verbs (Foto: C. Koss Neuss 2015)

Vorsicht, Witz: Als der Warenverkehr in Europa noch nicht so frei war wie heute, hatte ein Pfarrer in den Niederlanden zwei Pfund Kaffee gekauft. Kurz vor der Grenze denkt er sich: 'Schmuggeln will ich nicht und lügen darf ich nicht'. Also klemmt er sich den Kaffee unter die Arme. An der Grenze wird er gefragt: "Na, Hochwürden, haben Sie in Holland was eingekauft?" "Ja, zwei Pfund Kaffee, aber ich habe ihn unter den Armen verteilt!"
"Fringsen" nach dem Namen des damaligen Bischofs von Köln ging in die deutsche Sprache ein. In seiner Silvesterpredigt 1946 hatte Joseph Kardinal Frings 'kleinere Sünden', namentlich den Diebstahl von Kohle, für eine zulässige Reaktion auf Not und Elend gehalten.

Im 21. Jahrhundert fragen wir uns: Darf ein Apotheker die Kammer belügen, um dadurch einen niedrigeren Kammerbeitrag zu erreichen? Zusatzfrage: Darf ein Steuerberater erkennbar falsche Umsätze bescheinigen?

Die überwiegende Zahl der 17 deutschen Apothekenkammern erheben ihre Kammerbeiträge aufgrund einer kammereigenen Beitragsordnung nach den von ihren Mitgliedern gemeldeten Nettoumsätzen. Regelmäßig verlangen die Beitragsordnungen auch eine Bestätigung eines Steuerberaters, alternativ dieVorlage der Umsatzsteuerjahreserklärungen. Beim nachträglichen Abgleich von bescheinigten und gegenüber dem Finanzamt erklärten Umsätzen zeigte sich, dass wohl einige Apotheker gegenüber der Kammer zu niedrige Umsätze angegeben hatten.

Ein Rechtsgutachten im Auftrag der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e.V. (ABDA) vertritt die Auffassung, dass ein Steuerberater, der gegenüber der Apothekerkammer niedrigere Umsätze bescheinigt als in der Umsatzsteuererklärung erklärt, seine Berufspflichten verletzt. Der Steuerberater haftet gegenüber der Apothekerkammer nach den Grundsätzen des Vertrags zugunsten Dritter, wenn der höhere Kammerbeitrag nach Eintritt der Festsetzungsverjährung nicht mehr vom Apotheker erlangt werden kann. Die Bundessteuerberaterkammer hat dieser Rechtsauffassung zugestimmt.
Nach Einschätzung des Verfassers beginnt das Problem für den Steuerberater schon viel früher: wenn ein Mandant trotz höherer Umsätze nicht einmal mehr die Pflichtbeiträge bezahlen kann, ist eine betriebswirtschaftliche Beratung angezeigt. Denn wenn diese 'Grundkosten' eines Unternehmens schon nicht mehr gedeckt sind, stellt sich die Frage, ob eine Schließung der Apotheke nicht die bessere Alternative wäre?

Zurück zu den Zehn Geboten: auf dem Schulhof hat der Verfasser ein Elftes Gebot kennengelernt - "Du sollst Dich nicht erwischen lassen!" Das zeigt wieder einmal: nicht alles, was wir auf Schulhof lernen, hält einer Überprüfung stand.

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3 Kommentare

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auf dem Schulhof hat der Verfasser ein Elftes Gebot kennengelernt - "Du sollst Dich nicht erwischen lassen!" Das zeigt wieder einmal: nicht alles, was wir auf Schulhof lernen, hält einer Überprüfung stand.

Das verstehe ich nicht. Was ist falsch an diesem Grundsatz? Warum hält er einer Überprüfung nicht stand?

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Nun - Apotheker und IHK ist ohnehin so eine Sache. Da herrscht irre Begeisterung über den Mitgliedschaftszwang - selbstredend neben der Mitgliedschaft in der Apothekerkammer. Aber wir erfreuen uns ja der Marktwirtschaft. Die IHK gerade sind da emsige Apostel. Freiheit, Freiheit, freier Wettbewerb. Daher ja auch der verbissene Kampf der IHK, demgemäß die Zwangsmitgliedschat abzuschaffen. Oder bringe ich da etwas durcheinander?

Der Verfasser ist beim Thema 'Zwangsmitgliedschaft' gespaltetener Auffassung: einerseits verhindert die Zwangsmitgliedschaft das sog. 'free riding', andererseits vermitteln Kammern den einzelnen Mitgliedern nicht immer den Nutzen, den sie für ihren Mitgliedsbeitrag erwarten. Gerade für exportorientierte mittelständische Unternehmen ist die Infrastruktur der Handelskammern im Ausland hilfreich. Ohne die breite Beitragsbasis aus der Zwangsmitgliedschaft könnte diese wahrscheinlich nicht aufrecht erhalten werden. Andererseits ist nur der Versand der Kammermitteilungen zu wenig an Dienstleistung.

Das Thema meines ursprünglichen Blogbeitrags ist aber der Betrug bei den Kammerbeiträgen. Beiträge hierzu sind willkommen. Zum Thema 'Pflichtmitgliedschaft: Pro/Kontra' darf ich die Diskussion an dieser Stelle schließen. 

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