BAG: keine Verlängerung des befristeten Arbeitsvertrags aufgrund einer einsatzabhängigen Verlängerungsklausel bei pandemiebedingtem Saisonabbruch

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 29.05.2023
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|1265 Aufrufe

Eine gerade in Form einer Pressemitteilung bekannt gegebene Entscheidung des BAG (24. Mai 2023 – 7 AZR 169/22, 24/23) wirft ein Schlaglicht auf sog. Verlängerungsklauseln, die in manchen Branchen durchaus üblich sind. Insbesondere in Arbeitsverträgen mit Profifußballern sind Vertragsklauseln geläufig, nach denen sich der für eine Spielzeit befristete Arbeitsvertrag um eine weitere Spielzeit verlängert, wenn der Vertragsspieler auf eine bestimmte (Mindest-)Anzahl von Spieleinsätzen kommt.

Der Kläger schloss im August 2019 einen für die Zeit vom 1. September 2019 bis 30. Juni 2020 befristeten Arbeitsvertrag als Profifußballer und Vertragsspieler mit der Beklagten für deren in der Regionalliga Südwest spielende 1. Mannschaft. Nach einer Regelung im Vertrag verlängert sich dieser um eine weitere Spielzeit, wenn der Kläger auf mindestens 15 Einsätze (von mindestens 45 Minuten) in Meisterschaftsspielen kommt. Bis zum 15. Februar 2020 absolvierte der Kläger zwölf Einsätze. Danach wurde er aufgrund einer aus sportlichen Gründen getroffenen Entscheidung des neu berufenen Trainerteams nicht mehr eingesetzt. Ab Mitte März 2020 fand pandemiebedingt kein Spielbetrieb mehr statt. Am 26. Mai 2020 wurde die ursprünglich mit 34 Spieltagen geplante Saison vorzeitig beendet.

Mit seiner Klage hat der Kläger geltend gemacht, sein Vertrag habe sich um eine Spielzeit – also bis zum 30. Juni 2021 – verlängert. Die vereinbarte Bedingung hierfür sei angesichts des ungeplanten Saisonabbruchs bereits aufgrund seiner zwölf Spieleinsätze eingetreten. Hätten die Parteien das pandemiebedingte vorzeitige Ende der Spielzeit vorhergesehen, hätten sie eine an die tatsächliche Zahl von Spieltagen angepasste – also verringerte – Mindesteinsatzzahl oder auch nur eine Mindesteinsatzquote vereinbart.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen und auch die Revision des Klägers hatte vor dem BAG keinen Erfolg. Die Parteien haben – so das BAG - die Vertragsverlängerung an eine – vom Kläger nicht erreichte – absolute Mindesteinsatzzahl gebunden. Diese sei im Hinblick auf den unvorhersehbaren pandemiebedingten Saisonabbruch weder im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) zu korrigieren noch habe der Kläger einen Anspruch auf entsprechende Anpassung der Verlängerungsvereinbarung aufgrund einer Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 Abs. 1 BGB). Für die Entscheidung des Senats sei es nicht darauf angekommen, ob die einsatzgebundene Verlängerungsklausel wirksam ist. Hier werden erst die Entscheidungsgründe erweisen, worauf diese Überlegungen gründen. Die Entscheidung überrascht auf den ersten Blick, hat doch insbesondere die zivilgerichtliche Rechtsprechung in nicht wenigen Fällen auf Störungen infolge der Coronapandemie mit den Instrumenten der ergänzenden Vertragsauslegung bzw. dem Wegfall der Geschäftsgrundlage reagiert (vgl. etwa BGH NJW 2022, 1370 zur Geschäftsraummiete). Zu Vertragsverlängerungsklauseln in Arbeitsverträgen mit Profifußballern gibt es im Übrigen kaum verwertbare Rechtsprechung oder Beiträge aus dem Schrifttum. Einzig der Beitrag von Kindler, Einseitige Verlängerungsoptionen im Arbeitsvertrag des Berufsfußballers, NZA 2000, 744 wäre hier zu nennen, der allerdings nicht die hier streitgegenständliche, nämlich automatische Verlängerungsklausel behandelt.

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