"Nachkonsum" wie "Nachtrunk"

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 06.06.2024
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht|1052 Aufrufe

Klasse Fall. Der Verurteilte war mit seinem Fahrzeug vor einer Polizeikontrolle geflüchtet. Warum? Wahrscheinlich, weil er Drogen intus hatte. Beweisen konnte man das aber letztlich nicht - ihm gelang nämlich nach einer Unfallflucht erst einmal ein kurzfristiges Untertauchen, so dass er beim AG Unna erfolgreich eine "Nachkonsumeinlassung" abgab:

 

Am 00.00.2023 flüchtete der Angeklagte gegen 19:20 Uhr mit dem Pkw der Marke Honda, amtliches Kennzeichen 00- 00 00, vor einer polizeilichen Verkehrskontrolle im Bereich der D-Straße in Richtung E-Straße in O4. Im Verlaufe der Flucht vor der Polizei näherte er sich mit erheblich überhöhter Geschwindigkeit und um Kurven driftend der Grundstückseinfahrt F-Straße, wobei mehrere Personen die rücksichtslose Fahrweise des Angeklagten wahrnahmen. In Höhe der F-Straße befand sich auf der linken Seite der nur 2,60 m breiten Straße der Zeuge K1, der seinen Hund unangeleint ausführte. Es herrschte Dunkelheit, der Straßenbereich war nicht beleuchtet. Im linken Bereich der Straße befanden sich sichtbehindernde Sträucher. Beidseitig wurde die Straße durch Vegetation begrenzt. Der Straßenbelag weist Schlaglöcher auf und er war durch Schlamm und Wasser befeuchtet und daher rutschig. Aufgrund der für die beengten und sichtbehindernden Straßenverhältnisse und der Dunkelheit nicht angepassten und überhöhten Geschwindigkeit hielt der Angeklagte im Verlauf der Flucht mit dem Fahrzeug zum Zwecke seines schnelleren Vorankommens ungeachtet anderer Verkehrsteilnehmer die rechte Seite der Fahrspur nicht ein und erfasste mit dem Fahrzeug zunächst den Hund des Zeugen, der wegen der erlittenen Verletzungen lebenserhaltend operiert werden musste, wobei ihm die Milz entfernt werden musste. Nach der Kollision mit dem Hund des Zeugen streifte er sodann den Fuß des Zeugen K1, der sich aus Sicht des Angeklagten im linken Straßenbereich aufhielt mit dem Fahrzeug. Durch die Wucht des Anstoßes prallte der Zeuge K1 gegen einen Zaun am Wegesrand und zog sich Prellungen an der rechten Schulter und an den Rippen zu.

 Trotz der Kollision mit dem Hund und dem Zeugen K1 setzte der Angeklagte seine Flucht fort, ohne sich um eine Schadensregulierung zu kümmern. Er flüchtete vom Unfallort.

 III.

 Der Angeklagte hat sich damit der Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung sowie des unerlaubten Entfernens vom Unfallort schuldig gemacht.

 Sofern dem Angeklagten mit der Anklage der Staatsanwaltschaft Dortmund vorgeworfen worden ist, das Fahrzeug im Straßenverkehr geführt zu haben, obwohl er infolge des Genusses anderer berauschender Mittel nicht in der Lage gewesen sei, das Fahrzeug sicher zu führen, war insoweit der Tatnachweis nicht zu führen. Die Einlassung des Angeklagten, er habe sowohl Kokain als auch Marihuana erst nach dem Unfall, jedoch vor Entnahme der Blutprobe konsumiert, war nicht zu widerlegen, da aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen W1 vom 00.00.2023 von einer Konsumzeit von ca. 2-4 Stunden vor dem Blutentnahmezeitpunkt auszugehen, das entspreche dem Zeitraum von ca. 20:15 Uhr bis 22:15 Uhr, sodass ein Konsum auch nach dem Unfallzeitpunkt um 20:36 Uhr möglich sei.

AG Unna Urt. v. 19.1.2024 – 81 Ds-301 Js 409/23-48/23, BeckRS 2024, 9666

 

 

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