LAG Köln: Keine Entscheidungskompetenz einer Einigungsstelle vor ihrer Einsetzung

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 10.06.2024
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|748 Aufrufe

Eine im Verfahren nach § 100 ArbGG gerichtlich eingesetzte betriebliche Einigungsstelle ist erst mit der formellen Wirksamkeit des arbeitsgerichtlichen Beschlusses wirksam errichtet. Wird sie gleichwohl vorher tätig, kann der Spruch der Einigungsstelle die fehlende Einigung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber nicht durch einen Spruch ersetzen.

Dies hat das Landesarbeitsgericht Köln entschieden.

Die Arbeitgeberin handelt mit Sportartikeln. Zwischen ihr und dem bei ihr gebildeten Betriebsrat gab es Dissens über die Dienstplangestaltung für die norddeutschen Filialen im Monat Mai 2024 (KW 19 bis 22/2024). Auf Antrag der Arbeitgeberin bestellte das ArbG Köln im Anhörungstermin vom 3.5.2024 einen Rechtsanwalt zum Vorsitzenden der Einigungsstelle und setzte die Zahl der Beisitzer auf zwei pro Seite fest.

Der Vorsitzende berief noch am gleichen Tag um 20.46 Uhr per E-Mail die Einigungsstelle für Samstag, den 4.5.2024, 13.00 Uhr in seine Kanzleiräume ein. Der Betriebsrat nahm an der Sitzung der Einigungsstelle nicht teil. Diese genehmigte die Dienstpläne im Spruchwege um kurz vor 20.00 Uhr. Am gleichen Tag ging um 22.19 Uhr die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des ArbG Köln ein. Dieser wurde dem Betriebsrat erst am Dienstag, 7.5.2024, zugestellt.

Das LAG Köln hat der Beschwerde teilweise abgeholfen und für die noch nicht durch Zeitablauf gegenstandslos gewordenen Dienstpläne einen anderen Einigungsstellenvorsitzenden bestellt.

Der am 4.5.2024 verkündete Spruch der Einigungsstelle war unwirksam. Die Einigungsstelle hätte nicht tätig werden dürfen, bevor der Beschluss über ihre Einsetzung rechtskräftig war. Daran änderte die Eilbedürftigkeit des Verfahrens nichts. Die Behandlung des Verfahrens durch den vom ArbG eingesetzten Vorsitzenden begründete Zweifel an seiner Unparteilichkeit, weshalb das LAG eine andere Person als Vorsitzenden eingesetzt hat.

LAG Köln, Beschl. vom 16.5.2024 - 9 TaBV 24/24, BeckRS 2024, 10786

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