BGH: Erster Freispruch wegen Erwerbs von Cannabis im nun nach dem KCanG straflosen Bereich

von Prof. Dr. Jörn Patzak, veröffentlicht am 04.08.2024
Rechtsgebiete: StrafrechtBetäubungsmittelrecht|986 Aufrufe

Das Landgericht verurteilte einen Angeklagten im November 2023 u.a. wegen „unerlaubten“ Erwerbs von Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe, weil er von einem Unbekannten 13,16 g Marihuana zum Zwecke des Eigenkonsums bezogen hatte.

Auf die Revision des Angeklagten sprach der 4. Strafsenat des BGH den Angeklagten in diesem Punkt im Hinblick auf das neue Konsumcannabisgesetz (KCanG) und den dort neu geregelten straflosen Erwerb von bis zu 25 g Cannabis frei (BGH Beschl. v. 21.5.2024 – 4 StR 95/24, BeckRS 2024, 16870):

Die Verurteilung wegen „unerlaubten“ Erwerbs von Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG) im Fall II. 1 der Urteilsgründe ist aufzuheben und der Angeklagte insoweit freizusprechen (§ 354 Abs. 1 StPO).

1. Am 1. April 2024 ist das Gesetz zum Umgang mit Konsumcannabis (Konsumcannabisgesetz – KCanG) in Kraft getreten (BGBl. I Nr. 109) und das BtMG entsprechend abgeändert worden. Nach der Neuregelung unterfällt der Umgang mit Cannabis nicht mehr dem BtMG, sondern allein dem KCanG, das den Umgang mit Cannabis in einem geringeren Umfang als bisher unter Strafe stellt und – soweit eine Strafbarkeit auch weiterhin gegeben ist – mildere Strafen vorsieht. Dies hat der Senat nach § 2 Abs. 3 StGB i.V.m. § 354a StPO zu berücksichtigen (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Mai 2024 – 5 StR 30/24 Rn. 4; Beschluss vom 6. Mai 2024 – 4 StR 5/24 Rn. 6; Beschluss vom 29. April 2024 – 6 StR 102/24 Rn. 4; Beschluss vom 18. April 2024 – 1 StR 106/24 Rn. 4).

Nach § 34 Abs. 1 Nr. 12 KCanG ist der nach § 2 Abs. 1 Nr. 12 KCanG verbotene Erwerb von Cannabis nur strafbar, wenn ein Tageslimit von 25 g überschritten wird oder mehr als 50 g pro Kalendermonat erworben werden. Dies gilt nach der Gesetzesbegründung auch dann, wenn der Erwerb auf dem Schwarzmarkt erfolgt (vgl. BT-Drucks. 20/8704, S. 131; Patzak in Patzak/Fabricius, BtMG § 34 KCanG Rn. 170).

2. Aus den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen ergibt sich, dass der Angeklagte einmalig 13,15 g Cannabis auf der Grundlage eines Rechtsgeschäfts entgeltlich erlangt und damit zwar Cannabis im Sinne von § 34 Abs. 1 Nr. 12 KCanG erworben hat (vgl. Patzak in Patzak/Fabricius, aaO Rn. 172), aber die Grenze zur strafbewehrten Menge nicht erreicht ist. Damit fehlt es an einer Strafbarkeit.

Der Senat hob den Gesamtstrafausspruch auf und verwies die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurück.

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