Recht auf Abschalten

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 02.09.2024
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|1087 Aufrufe

Passend zur Urlaubszeit lässt eine Meldung aus Australien (z.B. Spiegel Online vom 26.8.2024) aufhorchen: Dort ist ein Gesetz beschlossen worden, nach dem Arbeitnehmer in Unternehmen mit mindestens 15 Mitarbeitern in ihrer Freizeit nicht auf dienstliche Nachrichten und Anrufe reagieren müssen. Für kleinere Unternehmen mit weniger Mitarbeitern soll das Gesetz in einem Jahr gelten. Der Ministerpräsident Australiens, Anthony Albanese, wird mit den Worten zitiert: „Wir möchten sicherstellen, dass Menschen, die nicht 24 Stunden am Tag bezahlt werden, auch nicht 24 Stunden am Tag arbeiten müssen.“ In Australien ist diese Neuerung lebhaft umstritten.

Ein Recht auf Nichterreichbarkeit während der Freizeit oder im Urlaub ist im deutschen Arbeitsrecht nicht ausdrücklich vorgesehen. Das Arbeitszeitrecht mit seinen zeitlichen Begrenzungen setzt einer Inanspruchnahme des Arbeitnehmers außerhalb der Arbeitszeit allerdings enge Grenzen. Das LAG Schleswig-Holstein (Urt. v. 27.9.2022 – 1 Sa 39 öD/22, NZA-RR 2022, 624) urteilte vor zwei Jahren: „Ein Mitarbeiter ist nicht verpflichtet, sich in seiner Freizeit zu erkundigen, ob sein Dienstplan geändert worden ist. Er ist auch nicht verpflichtet, eine Mitteilung des Arbeitgebers – etwa per Telefon – entgegenzunehmen oder eine SMS zu lesen.“

Allerdings klaffen hier Recht und Realität weit auseinander. Nach einer aktuellen Erhebung des Digitalverbandes Bitkom sind etwa zwei Drittel der Berufstätigen, die 2024 Urlaub planen, für ihren Arbeitgeber erreichbar.

Bemerkenswert sind übrigens unternehmensinterne Lösungen, so etwa der Abwesenheitsassistent „Mail on Holiday“ bei Daimler. Hier wird die in der Urlaubszeit ankommende elektronische Nachricht automatisch gelöscht. Der Absender erhält einen Hinweis auf die Löschung verbunden mit dem Namen des zuständigen Vertreters. Die Anwendung des Abwesenheitsassistenten ist freiwillig.

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