NS-Verherrlicher hortet scharfe Kriegswaffen in Wohngebiet und wird milde bestraft. Rechtsterroristische Anschlagspläne nicht nachweisbar

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 21.09.2024
Rechtsgebiete: StrafrechtKriminologie|175 Aufrufe


Granaten und Splitterbombe im Wohngebiet Bewährungsstrafe wegen Waffenbesitz in Frankfurt - Anschlagsplan nicht erwiesen


Ein 28 Jahre alter Mann ist von dem Vorwurf freigesprochen worden, einen Umsturz geplant zu haben. Wegen unerlaubten Besitzes von Kriegswaffen erhielt er eine Bewährungsstrafe.

Die Kammer sah es als erwiesen an, dass sich der 28-Jährige aus stillgelegten Munitionslagern der Wehrmacht illegal mehrere Schusswaffen und teils funktionsfähige Sprengkörper besorgt hatte.

Ermittler fanden bei einer Razzia in einem Mehrfamilienhaus im Frankfurter Stadtteil Bergen-Enkheim mehrere zündfähige Granaten. Außerdem wurden in insgesamt drei Waffenlagern eine vollautomatische Maschinenpistole, eine amerikanische Fliegerbombe, die mit 68 Kilo Sprengstoff geladen werden kann, sowie eine Splitterbombe entdeckt. Da die Splitterbombe scharf war, musste sie der Kampfmittelräumdienst mitten im Wohngebiet kontrolliert sprengen. Auch diverse NS-Devotionalien wurden gefunden.

Anklage wegen Anschlagsplan nicht bewiesen

Die Staatsanwaltschaft klagte den Mann auch wegen der Planung eines rechtsextremen Anschlags an, was aber im Prozess nicht erwiesen wurde. Demnach soll er bis zum April 2023 den Sturz der demokratischen Grundordnung in Deutschland geplant haben.
Für einen nicht näher bestimmten sogenannten Tag X habe er geplant, ihm unliebsame Gruppen mit Waffengewalt zu bekämpfen. Ziel des Anschlags sollten Muslime, Juden, Grünen-Politiker und Menschen aus der LGBTQ-Bewegung werden.

Aus einem früheren Artikel zum Prozessauftakt:

Der Angeklagte soll sich die Waffen illegal mit "Sondengängen" mit einem Metalldetektor aus stillgelegten Munitionslagern beschafft haben, etwa auf dem Gelände der ehemaligen Munitionsanstalt der Deutschen Wehrmacht in Münster (Darmstadt-Dieburg). Die teils funktionsfähigen Sprengkörper und Schusswaffen habe er ausgegraben, wieder gebrauchsfähig gemacht und an verschiedenen Orten versteckt. Viele Waffen habe der Mann auch in seiner Wohnung gelagert.

Die Durchsuchungen, bei denen auch NS-Devotionalien sichergestellt wurden, fanden in drei Wohnhäusern in Bergen-Enkheim und im Nordend sowie auf einem Gartengrundstück im Frankfurter Süden statt. Zwei weitere, vorübergehend festgenommene Verdächtige wurden nach dem Einsatz wieder freigelassen.

 

Da ich die Hauptverhandlung nicht beobachtet habe und auch keine Aktenkenntnis habe, will ich an der Beweiswürdigung hinsichtlich eines geplanten Anschlags keine Zweifel anmelden. Aber, wie ich schon an anderer Stelle einmal geschrieben habe: Die Strafzumessung geschieht in der Dunkelkammer, In der Strafkammer am LG Frankfurt scheint es momentan besonders dunkel zu sein. Die Strafandrohung für illegalen Kriegswaffenbesitz ist wie bei Schusswaffenbesitz Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren, in besonders schweren Fällen bis 10 Jahren (§§ 20a, 22a KrWaffKontrG, § 52 WaffG). Ich würde gern erfahren, was die Strafkammer des LG Frankfurt veranlasst hat, bei diesem (aus meiner Sicht) schweren Fall von Waffenbesitz eines offenkundigen  Nazizeitverherrlichers eine Strafe unterhalb der Hälfte bzw. eines Fünftels der angedrohten Maximalstrafe zu verhängen. Und zweitens interessiere ich mich für die Begründung des Gerichts, warum in diesem Fall eine Strafaussetzung zur Bewährung angemessen sein soll.

Ich hege die positive Hoffnung, dass die Begründung dieser Sanktionierung in diesem Einzelfall Hand und Fuß hat. Möglicherweise handelt es sich ja nur um einen historisch interessierten Sammler, der sich im Prozess erfolgreich als ungefährliches Muttersöhnchen präsentieren konnte. (Vorsicht Ironie).

Aber ich denke, das Gericht sollte schnellstens diese Begründung veröffentlichen, um hier keine falschen Signale zu senden. und sich gegenüber rechtsterroristischen Waffenhortern (für den "Tag X") nicht der Lächerlichkeit preiszugeben.

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