LAG Düsseldorf: "Zufällig" richtiges Ergebnis bei der Sozialauswahl

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 20.06.2024
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|1790 Aufrufe

1., 2. ...

3. Ist eine Sozialauswahl methodisch fehlerhaft vorgenommen worden, spricht in jedem Kündigungsschutzverfahren eine jeweils von dem kündigenden Arbeitgeber zu widerlegende tatsächliche Vermutung dafür, dass bei der streitgegenständlichen Kündigung die Sozialauswahlkriterien des § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt wurden.

4. Auch wenn methodische Fehler bei der Durchführung der Sozialauswahl festgestellt werden, führt dies gleichwohl nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung, wenn die tatsächlich getroffene Auswahl zu Lasten des Gekündigten – und sei es auch nur zufällig – objektiv vertretbar ist. Die Darlegungs- und Beweislast hierfür liegt jedoch beim kündigenden Arbeitgeber.

Das hat das LAG Düsseldorf entschieden (Urt. vom 9.1.2024 - 3 Sa 687/23, BeckRS 2024, 11797) und damit auch zweitinstanzlich einer Kündigungsschutzklage stattgegeben. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Nach der Rechtsprechung des BAG fordert § 1 Abs. 3 KSchG kein irgendwie geartetes Tätigwerden des Arbeitgebers, sondern nur ein „richtiges“ Ergebnis. Die Kündigung ist auch dann sozial gerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber ohne jede Abwägung der in § 1 Abs. 3 KSchG genannten Sozialdaten „zufällig“ das richtige Abwägungsergebnis „trifft“ (BAG 2.6.2005, NZA 2006, 207; 18.1.2007, NZA 2008, 1208; 17.1.2008, NZA-RR 2008, 571; 20.9.2012, NZA 2013, 94; 27.7.2017, NZA 2018, 234).

Zur Darlegungs- und Beweislast heißt es beim BAG:

Ist eine Sozialauswahl überhaupt nicht oder methodisch fehlerhaft durchgeführt worden, ist die Kündigung nicht aus diesem Grund unwirksam, wenn mit der tatsächlich getroffenen Auswahl des Gekündigten eine – sei es auch zufällig – objektiv vertretbare Auswahl getroffen wurde. Die Darlegungslast dafür, dass und aus welchen Gründen soziale Gesichtspunkte gegenüber dem klagenden Arbeitnehmer deshalb ausreichend berücksichtigt wurden, weil ihm selbst dann, wenn ein seitens des Arbeitnehmers gerügter Auswahlfehler unterblieben wäre, gekündigt worden wäre, trägt der Arbeitgeber

BAG, Urt. vom 27.6.2019 - 2 AZR 50/19, NZA 2019, 1345

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

Kommentare als Feed abonnieren

Kommentar hinzufügen