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Dipl.-Psych. Dr. phil Sponsel kommentiert am Permanenter Link
Rechtstheater: Einfach zu beantworten, schwer zu verstehen und ganz und gar unakzeptabel
Die Frage ist einfach zu beantworten, schwer zu verstehen und ganz und gar nicht akzeptabel. Die beste Wirklichkeitsanalyse ist immer noch die, die an eben dieser ansetzt (allgemeines Maximum Likelihoodprinzip: das faktisch Verwirklichte hat die höchste Wahrscheinlichkeit). Das, was ist, hat schon seinen Sinn – und wenn er, von einer anderer Perspektive aus betrachtet, in Sinnwidrigkeit besteht.
Der - forensische - Sachverständigenbeweis (klassisches Beweismittel) ist an vielen Stellen rechtlich geboten. Der Richter braucht irgend etwas, auf das er seine freie Beweiswürdigung, seine richterliche Überzeugungsbildung stützen kann, im theoretisch einfachsten Fall ein Nicken des Sachverständigen als mündliches Gutachten. Nachdem der Richter unabhängig ist, kann er letztlich machen, was er will. Er kann auch 11 Gutachten beantragen, wie kürzlich im Fall des SS-Mannes Bikker bekannt wurde, bis eines dabei ist, das ihm zusagt. Das alles hat mit wohlverstandenem Recht, Logik, Wissenschaft weitgehend nichts zu tun. Es ist gewöhnlich ein Spiel und ein Rechtstheater. Und wer gegen die Spielregeln des Rechtstheaters spielen will, hat gewöhnlich sehr schlechte Karten. Mollath hat die Nerven, die Überzeugung und die Stärke dagegenzuhalten. Daher bringt er alles durcheinander.
Die wirklich Bösen sind daher auch nicht die forensischen Sachverständigen, sie funktionieren nur als Vorwand und manchmal als willfährige Büttel, wenngleich die meisten freiwillig mitmachen. Die forensische Schlechtachterindustrie versteht sich bestens mit der Unterbringungs- und Betreuungsjustiz. Und das ist nicht nur in totalitären Staaten so, wie man Lieschen Müller glauben machen will.
Dipl.-Psych. Dr. phil Sponsel kommentiert am Permanenter Link
Der Wahnsinn der Klassifikationssysteme: fehlende Daten-Grundlage
ICD, DSM, AMDP, PSE u.a. Klassifikationssysteme kranken daran, dass die Kriterien summarisch, allgemein und nicht durch konkrete und praktische Daten aus der Lebenspraxis beispielhaft normiert sind (das kommt dem klassifikatorischen, universalistisch-metaphysischen Denken im Rechtswesen entgegen). Das fördert natürlich das Meinen, Mutmaßen, Spekulieren, Glauben und Dafürhalten extrem. Von den Mollathpsychiatern (Nbg, Bay, Berl, Ulm) war keiner in der Lage oder willens, Mollaths angeblichen Wahn mit ordentlichen Daten zu unterlegen. Das ist sehr praktisch, weil man dann nichts begründen muss. Man meint halt. Mit Wissenschaft hat das natürlich gar nichts zu tun. Es ist das pure Gegenteil.
Also: Die Kriterienkataloge taugen letztlich nichts, weil sie auf der Subsumptionsebene, bei allgemeinen Klassenbegriffen aufsetzen, die beliebig mit Daten be-phantasiert werden können, wenn sich ein forensischer Psychiater jemals bemüßigt fühlen sollte, solche überhaupt zu liefern. Diesen Kriterien fehlt das Datenfundament, das sie verbindlich machen könnte.
Beispielhaft sei dies am ICD-10 F60.0 (mindestens 4 Kriterien müssen erfüllt sein) illustriert, wobei ich alle unbestimmen Begriffe, die man so und so oder anders mit Daten unterlegen kann oder auch nicht, kursiv-fett markiert und für jedes Kriterium die Anzahl in eckigen Klammern [] vermerkt habe:
"F60.0 paranoide Persönlichkeitsstörung
Persönlichkeitsstörung mit folgenden Merkmalen:
1. Übertriebene Empfindlichkeit auf Zurückweisung und Zurücksetzung. [4]
2. Nachtragend bei Kränkungen oder Verletzungen mit Neigung zu ständigem Groll. [6]
3. Mißtrauen und eine starke Neigung, Erlebtes zu verdrehen, indem neutrale oder freundliche Handlungen anderer als feindlich oder verächtlich mißgedeutet werden. [9]
4. Streitsüchtiges und beharrliches, situationsunangemessenes Bestehen auf eigenen Rechten. [5]
5. Neigung zu pathologischer Eifersucht. [3]
6. Tendenz zu überhöhtem Selbstwertgefühl in Verbindung mit ständiger Selbstbezogenheit. [6]
7. Inanspruchnahme durch Gedanken an Verschwörungen als Erklärungen für Ereignisse in der näheren Umgebung und in aller Welt. [2]
[Summe4+6+9+5+3+6+2 = 35 unklare, mit Daten nicht normierte Begriffe]
Dazugehörige Begriffe:
- fanatisch expansiv paranoide Persönlichkeit(sstörung)
- sensitiv paranoide Persönlichkeit(sstörung)
- quemlatorische Persönlichkeit(sstörung) [>214]
Ausschluß:
- paranoide Schizophrenie (F20.x)
- wahnhafte Störung (F22.x)"*
Fazit: Die sog. Paranoide Persönlichkeitsstörung enthält in den sieben Kriterien allein 35 unbestimmte subsumptive Begriffe, die einen ungeheuren Spielraum für Phantasien, Spekulationen, Mutmaßungen, Meinungen bieten. Wendet man dieses Instrument an, so würde man bei 30 PsychiaterInnen 30 verschiedene Begründungen finden, falls sie überhaupt begründen, was sie gewöhnlich (wohlweislich) nicht tun.
Anmerkung; Prof. Pfäfflin fand mit dem SKID II (das Nobelinstrument) keinerlei Hinweise für eine paranoide PS bei Gustl F. Mollath. Darüber geriet weder er noch Richter Kahler ins Stutzen. Anscheinend echte Koryphäen.
Wissenschaft? Recht? Fair? Berufsethik? Gesunder Menschenverstand?
*Quelle: ICD-10 (1991). Internationale Klassifikation psychischer Störungen. ICD-10 Kapitel V (F). Klinisch diagnostische Leitlinien. Bern: Huber.
Dipl.-Psych. Dr. phil Sponsel kommentiert am Permanenter Link
Einverstanden. So sollte es sein. Das Recht scheint aber im Unterbringungsbereich nicht an wirklicher und wohlverstandener Sachaufklärung interesssiert, sonst würde man ja wenigstens einmal eine klare normierte Terminologie schaffen und die jedem Volksschüler vermittelbaren Regeln der Mindestanforderungen einhalten. Das aber ist nicht der Fall, so dass das Ganze, wie schon ausgeführt, doch sehr als Spiel und Theater erscheint: die Richter sind ja auch kostümiert, die Verhandlungen und die Wahrheitsfindung stark ritualisiert mit ebensolchen ritualisierten und inhaltsleeren Worthülsen; ordentliche Dokumentationen fehlen, der BGH kann am Nasenring durch die Manege geführt werden, das BVerfG nimmt keiner ernst (Einweisungsbeschluss) und die Mollathjustiz verbiegt, verdreht, stellt auf den Kopf, dass man mit Prantl wirklich nur noch konstatieren kann: eine solche Justiz muss selber wahnsinnig sein.
P.S. In Frontal21 wurde heute abend übrigens dokumentiert, dass die gesamte Nachkriegsjustiz weitestgehend aus NS-Juristen aufgebaut wurde (und Franken war besonders braun). Macht man sich klar, dass von 570 Richtern und Staatsanwälten des Volksgerichtshofes nur einer angeklagt und verurteilt - allerdings sehr schnell begnadigt wurde - dann muss sich keiner mehr wundern. Diese Justiz hat mit wohlverstandenem Recht an einigen Stellen wenig zu tun.
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Korrektur (Entschuldigung)
Hier muss es richtig heißen: (W4-W1b)
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Wahrscheinlichkeitsbegriffe und Prognose
Das mit der Wahrscheinlichkeit ist „objektiv“, für fast alle Gutachter schwierig und im notorisch unklaren Rechtswesen ohnehin. Man denke nur an die unsinnige Formel „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“, die nirgendwo ausreichend erklärt, geschweige denn normiert wird. Zu den verschiedenen Wahrscheinlichkeitsbegriffen
Drei Anmerkungen: (I) die schwierigen Prognoseprobleme erfordern grundlegende und meist aufwändige Einarbeitung in die Problematik. Bewertungsschnellschüsse im Nebenbei aus der Hypersupervisor-Position sollten hier tunlichst vermieden werden. II. (2) und (3) meinen Wahrscheinlichkeit im engeren mathematischen Sinne, (4) und (5) sind ganz anderen, empirischen Typs. Und (1) spielt in beide Bereiche hinein. III. Wer also von Wahrscheinlichkeit spricht, sollte genau sagen, welche er meint. Damit wäre schon viel gewonnen.
*Köller, Norbert; Nissen, Kai; Rieß, Michael & Sadorf, Erwin (2004) Probabilistische Schlussfolgerungen in Schriftgutachten. Zur Begründung und Vereinheitlichung von Wahrscheinlichkeitsaussagen im Sachverständigengutachten. München: Luchterhand & Bundeskriminalamt (BKA).
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Weshalb das mit der Prognose kaum jemals etwas werden kann
I. Die Unterbringungs-Rechtsprechung erfolgt unabhängig von Wissenschaft, Logik und dem gesundem Menschenverstand und ist damit weitgehend willkürlich. Das scheint im wesentlichen das Ergebnis von fünf juristischen Prinzipien: (1) Eigene Selbstkontrolle (die in der Regel keine ist und sein kann); (2) freie Beweiswürdigung, also Anarchie, keiner muss etwas wissen, keiner muss sich fortbilden, alles streng nach dem Motto wie es beliebt; (3) richterliche Überzeugung als Maßstab, also ein rein- metaphysischer, quasi-religiöser Glaube und (4) richterliche Unabhängigkeit als Freifahrtschein für richterliche Willkür und Irrationalität, (5) die überwertige Idee der Rechstsicherheit, in Wirklichkeit nur Schein (wenn Unrecht aus Rechtssicherheitsmotiven Recht bleibt). Schaut man sich z.B. an, was für Beschlüsse und Urteile im Falle Mollath inzwischen auf dem Tisch liegen, so findet man diese Prinzipien hier in höchster Form vollendet. Das alles hat mit wohlverstandenem Recht gar nichts zu tun und – es ist ein systemischer Fehler
II. In der forensischen Psychiatrie ist es mindestens so schlimm wie bei den RichterInnen und deshalb versteht man sich wahrscheinlich auch so gut. Dort gilt offenbar sogar für alle das crème de la crème Prinzip: (1) wir wissen, können und wir dürfen alles, auch wenn wir gar nichts wissen und können; (2) insbesondere dürfen wir datenlos befunden und diagnostizieren; und ganz besonders praktisch: (3) wir müssen die Beweisfragenantworten nicht begründen, herleiten, pro und contra erörtern und nachvollziehbar zu einem Ergebnis kommen. Nein, uns und unseren RichterInnen genügt es vollkommen, zu meinen, zu phantasieren, zu spekulieren.
Rechtsstaat? Wissenschaft? Gesunder Menschenverstand? Berufs-Ethik?
Anmerkung: Die Mindestanforderungen für Prognosegutachten - an die sich niemand zu halten braucht - finden Sie hier.
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Die Rechtsfindung ist nicht selten eine Mischung aus Spiel, Theater, Willkür und dumpfem Mittelalter
Wenn Sie sich ansehen, was sich die Richter und Schlechtachter im Fall Mollath – und vermutlich noch in vielen anderen Fällen – erdreisten (zuletzt erst wieder der crème de la crème Gutachter Prof. Henning Saß im Fall Zschäpe), dann werden Sie auch feststellen müssen, dass alles geht. Es gibt faktisch, realiter keine Pflicht zur Wahrheit, zu korrekter Methodik, zur Beachtung der Natur- und Sozialgesetze, des gesunden Menschenverstandes. Das ethische und wissenschaftliche Niveau der Mollath Justiz ist vergleichbar der dumpfen Geisteshaltung im Mittelalter mit der nach Prantl gut vertretbaren Option, selbst wahnsinnig zu sein. Die kritische Aufklärung scheint an der Justiz so vorübergegangen zu sein wie an den Kirchen (wo es nicht so verwundert). Pfäfflin muss gar nichts. Kahler muss gar nicht. Leipziger muss gar nichts. Brixner muss gar nichts. Die müssen alle offensichtlich gar nichts. Und so zeigt sich abermals: Die Rechtsfindung ist nicht selten eine Mischung aus Spiel, Theater, Willkür und dumpfem Mittelalter. Ein alter Freund und Rechtsanwalt sagte mir kürzlich: Vor Gericht kriegt man nicht Recht, sondern ein Urteil. Immerhin: Das Gute am Schlechten: Mollath und viele seiner kompetenten Helfer führen das System vor, wie es offenbar ist. In dieser Intensität und Breite dürfte es einen solchen Aufstand der Kritischen, Anständigen und Zivilcouragierten in Deutschland noch nicht gegeben haben: Recht und Freiheit für Gustl F. Mollath – und alle anderen!
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Auch Prof. Saß im Fall Zschäpe okkultuer Nichtsachter
Nach einem Bericht der SZ vom 2.5.13 reiht sich nun auch Prof. Saß unter die okkulten Nichtsachter ein. Die Frage der Schuldfähigkeit ist - auch im Falle von Zschäpe - nicht ohne persönliche Untersuchung und Exploration wissenschaftlich und berufsethisch begründet beurteilbar. Ein klarer Verstoß gegen die Mindestanforderungen für Schuldfähigkeitsgutachten:
http://www.sgipt.org/forpsy/SuF/SuF.htm
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Prof. Pfäfflins Auseinandersetzung mit dem Prognosethema und seiner Problematik
Abstract - Zusammenfassung – Summary: Das Wort "Prognose" taucht an vier Stellen im Gutachten vom 12.2.2011 (Untersuchungstermin 30.11.2010) auf: (1) Zitat "Prognosegutachten Kröber, (2) Zitat Stellungnahme Bayreuth (2009), (3) Zitat Mindestanforderungen, (4) Bedeutung Gehör zu finden für die Prognose. Nur in (4) kommt es zu einer persönlichen Stellungnahme. Ansonsten wird das Problem gar nicht erörtert, weder allgemein noch fallspezifisch. Trotzdem fällt unvermittelt am Ende eine unveränderte Gefährlichkeitsprognose aus den Wolken, ohne jede kritische Erörterung, ohne jede Begründung, obwohl auch noch die Ausführungen unter 7.2 massiv gegen eine Allgemeingefährlichkeit sprechen [Beleg DatF04-02-04]
Das Wort "wahrscheinlich" kommt im Gutachten drei mal vor: (1) in der Beweisfrage des Gerichts. (2) in einer hochdifferenzierten Aussage Mollaths und (3) in der Beantwortung der Beweisfrage 2: "Die Antwort auf diese Frage lässt sich nicht sicher quantifizieren. Vor dem Hintergrund dessen, was in Abschn. 7.1 [RS: Biographische Skizze] gesagt wurde, liegt die Annahme nahe, dass Herr M. womöglich wieder den im Einweisungsurteil genannten Taten vergleichbare Taten begehen wird. Alles sehr vage, wenig sachkundig und darüberhinaus auch noch insgesamt widersprüchlich.
In der mündlichen Anhörung am 9.5.11 stellt sich heraus, wie der Verfassungsbeschwerde S. 21 zu entnehmen ist, dass Prof. Pfäfflin gar keine Ahnung hatte, welche Anforderungen das Recht an die Gefährlichkeit stellt: "(aa) Diese Prognose wurde allerdings erst plötzlich und ohne jede Begründung nach dem Hinweis des Bv. des Bf. gestellt, die bloße Möglichkeit weiterer Taten sei für eine Unterbringung nicht ausreichend, vielmehr sei eine hohe Wahrscheinlichkeit nötig. In dem schriftlichen Gutachten sprach Prof. Dr. Pfäfflin nämlich nur von der Möglichkeit. (Anlagen Gutachten und Protokoll HV)"
Fazit: Prof. Pfäfflin ist mit individuellen Wahrscheinlichkeitsaussagen und Gefährlichkeitsprognosen völlig überfordert.
Quelle und Belege: http://www.sgipt.org/forpsy/Mollath/ipgipt/SKIDII.htm#Prof.%20Pf%C3%A4ff...
Dipl.-Psych. Dr. phil Sponsel kommentiert am Permanenter Link
Kritischer Kommentar zum Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom 26.4.13
Prof. Pfäfflin hat schon sehr eindrucksvoll und nachhaltig gezeigt, dass er - neben vielen Fehlern in seinem Gutachten vom 9.3.2011 - besonders von individuellen Wahrscheinlichkeitsprognosen, wie auch die meisten forensisch-psychiatrischen GutachterInnen (Ausnahme Nedopil) und ihre Richter, nichts versteht. Das wissenschaftliche Grundproblem, dass es bei Unterbringungs- und Maßregelvollzugsfragen überhaupt keine wissenschaftlich begründbare indivividuelle Wahrscheinlichkeitsbestimmung zur Gefährlich- und Erheblichkeitskeits-Prognose geben kann, scheint an den allermeisten forensischen GutachterInnen, auch PsychologInnen (Ausnahme Dahle), vorbeizugehen.
Prof. Pfäfflins Gutachten enthält nicht die Spur einer Erörterung der Problematik individueller Wahrscheinlichkeitsprognosen, was die Strafvollstreckungskammer aber nicht gestört hat und auch weiterhin nicht zu stören scheint. Dem vorsitzenden Richter Kahler fehlt offensichtlich jedes Verständnis für die Problemsachlage - sonst würde er eine solch irre Beweisfrage "Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Verurteilte erneut Straftaten begehen wird?" unter der Vorgabe, dass der persönliche Kenntnisstand des Sachverständigen vom 30.11.2010 ausreicht und von den Phantasietatsachen des Urteils von Schreirichter-Brixner auszugehen ist. Hinzu kommt obendrein, dass sich Prof. Pfäfflin für die angeblichen Tathandlungen und Mollaths Verfassung und Befinden hierbei nie interessiert hat. Er soll also nun zur Prognose krimineller Handlungen Stellung nehmen, die er im Hauptgutachten schon ignoriert hat? Man sieht hier direkt und unmittelbar: das mit gesundem Menschenverstand, mit Wissenschaft und mit Recht nicht das geringste zu tun. Da scheint die Teilnahme an den Bayreuther forensischen Fortbildungsveranstaltungen wenig bewirkt zu haben. Wie der mündlichen Anhörung zu entnehmen war, kannte er noch nicht einmal die Kriterienanforderungen für eine weitere Gefährlichkeitsprognose, die er erst anläßlich Konfrontation durch Verteidigung gerichtswunschkonform nachge"bessert" hat.
Als ein besonderer Treppenwitz der Bayreuther Justizgeschichte darf vermerkt werden, dass Prof. Pfäfflin zur aktuellen und künftigen Gefährlichkeit im ergänzenden schriftlichen Verfahren Stellung nehmen soll, ohne Mollath erneut zu untersuchen und zu explorieren. Das ist die offene Aufforderung, die Kristallkugel, Kaffeesatz und freie Phantasie - zu der Psychoanalytiker allerdings besonders befähigt sind - zu gebrauchen. Schlecht für Mollath, aber gut für alle diejenigen, die immer noch davon träumen, in Bayern herrsche im Großen und Ganzen Recht und Ordnung. Das ist, wenn höhere CSU-Interessen oder die Justizmacht selbst betroffen ist, spätestens seit dem 26.April 1961 vorbei. Vermutlich ist es inzwischen sogar durchaus begründet, vom einem Justizwahnsystem zu sprechen. Heribert Prantl [SZ 27.11.12] hat es wirklich auf den Punkt gebracht: "Der Fall zeigt: Eine Justiz, die Menschen ohne gründlichste Prüfung einen Wahn andichtet, ist selbst wahnsinnig."
Quelle: http://www.sgipt.org/forpsy/Mollath/ipgipt/Stellungn.htm#Kritischer%20Ko...
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