Vermittlungsausschuss erzielt Einigung beim Whistleblowerschutz

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 10.05.2023
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht5|1753 Aufrufe

Es war zu erwarten: Der in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe erzielte Kompromiss zum Whistleblowerschutz führte in der Sitzung am 9.5.2023 nun auch zu einer Einigung im Vermittlungsausschuss. Damit steht einem zügigen Inkrafttreten des geplanten Hinweisgeberschutzgesetzes nichts mehr im Wege. Die Pressemitteilung des Bundesrats fasst die erzielte Einigung wie folgt zusammen:

„Das Hinweisgeberschutzgesetz regelt den Umgang mit Meldungen zu Betrügereien, Korruption und anderen Missständen in Behörden und Unternehmen; ebenso mit Hinweisen auf mangelnde Verfassungstreue von Beschäftigten im öffentlichen Dienst, auch wenn dabei keine konkreten Straftaten vorliegen. Der Bundestagsbeschluss enthält Vorschriften zur Einrichtung von internen und externen Meldestellen, zu Verfahren und Vertraulichkeit der Meldungen und zu Maßnahmen zum Schutz der Hinweisgeber vor Repressalien - aber auch zu Haftung, Schadensersatz und Bußgeldern im Falle bewusst falscher Angaben.

Der Vermittlungsausschuss schlägt nun vor, auf eine Pflicht, die Abgabe anonymer Meldungen zu ermöglichen, zu verzichten. Dies gilt sowohl für interne als auch für externe Meldestellen. Es wird lediglich vorgegeben, dass die Stellen auch anonym eingehende Meldungen bearbeiten sollten. Der Vorschlag enthält zudem eine Regelung nach der hinweisgebende Personen in Fällen, in denen intern wirksam gegen Verstöße vorgegangen werden kann, die Meldung an eine interne Meldestelle bevorzugen sollten.

Informationen über Verstöße sollen nach dem Kompromiss nur noch in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen, wenn sie sich auf den Beschäftigungsgeber oder eine andere Stelle, mit der die hinweisgebende Person beruflich im Kontakt stand, beziehen.

Das Gesetz sieht bislang bereits eine Beweislastumkehr vor, wenn die hinweisgebende Person eine Benachteiligung im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit erleidet. Dabei soll es nach der Einigung bleiben. Die Vermutung, dass die Benachteiligung eine Repressalie für den Hinweis ist, soll aber nur dann bestehen, wenn die hinweisgebende Person dies auch selbst geltend macht.

Die maximale Höhe der für Verstöße gegen das Gesetz angedrohten Bußgelder soll nach dem Kompromiss statt 100.000 Euro nur noch 50.000 Euro betragen.“

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5 Kommentare

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Whistleblowing: Am heutigen Donnerstag wird der Bundestag ein geändertes Hinweisgeberschutzgesetz beschließen. Nach dem am Dienstag im Vermittlungsausschuss beschlossenen Kompromiss sind Unternehmen und Behörden nicht mehr verpflichtet, spezielle Kanäle für anonyme Meldungen einzurichten. Zudem wird die maximale Höhe der für Verstöße gegen das Gesetz angedrohten Bußgelder statt 100.000 Euro nur noch 50.000 Euro betragen. Das Hinweisgeberschutzgesetz dient der Umsetzung der EU-Whistleblowing-Richtlinie, die bereits bis Dezember 2021 hätte erfolgen sollen. Es geht aber auch weit darüber hinaus, weil nicht nur die Meldung von Verstößen gegen EU-Recht unter Schutz gestellt wird, sondern auch der Hinweis auf Verstöße gegen deutsches Recht. Das Gesetz schützt Beschäftigte, wenn sie Straftaten und ähnliche Missstände melden, vor Entlassung oder anderen Nachteilen. Die Meldung kann bei einer internen Stelle des Arbeitgebers erfolgen oder extern beim Bundesamt für Justiz. Der Bundesrat wird dem geänderten Gesetz vermutlich am Freitag zustimmen. Das Gesetz könnte dann schon Mitte Juni in Kraft treten. Es berichten FAZ (Corinna Budras)taz (Christian Rath)LTO und netzpolitik.org (Tomas Rudl).

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Whistleblowing: Der Bundestag hat mit einem geänderten Hinweisgeberschutzgesetz einen besseren Schutz für Whistleblower:innen beschlossen, die auf Missstände in ihrem Unternehmen oder ihrer Behörde hinweisen. Am Dienstag hatte der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat Änderungen am bisherigen Gesetz der Ampelkoalition vereinbart. Der Bundesrat muss dem Gesetz an diesem Freitag noch zustimmen. tagessschau.de berichtet.

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Welche aktuellen Entwicklungen waren für die diesjährige Ausgabe außerdem besonders zu berücksichtigen?

Im Dezember 2022 wurde vom Deutschen Bundestag in verspäteter Umsetzung der EU-Whistleblowing-Richtlinie das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) verabschiedet. In Erwartung des Inkrafttretens des Gesetzes wurde ins Personalbuch das Stichwort Whistleblowing neu aufgenommen. Nachdem der Bundesrat am 10.2.2023 seine Zustimmung verweigert hatte, haben die Koalitionsfraktionen das Vorhaben in zwei Gesetzesentwürfe aufgespalten, von denen nach ihrer Auffassung nur einer der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Der nach Auffassung der Koalitionsfraktionen nicht zustimmungsbedürftige Gesetzesentwurf wurde am 30.3.2023 im Bundestag mit den Stimmen der Ampel-Fraktionen verabschiedet. Gegen die Aufspaltung des ursprünglichen Gesetzesentwurfes werden verfassungsrechtliche Bedenken vorgebracht. Das „letzte“ Wort zur Frage der Geltung des Gesetzes ist daher noch nicht gesprochen.

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Whistleblowing: Zu dem am Donnerstag vom Bundestag erneut verabschiedeten Hinweisgeberschutzgesetz hat der Bundesrat am Freitag seine Zustimmung gegeben. Zuvor hatte der Vermittlungsausschuss einen entsprechenden Kompromissvorschlag vorgelegt. Das erste Gesetz des Bundestags aus dem Dezember hatte der Bundesrat im Februar gestoppt – die unionsregierten Länder befürchteten eine zu hohe finanzielle Belastung für Unternehmen. Jetzt könne damit gerechnet werden, dass die Neuregelung Mitte Juni 2023 in Kraft treten werde – anderthalb Jahre, nachdem die eigentliche Umsetzungsfrist der EU-Whistleblowing-Richtlinie abgelaufen ist, so LTO.

Das neue Gesetz sei zwar insgesamt gelungen, sei aber viel zu spät beschlossen worden, meint Stephan Klenner (Sa-FAZ). Die Klage der EU-Kommission gegen Deutschland wäre vermeidbar gewesen, hätten insbesondere SPD und Grüne nicht versucht, in das Gesetz Punkte hineinzuschreiben, die von der EU gar nicht gefordert werden.

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