Ukraine: Neue US Sanktionen (auch für europäische Unternehmen von Belang) und EU Sanktionen - wird fortlaufend ergänzt

von Dr. Axel Spies, veröffentlicht am 24.02.2022

Als Reaktion auf die Anerkennung bestimmter Regionen der Ukraine als unabhängige Staaten durch die Russische Föderation hat US-Präsident Biden die Verhängung zusätzlicher Sanktionen gegen Russland genehmigt und angedeutet, dass weitere Sanktionen in Betracht gezogen werden. Die Sanktionen bauen auf den US-Maßnahmen vom März 2014 auf, mit denen der damalige Präsident Obama umfangreiche Sanktionen gegen Personen in Russland sowie ein umfassendes Embargo gegen die Region Krim verhängt hatte. Hier ein Überblick:

NEUE EXECUTIVE ORDER

Am 21.02.22 erließ Präsident Biden als Reaktion auf die Anerkennung der ukrainischen Regionen DNR (Donezk) und LNR (Luhansk) als unabhängige Staaten durch Russland eine Executive Order (EO). Die EO folgt den Sanktionen gegen die Krim-Region und verbietet dementsprechend:

  • Alle Neuinvestitionen in den betroffenen Regionen durch US-Personen, unabhängig vom Standort;
  • direkte oder indirekte Importe von Waren, Dienstleistungen oder Technologie aus den DNR/LNR in die Vereinigten Staaten;
  • direkte oder indirekte Exporte, Reexporte, Verkäufe oder Lieferungen von Waren, Dienstleistungen oder Technologie aus den Vereinigten Staaten oder durch eine US-Person, wo auch immer sie ansässig ist, in die DNR/LNR; sowie
  • die Genehmigung, Finanzierung, Erleichterung oder Garantie einer Transaktion einer ausländischen Person durch eine US-Person, unabhängig von ihrem Standort, die verboten wäre, wenn sie von einer US-Person durchgeführt würde.

Anm: Zu den US-Personen zählen alle US-Bürger, Personen mit ständigem Wohnsitz in den USA (Green-Card-Inhaber), juristische Personen nach US-Recht einschließlich ihrer ausländischen Niederlassungen (!) und alle Personen in den Vereinigten Staaten.

Die EO ermächtigt ferner das Office of Foreign Assets Control (OFAC) auch zur Verhängung von Blockiersanktionen gegen jede Person, die

  • seit dem 21.02.22 in den erfassten Regionen tätig ist oder war;
  • seit dem 21.02.22 Leiter, Beamter, leitender Angestellter oder Vorstandsmitglied eines Unternehmens sind oder waren, das in den betroffenen Regionen tätig ist; sowie
  • eine gesperrte Person materiell unterstützt, gesponsert oder ihr finanzielle, materielle oder technologische Unterstützung oder Waren oder Dienstleistungen zur Verfügung gestellt zu haben.

AUSNAHMSWEISE GENEHMIGTE TÄTIGKEITEN

In Verbindung mit der EO erteilte das OFAC auch sechs allgemeine Lizenzen, die bestimmte Aktivitäten von US-Personen zulassen, die andernfalls gegen die Verbote des EO verstoßen würden. Gegenwärtig sind nur folgenden Aktivitäten erlaubt:

  • Abwicklungsgeschäfte, die die DNR oder LNR-Regionen der Ukraine betreffen, sowie Abwicklungsgeschäfte, Verträge oder andere Vereinbarungen, die vor dem 21.02.22 in Kraft waren und Exporte in die und Importe aus den DNR und LNR-Regionen der Ukraine bis zum 23.03.22 betreffen
  • Exporte und Reexporte von landwirtschaftlichen Erzeugnissen, Medikamenten, medizinischen Geräten, Ersatzteilen und Komponenten sowie Software-Updates für medizinische Geräte in die abgedeckten Regionen sowie Transaktionen, die für die Prävention, Diagnose oder Behandlung von COVID-19 in den abgedeckten Regionen erforderlich sind, 
  • den Empfang oder Übermittlung von Telekommunikation und Empfang oder Übermittlung von Post und Paketen durch gewöhnliche Transportunternehmen
  • offizielle Geschäfte bestimmter internationaler Organisationen und Körperschaften durch deren Angestellte, Zuschussempfänger und Auftragnehmer
  • Überweisungen von nichtkommerziellen, persönlichen Geldtransfers in oder aus den Erfassten Regionen oder für oder im Namen einer Person mit gewöhnlichem Wohnsitz in den Erfassten Regionen sowie
  • Exporte und Reexporte in die Erfassten Regionen von Diensten, die mit dem Austausch persönlicher Kommunikation über das Internet verbunden sind (z. B. Instant Messaging, Chat und E-Mail, soziale Netzwerke und die gemeinsame Nutzung von Fotos und Filmen), sowie von damit verbundener Software, die zur Ermöglichung solcher Dienste erforderlich ist.

OFAC-SANKTIONSSPERREN

Am selben Tag nahm das OFAC außerdem mehrere russische Personen und Einrichtungen in seine Liste der "Specially Designated Nationals and Blocked Persons" (SDN) auf, darunter die Korporation Bank für Entwicklung und Außenwirtschaft Vnesheconombank (VEB) und die Promsvyazbank Public Joint Stock Company (PSB) sowie 42 ihrer Tochtergesellschaften. Das OFAC hat außerdem fünf Schiffe benannt, die sich im Besitz der PSB Lizing OOO, einer benannten Tochtergesellschaft der PSB, befinden. Unabhängig davon benannte das OFAC fünf russische „Eliten“, die dem russischen Präsidenten Putin nahestehen, von denen zwei bereits zuvor auf der Liste standen und im Rahmen der aktuellen Ermächtigung neu benannt wurden.

Als SDNs dürfen diese Personen und Organisationen keine Geschäfte mehr in den Vereinigten Staaten oder mit US-Personen tätigen und sind vom US-Finanzsystem abgeschnitten. Alle Vermögenswerte, die der US-Gerichtsbarkeit unterliegen, werden eingefroren ("blockiert" im Sinne der EO), US-Personen ist es untersagt, mit ihnen Geschäfte zu machen, Wie bei den meisten OFAC-Sanktionsprogrammen gelten die gleichen Sanktionen auch für Unternehmen, die zu 50 % oder mehr einem oder mehreren SDN gehören.

Heute gab Präsident Biden dann auch eine Erklärung ab, in der er die Regierung anwies, Sanktionen gegen die Nord Stream 2 AG und ihre leitenden Angestellten zu verhängen.

Außerdem erließ das OFAC eine Richtlinie 1A gem. Executive Order 14024. Diese erweitert die US-Beschränkungen für den Handel mit russischen Staatsanleihen durch US-Finanzinstitute auf die Beteiligung am Sekundärmarkt für Anleihen, die nach dem 1.03.22 von der Zentralbank der Russischen Föderation, dem Nationalen Vermögensfonds der Russischen Föderation oder dem Finanzministerium der Russischen Föderation ausgegeben werden. Im Gegensatz zu den Blockade- und Sektorsanktionen gelten die Verbote in Bezug auf russische Staatsanleihen nicht für Unternehmen, die zu 50 % oder mehr im Besitz dieser Unternehmen sind. In Verbindung mit den neuen Verboten erteilte das OFAC zwei allgemeine Genehmigungen, um (1) die Bedienung von Anleihen, die vor dem 1. März 2022 von der VEB oder ihren Tochtergesellschaften ausgegeben wurden, und  (2) die Abwicklung von Transaktionen, an denen die VEB oder ihre Tochtergesellschaften beteiligt sind, bis zum 24.03.22 zu genehmigen.

Fazit: Die Situation ist nach wie vor im Fluss und entwickelt sich weiter. Daher werden sich diese Sanktionen sowie mögliche künftige Sanktionen wahrscheinlich ändern, um den geopolitischen Entwicklungen zwischen Russland und der Ukraine Rechnung zu tragen.

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

253 Kommentare

Kommentare als Feed abonnieren

https://finance.ec.europa.eu/eu-and-world/sanctions-restrictive-measures/sanctions-adopted-following-russias-military-aggression-against-ukraine/frequently-asked-questions-sanctions-against-russia_en

Consolidated version

Consolidated version of the FAQs on sanctions against Russia and Belarus.

Central securities depositories

FAQs on sanctions against Russia and Belarus, with focus on the following provisions: Articles 5e and 5f of Council Regulation (EU) No 833/2014.

Chemicals

FAQs on sanctions against Russia and Belarus, with focus on the following provisions: Articles 5aa and 11 of Council Regulation (EU) No 833/2014 and Council Regulation (EU) No 269/2014

https://finance.ec.europa.eu/eu-and-world/sanctions-restrictive-measures/sanctions-adopted-following-russias-military-aggression-against-ukraine/frequently-asked-questions-sanctions-against-russia_en

Consolidated version

Consolidated version of the FAQs on sanctions against Russia and Belarus.

Imports, purchase and transfer of listed goods

FAQs on sanctions against Russia and Belarus, with focus on the following provisions: Articles 3g, 3i, 3m and 3o of Council Regulation (EU) No 833/2014.

Export-related restrictions for dual-use goods and advanced technologies

FAQs on sanctions against Russia and Belarus, with focus on the following provisions: Articles 2, 2a and 2b of Council Regulation (EU) No 833/2014. Correlation table included.

https://eur-lex.europa.eu/oj/daily-view/L-series/default.html?&ojDate=05082024

2024/2113

Durchführungsverordnung (EU) 2024/2113 des Rates vom 26. Juli 2024 zur Durchführung des Artikels 8a Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 765/2006 über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Belarus und der Beteiligung von Belarus an der Aggression Russlands gegen die Ukraine

2024/2116

Durchführungsbeschluss (GASP) 2024/2116 des Rates vom 26. Juli 2024 zur Durchführung des Beschlusses 2012/642/GASP über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Belarus und der Beteiligung von Belarus an der Aggression Russlands gegen die Ukraine

Seiten

Kommentar hinzufügen