AG Passau: Akteneinsicht in 5 Bilder vor und 5 Bilder nach der Messung! Dazu noch das erste und letzte Lichtbild

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 10.06.2024
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht1|837 Aufrufe

Diese Idee des AG Passau finde ich auch richtig gut: Großzügige Akteneinsicht, aber nicht ausufernd. Klasse gelöst. Erstes und letztes Messfoto und die Messfotos unmittelbar um die in Rede stehende Einzelmessung herum. So geht`s!

 

 

Das bayerische Polizeiverwaltungsamt wird angewiesen, dem Verteidiger die mit Antragsschriftssatz vom 16.12.2023 angeforderten Unterlagen in Form des ersten und des letzten Bildes der gesamten Messereihe sowie der jeweils 5 Bilder vor und nach der Messung des Betroffenen im Rahmen einer erneuten Akteneinsicht zur Verfügung zu stellen.

 Gründe: 

 Gegen den Betroffenen wird ein Bußgeldverfahren wegen der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften geführt.

 Im Rahmen dieses Bußgeldverfahrens hat sich für den Betroffenen Herr Rechtsanwalt F. S. als Verteidiger angezeigt und Akteneinsicht beantragt.

 Diesem Akteneinsichtsgesuch ist mit Ausnahme der im Beschlusstenor genannten Unterlagen nachgekommen worden.

 Gegen die Versagung der Gewährung von Akteneinsicht in die im Beschlusstenor genannten Unterlagen hat der Verteidiger mit Schriftsatz vom 16.12.2023 Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 62 OWiG gestellt.

 Dieser Antrag erweist sich als zulässig und begründet.

 Grundsätzlich steht einem Verteidiger ein Akteneinsichtsrecht zu gemäß § 46 I OWiG in Verbindung mit § 147 StPO.

 Dieses umfasst regelmäßig lediglich die in der Akte des Bußgeldverfahrens enthaltenen Unterlagen. Das Akteneinsichtsrecht begründet grundsätzlich keinen Anspruch auf Erweiterung des Aktenbestandes.

 Ein solcher Anspruch ergibt sich jedoch im vorliegenden Verfahren aus der gesetzlich gebotenen Aufklärungspflicht, denn die im Beschlusstenor genannten Unterlagen sind zur Überprüfung der verfahrensgegenständlichen Messung durch einen Sachverständigen spätestens diesem in der Praxis regelmäßig vorzulegen.

 Entgegen der Rechtsansicht des BayObLG verwenden Sachverständige diese Bilder der Messreihe zur Überprüfung einer Geschwindigkeitsmessung regelmäßig und ziehen aus diesen Rückschlüsse auf die Richtigkeit bzw.Unrichtigkeit der Messung, welche sich beispielsweise durch eine im Rahmen des Vergleichs der Messbilder festzustellende Veränderung der Bildeinstellung ergeben kann. 

AG Passau Beschl. v. 13.2.2024 – 4 OWi 749/23, BeckRS 2024, 7328

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1 Kommentar

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Ein Amtsrichter, der dem OLG ganz höflich mitteilt, dass es keine Ahnung hat. Klasse!

OLG-Richter und -Richterinnen stellen sich halt von ich aus nicht die Frage, wie man anhand eines Fotos ausschließen will, dass unzulässige Bedienhandlungen in Form einer Positionsveränderung des Messgeräts oder Änderung des Bildausschnitts stattgefunden haben. Spoiler: Selbst wenn man es unbedingt wollte, können tut man es nicht

Vielleicht fangen auch OLG-Richter und -Richterinnen irgendwann mal damit an, sich unabhängig technisch zu informieren, anstatt immer nur die (nicht selten abenteuerlich unsinnigen) Stellungnahmen der PTB blind als Bewertungsmaßstab zu übernehmen und in ihren Beschlüssen runterzubeten.

Von der Sache her ist die Idee des AG Passau ok. Wobei sich allerdings die Frage stellt, warum es gerade 5 Messungen sein sollen. Wenn die und die erste und letzte Messung der Messreihe herausgegeben werden, warum dann nicht gleich die ganze Messreihe?

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