Referentenentwurf: Digitales Zugangsrecht zum Betrieb

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 13.09.2024
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|669 Aufrufe

Seit kurzem liegt ein neuer „Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales und des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Tarifautonomie durch die Sicherung von Tariftreue bei der Vergabe öffentlicher Aufträge des Bundes und weitere Maßnahmen (Tariftreuegesetz)“ vor. Die Diskussion wird sich sicherlich vor allem um die Sicherung der Tariftreue drehen. Doch was sind die „weiteren Maßnahmen“, die der Titel erwähnt? Das sind verschiedene Gesetzesänderung, die mit der Sicherung der Tariftreue wenig zu tun haben. Bemerkenswert ist, dass die Regierung – in Umsetzung des Koalitionsvertrags – jetzt ein digitales Zugangsrecht zum Betrieb plant. Dafür soll es Änderungen im Betriebsverfassungsgesetz und im Tarifvertragsgesetz geben. Die Änderungen im Wortlaut:

 

Ergänzung des § 2 BetrVG

„1. Absatz 2 wird wie folgt geändert:

a) Nach den Wörtern „Zugang zum Betrieb“ werden die Wörter „einschließlich der im Betrieb zur Kommunikation verwendeten Informations- und Telekommunikationstechnologien“ eingefügt.

b) Folgender Satz wird angefügt:

„Auf rechtzeitiges Verlangen hat der Arbeitgeber die erforderlichen und zumutbaren Mitwirkungshandlungen vorzunehmen, insbesondere die betrieblichen E-MailAdressen der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer herauszugeben.“

2. Nach Absatz 2 wird folgender Absatz 2a eingefügt:

„(2a) Ist ein Recht auf Zugang zum Betrieb oder zu den im Betrieb zur Kommunikation verwendeten Informations- und Telekommunikationstechnologien verbindlich zwischen einem Arbeitgeber und einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft geregelt, geht diese Regelung dem Absatz 2 vor, soweit dies der Wahrnehmung der in diesem Gesetz genannten Aufgaben und Befugnisse der im Betrieb vertretenen Gewerkschaften nicht entgegensteht.“

 

Neuer § 8a BetrVG

㤠8a

Zugangsrecht von Arbeitnehmervereinigungen zum Betrieb

(1) Zur Mitgliederwerbung und Information von Arbeitnehmern ist den Beauftragten einer nach ihrer Satzung für den Betrieb zuständigen Vereinigung von Arbeitnehmern in angemessenem Umfang Zugang zum Betrieb einschließlich der im Betrieb zur Kommunikation verwendeten Informations- und Telekommunikationstechnologien zu gewähren. Dies gilt nicht, soweit unumgängliche Notwendigkeiten des Betriebsablaufs, zwingende Sicherheitsvorschriften oder der Schutz von Betriebsgeheimnissen entgegenstehen. Auf rechtzeitiges Verlangen hat der Arbeitgeber die erforderlichen und zumutbaren Mitwirkungshandlungen vorzunehmen, insbesondere die betrieblichen EMail-Adressen der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer herauszugeben.

(2) Ist ein Recht auf Zugang zum Betrieb oder zu den im Betrieb zur Kommunikation verwendeten Informations- und Telekommunikationstechnologien verbindlich zwischen einem Arbeitgeber und einer Vereinigung von Arbeitnehmern geregelt, geht diese Regelung insoweit dem Absatz 1 vor.“

Hier besteht noch erheblicher Diskussionsbedarf (vgl. hierzu Stoffels, Digitale Zugangsrechte für Betriebsräte und Gewerkschaften zum Betrieb, in: ZfA 2023, 561). Man kann nur hoffen, dass die geplanten Gesetzesänderungen die gebührende Aufmerksamkeit erfahren und nicht im Streit um die Tariftreue untergehen.

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