Recht auf Nutzungsüberlassung an einem Dienstfahrzeug auch nach sechswöchiger Krankheit?

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 09.05.2009

In der Praxis stellt sich immer wieder die Frage, ob der Arbeitgeber berechtigt ist, nach Ablauf des sechswöchigen Zeitraums für die Gewährung von Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall einen dem Arbeitnehmer auch zur privaten Nutzung überlassenen Dienstwagen zurückzufordern. Weitgehende Einigkeit besteht zunächst dahingehend, dass die Überlassung eines Firmenwagens zur privaten Nutzung einen geldwerten Vorteil und Sachbezug darstellt und damit zum fortzuzahlenden Arbeitsentgelt nach § 4 EFZG zählt. Das Fahrzeug ist dem Arbeitnehmer daher auch während seiner Arbeitsunfähigkeit zu belassen, solange eine Pflicht zur Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber besteht. Endet dieser Anspruch, so bedarf es einer besonderen Rechtsgrundlage, um einen Anspruch auf Weitergewährung zu rechtfertigen. Als solche kommt in erster Linie der Arbeitsvertrag bzw. ein separat abgeschlossener "Dienstwagenüberlassungsvertrag" in Betracht. Lässt sich den vertraglichen Vereinbarungen keine Weiternutzungsbefugnis entnehmen, hält die h.M. den Arbeitnehmer für verpflichtet, den Dienstwagen an den Arbeitgeber herauszugeben. In diesem Sinne hat kürzlich auch das ArbG Stuttgart (Urteil vom 25.2.2009 - 20 Ca 1933/08, BeckRS 2009, 55035) entschieden. Die Privatnutzungsbefugnis stelle - so das ArbG Stuttgart - eine zusätzliche synallagmatische Gegenleistung zur vom Arbeitnehmer geschuldeten Arbeitsleistung dar. Erbringe der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung nicht und trete damit zeitabschnittsweise Unmöglichkeit (§ 275 Abs. 1 BGB) ein, so entfalle nach § 326 Abs. 1 BGB zugleich die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Erbringung der Gegenleistung. Diese Rechtsfolge aktualisiere sich mit Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums. Das ArbG prüft noch weitere in Betracht kommende Rechtsgrundlagen, allerdings allesamt mit negativem Ergebnis. Allerdings hat das Arbeitsgericht Stuttgart dem Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung zuerkannt. Das BAG habe sich zur Frage der Fortgewährung der PKW-Nutzungsüberlassung noch nicht geäußert und eine einheitliche LAG-Rechtsprechung hierzu sei nicht (mehr) zu erkennen.

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6 Kommentare

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Diese Entscheidung ist aus meiner Sicht sachgerecht. Grundsätzlich gilt sowieso, ohne Leistung keine Gegenleistung.

Hat der Arbeitnehmer trotz der Arbeitsfreistellung wegen Krankheit einen Anspruch auf zeitlich begrenzte Entgeltfortzahlung und fällt dieser Anspruch nach 6 Wochen weg, können auch die anderen Vorteilsgewährungen mit Wegfall der Lohnfortzahlungspflicht entfallen. Ein Arbeitsverhältnis ist keine Lebensversicherung.

 

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Sehe das genau so! Habe da zwar noch nie drüber nachgedacht, aber das Ergebnis überrascht nicht und ist in der Tat sachgerecht.

 

Mal eine Frage, die sich anschließt: Gilt für das Krankengeld dann zu berücksichtigendes Einkommen = Gehalt + geldwerter Vorteil des Wagens?

Also: Wird dieser dann mit berücksichtigt?

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Ich sehe das so:

Ein wesentlicher Unterschied besteht aber doch zum normalen Entgelt. Geld ist absolut austauschbar, das entfallende Entgelt kann der AN durch eigene Ersparnisse o.ä. kompensieren. Einen Zweitwagen wird er häufig nicht zur Verfügung haben. Auswirkungen hat das aber nicht. In den meisten Fällen dürfte dem AN ohnehin rechtzeitig absehbar sein, dass er den Anspruch auf das Dienstfahrzeug verliert und kann sich darauf einrichten. Ansonsten kann er sich vorübergehend mit anderen Verkehrsmitteln behelfen oder einen Mietwagen nehmen, bis er sich eigenes Fahrzeug beschafft hat. Ausnahmen mag es in Härtefällen geben.

Nähme man an, der AG habe dem AN den Wagen weiter zu überlassen, da dieser auf Fahrzeug zur täglichen Lebensführung angewiesen ist, bestünde der Überlassungsanspruch nicht mehr aufgrund der Entgeltvereinbarung, sondern aus vertraglichen Rücksichtnahmepflichten. Der AN hätte dem AG dann die Nutzungsmöglichkeit zu vergüten.

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Ohne jetzt die sachliche "Richtigkeit" dieser Entscheidung anzuzweifeln, frage ich mich jedoch, ob die im Beitrag von Herrn Prof. Dr. Stoffels angesprochene Unmöglichkeit gem. § 275 auf Abs. I oder Abs. III BGB zu stützen ist? Theoretisch kann doch auch der vollkommen kranke Arbeitnehmer sagen: "Okay, ich bin hier zwar kurz davor über den Jordan zu gehen, aber zur Arbeit gehe ich trotzdem." Was meinen die anderen Leser?

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@L., #4

M.E. ist § 275 BGB nur dann von Bedeutung, wenn der AN nicht zur Arbeit kommt. Dann stellt sich die Frage nach einer Arbeitspflichtverletzung oder rechtmäßigem Fernbleiben wegen Befreiung von der Arbeitspflicht.

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@ Gast/ # 5:

Der Autor des Beitrags erwähnt § 275 BGB, daher gehe ich davon aus, dass er an dieser Stelle von Bedeutung ist. Außerdem haben wir im Krankheitsfall normalerweise auch ein Fernbleiben von der Arbeitsstelle.

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