Mecklenburg-Vorpommern soll im großen Umfang Autokennzeichen gescannt und mit Fahndungslisten abgeglichen haben - Kritiker drohen mit Karlsruhe

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 06.08.2009Wie Spiegel-Online bereits am 28.07.2009 berichtete, soll Mecklenburg-Vorpommern im großen Stil Autokennzeichen gescannt und mit Fahndungslisten abgeglichen haben. Bei 49 Einsätzen seien rund 73.000 Kennzeichen in der Grenzregion zu Polen fotografiert und überprüft worden. Im Wege dieser Fahndung seien Personen ermittelt worden, denen Eigentums- und Diebstahldelikte sowie Versicherungsbetrug vorgeworfen würden. Das Vorgehen hat wegen Vorgaben aus Karlsruhe aus dem Jahr 2008 (NJW 2008, 1505) Kritiker auf den Plan gerufen, die mit einem erneuten Gang nach Karlsruhe drohen. Das BVerfG hatte seinerzeitdie polizeirechtlichen Vorschriften in Hessen und Schleswig-Holstein, die zur automatisierten Erfassung der amtlichen Kfz-Kennzeichen ermächtigen, für nichtig erklärt.

 

Kennzeichenüberwachung nur bei konkretem Anlass!

Die Karlsruher Richter hatten 2008 der flächendeckenden und dauerhaften Kennzeichenüberwachung eine Absage erteilt. Damit entsprechende Überwachungsgeräte eingesetzt werden dürften, müsse ein konkreter Anlass vorliegen. Um diesen Vorgaben gerecht zu werden, haben einige Bundesländer ihre Polizeigesetze geändert - nicht so Mecklenburg-Vorpommern. Laut Spiegel-Online hat sich das Bundesland mit einer Verwaltungsvorschrift begnügt, die regelt, welche Kennzeichen in die Fahndungsliste aufgenommen werden. Wer nicht wegen einer Straftat gesucht, sondern nur von der Polizei beobachtet werde, lande nach Angaben des Landesinnenministeriums nicht in der automatischen Kennzeichen-Fahndung. Nach Expertenansicht verstoßen aber selbst einige der Länder, die ihre Gesetze nach dem BVerfG-Urteil geändert haben, gegen Verfassungsrecht.

Aus der Datenbank beck-online

Guckelberger, Zukunftsfähigkeit landesrechtlicher Kennzeichenabgleichsnormen, NVwZ 2009, 352

Roßnagel, Verfassungsrechtliche Grenzen polizeilicher Kfz-Kennzeichenerfassung, NJW 2008, 2547

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4 Kommentare

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Die Bedenken von Verfassungsrechtlern wegen der Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung bei massenhafter verdachtloser Erfassung von KFZ-Kennzeichen würden sich mit der von Bundesverkehrsminister Dobrindt geplanten PKW-Maut aber doch wohl umgehen lassen, oder nicht?

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Die Polizei Brandenburg speichert seit Jahren jeden Tag 55.000 Kennzeichen. Nachdem der zuständige Abteilungsleiter im Innenministerium die Auto-Vorratsdatenspeicherung kritisiert, wird er versetzt. Das endgültige Gutachten rechtfertigt jetzt die Überwachung – wir veröffentlichen es.

https://netzpolitik.org/2019/brandenburg-spitzenbeamter-fordert-stopp-der-kennzeichenerfassung-und-wird-versetzt/#2019-07-01_MIK-Brandenburg_Pr%C3%BCfbericht-KESY

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Die Polizei Brandenburg speichert seit Jahren jeden Tag 55.000 Kennzeichen. Nachdem der zuständige Abteilungsleiter im Innenministerium die Auto-Vorratsdatenspeicherung kritisiert, wird er versetzt. Das endgültige Gutachten rechtfertigt jetzt die Überwachung – wir veröffentlichen es.

https://netzpolitik.org/2019/brandenburg-spitzenbeamter-fordert-stopp-der-kennzeichenerfassung-und-wird-versetzt/#2019-07-01_MIK-Brandenburg_Pr%C3%BCfbericht-KESY

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Die Polizei Brandenburg speichert seit Jahren jeden Tag 55.000 Kennzeichen. Nachdem der zuständige Abteilungsleiter im Innenministerium die Auto-Vorratsdatenspeicherung kritisiert, wird er versetzt. Das endgültige Gutachten rechtfertigt jetzt die Überwachung – wir veröffentlichen es.

https://netzpolitik.org/2019/brandenburg-spitzenbeamter-fordert-stopp-der-kennzeichenerfassung-und-wird-versetzt/

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