Neues zum AGG

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 15.11.2009

Das Hessische LAG hat einem schwerbehinderten Bewerber eine Entschädigung zugesprochen, weil er bei seiner Bewerbung um einen ausgeschriebenen Arbeitsplatz wegen seiner Behinderung benachteiligt worden sei  (Urteil vom 28.8.2009 - 19/3 Sa 1636/09). Hintergrund dieses Rechtsstreits ist die Regelung des § 82 SGB IX, wonach öffentliche Arbeitgeber im Zuge von Bewerbungen schwerbehinderter Menschen besondere Pflichten treffen. So sind sie verpflichtet, schwerbehinderte Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Eine Einladung ist nur entbehrlich, wenn die fachliche Eignung offensichtlich fehlt. Ein Verstoß gegen diese Pflicht stellt grundsätzlich ein Indiz für eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes dar (§ 22 AGG). Im jetzt entschiedenen Fall konnte sich der Arbeitgeber nicht darauf berufen, dass der Bewerber für die zu besetzende Stelle offensichtlich nicht geeignet ist, da die nach dem Anforderungsprofil in der Stellenausschreibung geforderten Voraussetzungen in seiner Person vorlagen. Insoweit müsse der öffentliche Arbeitgeber sich an dem Wortlaut seiner Stellenausschreibung festhalten lassen.
Zur Widerlegung der Benachteiligungsvermutung könne sich der Arbeitgeber zwar auf alle geeigneten objektiven Tatsachen berufen. Daran sei er durch eine fehlende Unterrichtung nach § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX nicht gehindert. Ein öffentlicher Arbeitgeber könne sich allerdings nur auf solche Auswahlgründe stützen, die dokumentiert sind. Im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens sei zwar die Ergänzung, nicht aber die Nachholung der Dokumentation zulässig. Im Übrigen sah das LAG die Klage des abgelehnten Bewerbers auch nicht als rechtsmissbräuchlich an.  

Im übrigen bestätigt sich aber der Trend, dass Klagen mit Bezug zum AGG Ausnahmecharakter haben. "In Rheinland-Pfalz gibt es keine Prozessflut durch die so genannten AGG-Verfahren". Dies teilte Staatssekretärin Beate Reich (SPD) am 13.11.2009 in Mainz mit. Entgegen zahlreicher Befürchtungen spielten diese Verfahren in Rheinland-Pfalz eine sehr untergeordnete bis gar keine Rolle. Im Erhebungszeitraum vom 01.10.2008 bis 30.09.2009 seien bei den Arbeitsgerichten in Rheinland-Pfalz 18 Verfahren mit Bezug zum AGG eingegangen. Dies entspreche 0,10 Prozent aller erstinstanzlichen Neueingänge.

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