BAG zur Ablehnung eines Einigungsstellenvorsitzenden wegen Befangenheit

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 27.04.2011

Gelegentlich mag einer der beiden Betriebspartner im Verlaufe der Sitzung einer Einigungsstelle den Eindruck bekommen, dass die oder der Vorsitzende befangen sein könnte. Dann stellt sich die Frage, zu welchem Zeitpunkt und in welcher Weise der Befangenheitsantrag geltend zu machen und von wem darüber zu entscheiden ist.

Entsprechende Anwendung der §§ 1025 ff. ZPO

Bereits seit längerer Zeit wendet das BAG auf das Verfahrensrecht der Einigungsstelle die Vorschriften der ZPO über das schiedsgerichtliche Verfahren (§§ 1025 ff. ZPO) entsprechend an. Das gilt, wie der Siebte Senat jetzt bestätigt hat, auch für das Verfahren über die Ablehnung des Vorsitzenden:

Der Vorsitzende einer Einigungsstelle kann zu jedem Zeitpunkt des Einigungsstellenverfahrens wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden (§ 1037 Abs. 2 ZPO: aber nur innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntwerden der die Besorgnis der Befangenheit begründenden Umstände). Legt der für befangen gehaltene Vorsitzende sein Amt nicht von sich aus nieder, entscheidet die Einigungsstelle über den Ablehnungsantrag (§ 1037 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Nach § 76 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 1 BetrVG beschließt sie ohne den abgelehnten Vorsitzenden. Findet der Ablehnungsantrag unter den Beisitzern der Einigungsstelle keine Mehrheit, kann innerhalb eines Monats das Arbeitsgericht angerufen werden, um eine gerichtliche Entscheidung herbeizuführen (§ 1037 Abs. 3 ZPO). Währenddessen entscheidet die Einigungsstelle unter Beteiligung des für befangen gehaltenen Vorsitzenden darüber, ob sie das Verfahren fortsetzt oder es ggf. bis zur gerichtlichen Entscheidung über die geltend gemachten Ablehnungsgründe aussetzt (§ 1037 Abs. 3 Satz 1 und 2 ZPO).

Entscheidung des Arbeitsgerichts ist unanfechtbar

Die gerichtliche Entscheidung trifft das Arbeitsgericht in der vollen Kammerbesetzung, und zwar in erster und zugleich letzter Instanz (vgl. § 1065 Abs. 1 ZPO). Eine Beschwerde an das LAG ist unzulässig (BAG, Beschluss vom 17.11.2010 - 7 ABR 100/09).

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