Führt der geplante Umbau des Punktesystems zu einer "Revolution in Flensburg" wie der ADAC meint?

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 14.02.2012

Zunächst einmal: Genaues weiß man noch nicht. Aber entsprechend der Ankündigung im Koalitionsvertrag 2009 will Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) nun bis Ende Februar die Eckpunkte präsentieren. Das Punktesystem soll einfacher und transparenter werden, weil beim derzeitigen System niemand mehr so richtig durchblicke.

 

Zur bisherigen Rechtslage: Ordnungswidrigkeiten ab einem Bußgeld von 40 Euro werden mit 1 bis 4 Punkten bewertet, für Straftaten kommen 5 bis 7 Punkte in die Kartei. Was die Reform genau für die große Palette der Delikte bedeuten wird, steht nicht endgültig fest. Klar ist: Für Vergehen, bei denen es bisher bis zu 3 Punkte gab, soll es nur noch 1 Punkt geben. Für alle schwereren Vergehen - bisher mit 3 bis 7 Punkten bewertet - ist nach Informationen der «Bild»-Zeitung eine zweite Gruppe geplant: mit 2 Punkten.

 

Beispiel: Wer innerorts mit 31 bis 40km/h zu schnell fährt, bekäme künftig 1 Punkt statt 3 Punkte. Die «Höchststrafe», der Entzug des Führerscheins, soll voraussichtlich bereits ab 8 Punkten greifen; bisher sind es 18. «Das klingt drastisch», räumt Ramsauer ein. Dies relativiere sich aber, da eben auch die Punktezahlen für die jeweiligen Delikte sinken.

 

Die Versicherungsbranche hält die Stoßrichtung für gut. Studien würden belegen, dass nicht die Punktezahl entscheidend für die Ermittlung notorischer Verkehrssünder sei, sondern die Zahl der Delikte. Dagegen sehen Juristen auch Nachteile: «Es erscheint höchst problematisch, wenn zur Verwaltungsvereinfachung kleine Nachlässigkeiten eines ansonsten verantwortungsbewussten Autofahrers mit dem bedenkenlosen Fehlverhalten von Verkehrsrowdies gleichgesetzt werden», sagt Oskar Riedmeyer, Vizepräsident des Deutschen Anwaltvereins. Der Autoclub Europa hat ebenfalls Bedenken gegen eine radikale Beschränkung auf ein zweigeteiltes Punktesystem mit zu wenig Differenzierungen.

 

Mal sehen, was auf den Tisch gelegt wird. 

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4 Kommentare

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Das Punktesystem soll einfacher und transparenter werden.

Wesentliches Element der Reform: "Teile die Punkte durch zweieinhalb und runde großzügig".

Da frage ich mich: Wenn ich das Punktesystem schon bisher für einfach und transparent gehalten habe -- liegt das vielleicht bloß daran, dass ich auch mit zweistelligen Zahlen rechnerisch noch halbwegs klarkomme?

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Die reformierte Verkehrssünderkartei wird jedenfalls die Verkehrssicherheit nicht verbessern, auch wenn dies als Effekt genannt wird. Eine verbesserte Verkehrssicherheit ist nur durch eine konsequente Verkehrsüberwachung zu erreichen, wie sich anschaulich zeigt, wenn ein Streifenfahrzeug vor einem unterwegs ist, das sich an eine Geschwindigkeitsbeschränkung strikt hält - und selbst wenn der Streifenfahrzeug langsamer fährt, zögern schon viele Verkehrsteilnehmer mit dem Überholen des vorausfahrenden Polizeifahrzeugs.

 

Im Übrigen: Wer mit überhöhter Geschwindigkeit unterwegs ist, denkt in aller Regel nicht daran, wie viele Punkte er erhält und wann der Führerschein weg ist; der Fahrer geht vielmehr davon aus, dass er nicht erwischt wird. 

Eine (eher kleine) Revolution wird es wohl nur für die Punkteverwaltung in Flensburg sein. Aber ob das neue Punktesystem  Effekte für die Verkehrssicherheit haben wird, daran zweifle ich auch. Grundsätzlich hilft ein Punktesystem insofern, als diejenigen, die schon Punkte haben, im Straßenverkehr vorsichtiger sein sollten und wohl auch sind.  Aber von der konkreten Ausgestaltung des Punktesystems wird es weniger abhängen, wie sich Verkehrsteilnehmer dann verhalten.

 

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