Die verpuffte Mietrechtsreform - oder : die gebremste Mietpreisbremse

von Dr. Michael Selk, veröffentlicht am 28.09.2018
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Der Gesetzgeber kraiste und gebar eine Maus. Im Mietrecht ist dies leider schon oft genug geschehen - eines der eindrucksvollsten Beispiele ist § 536 Ia BGB, wonach eine Mietminderung bei Modernisierungsmaßnahmen für die ersten drei Monate ausscheidet. In der Praxis spielt diese vor einigen Jahren breit diskutierte Norm kaum irgendeine Rolle, und die Zahl der veröffentlichten Gerichtsentscheidungen dazu geht gegen Null.

Ähnliches gilt für die Mietrechtsreform, die nun vom Bundeskabinett am 5. September beschlossen wurde und Anfang 2019 in Kraft treten soll: RegE: Gesetz zur Ergänzung der Regelungen über die zulässige Miethöhe bei Mietbeginn und zur Anpassung der Regelungen über die Modernisierung der Mietsache(PDF, 131KB, Datei ist nicht barrierefrei) . Die wesentlichen Änderungen sind die Herabsenkung der Modernisierungsmieterhöhung auf 8% der Kosten, die Deckelung einer Modernisierung auf 3 Euro pro qm, die vereinfachte Modernisierungsmieterhöhung, die Abschaffung der qualifizierten Rüge bei einer Mietpreisüberhöhung, die Folgen einer nicht erteilten Auskunft über die Vormiete und die zivil- und bußgeldrechtlichen Vorschriften zum sog. "Herausmodernisieren".

Die Absicht des Gesetzgebers, mit den weiteren Deckelungen der Modernisierungsmieterhöhungen eine gewisse Ruhe auf dem Wohnungsmarkt zu erreichen, wird nicht funktionieren. Ein Mieter, der in einer Wohnung aus den 60er Jahren lebt und dort etwa 6 Euro pro qm Miete für seine 70 qm große Wohnung zahlt, wird eine Mieterhöhung nach einer Modernisierung (neue Fenster, Wärmedämmung usw) von bis zu 3 Euro pro qm, also um 210 Euro, zu Recht als immens empfinden; von 420 auf 630 Euro ist ein großer Schritt.

Auch die Regelungen über die Mietpreisbremse überzeugen nicht. Ungeregelt ist der Fall der falsch erteilten Auskunft - nur die nicht erteilte ist Gegenstand des § 556g Ia S.2 n.F. Verkannt wird zudem, dass viele Gemeinden und Städte am Rand der Ballungszentren nicht über einen Mietspiegel verfügen, so dass die Feststellung der ortsüblichen Vergleichsmiete hier schon schwierig und zudem kostenintensiv sein wird.

Schließlich kann ich nicht erkennen, was die neuen Vorschriften über das "Herausmodernisieren" bringen sollen. Die neugeschaffene zivilrechtliche Vermutungsregelung in § 559d BGB n.F., wonach unter bestimmten Voraussetzungen vermutet wird, dass der Vermieter seine Pflichten aus dem Mietverhältnis verletzt hat, wird kaum jemals greifen bzw. vom Vermieter flugs widerlegt werden können. Ruhen die Arbeiten nach Beginn der Maßnahme um mehr als 12 Monate (§ 556d S.1 Nr. 4 BGB n.F.), so kann die Ursache auch in der Insolvenz der Baufirma liegen oder bei finanziellen Problemen des Vermieters. Letztere wird der Vermieter - selbst wenn er eine "böse" Absicht verfolgt - ohne weiteres behaupten und ggf. beweisen können, legt er es geplatn auf die "Herausmodernisierung" an. Und was sollen "erhebliche, objektiv nicht notwendige Belastungen des Mieters" sein, § 556d S.1 Nr. 3 BGB n.F.? Noch unsinniger ist der neugeschaffene Bußgeldtatbestand in § 6 WiStrG, der das "Herausmodernisieren" bußgeldrechtlich geahndet wissen will. Die dortige Absicht, den Mieter zur Kündigung veranlassen zu wollen, wird sich schon wegen des "in dubio pro reo" Satzes kaum beweisen lassen können. Die Erfahrungen zeigen, dass sich Bußgeldrichter nur sehr ungern mit derartig abseitigen Materien befassen: Einstellungen gem. § 47 OWiG werden die Regel sein.

 

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3 Kommentare

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Hallo,

guter Bericht von Herrn Dr. Michael Selk !

Ich möchte noch folgendes hinzufügen:

Was noch viel gefährlicher ist, sind ja die „normal erlaubten“ Mieterhöhungen.

Zur Zeit sind innerhalb 3 Jahren 15 % „erlaubt“ ( bis zur Höhe des Mietspiegels.)

Da der Mietspiegel natürlich auch jedes Jahr steigt (zumindest in ab mittelgroßen Städten.)

In den neuen Bundesländern steigen die Mieten natürlich nicht so stark.

Wenn ein Vermieter z.B. in Chemnitz die Miete um 15% erhöhen will, wird sein Mieter

wahrscheinlich ausziehen, denn er hat eine sehr große Auswahl an Mietwohnungen.

Habe mal auf immobilienscout24 nachgeschaut:

In Chemnitz werden 4.986 Mietwohnungen angeboten (nur von den Maklern, insgesamt

sind es natürlich noch mehr.)

Habe mal mit einem „Zinsesszinsrechner“ nachgerechnet, was im Ø 5 % pro Jahr bedeuten:

In 15 Jahren erhöht sich dann die Kaltmiete um 108 % !!

Bei einer aktuellen Kaltmiete von 600,-€, wird dann in 15 Jahren die Kaltmiete 1247,-€ sein !!

Nach der Finanzkrise (2008) sind ja die Zinsen auf Geldanlagen von Jahr zu Jahr weniger

geworden. Der aktuelle Leitzins liegt bei 0.00 % !

In dieser Zeit (2008 – heute) haben hundertausende Eigentumswohnungen zur Kapitalanlage

gekauft (guter Mittelstand),weil sie ja fast keine Zinsen mehr auf ihr Erspartes bekamen.

Diese „neuen“ Eigentümer/Vermieter sind für die Mieter sehr gefährlich, weil sie in der

Regel alles „raus quetschen“ was geht.

Diese „neuen“ Eigentümer/Vermieter haben die Wohnung ja nicht gekauft, dass ein Mensch/

Mieter eine günstige Wohnungsmiete hat, sondern sie wollen nur Rendite!

In einer Fernsehsendung hat mal ein Professor gesagt:

„Die Habgier der Menschen ist in den Genen“.

Die Volksverwalter (Politiker) müssten ein Gesetz verabschieden, dass die Mieten nur noch

innerhalb von 5 Jahren um 10 % steigen dürfen. Das wird zu 99,9 % nicht kommen.

Schönen Tag noch

Hans Hofmann

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Nun, also eine "gewisse Ruhe" in die Mietzinsentwicklung hat Ulbricht ab ca 1950 gebracht, anknüpfend an Hermann Göring ab ca. 1936. Die Folgen waren 1990 wahrzunehmen. Gedanklich könnte man  einmal prüfen, was geschähe, wenn a) Mietrecht wie BGB 1900 wieder gälte  b) und dann gebaut wird  c) für Spezialfälle sozialer Not Mietpreishilfe des Staates für insbes. aa) Behinderte bb) Kinderreiche cc) ggf. wenigverdienende Alte  dd) NIedrigverdienende in hochpreisigen  Städten ( auch München braucht Kanalarbeiter). 

Hallo,

habe in meinem Kommentar vom 09.12.2018 etwas vergessen.

Der Satz sollte lauten:

Da der Mietspiegel natürlich auch jedes Jahr steigt (zumindest in ab mittelgroßen Städten),

kann ein Vermieter immer die maximal erlaubten 15 % verlangen !

Schönen Tag noch

Hans Hofmann

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