BGH: Zum Verschmelzungsbeschluss in virtueller Versammlung

von Dr. Cornelius Wilk, veröffentlicht am 04.11.2021

Der BGH hat mit Beschluss vom 5. Oktober 2021 (II ZB 7/21; BeckRS 2021, 31922) entschieden, dass ein Verschmelzungsbeschluss nach § 13 Abs. 1 S. 2 UmwG aufgrund der Neufassung des COVMG auch in einer virtuellen Versammlung gefasst werden kann.

„Virtuelle Vertreterversammlung“ einer Genossenschaft

Gegenstand der Entscheidung ist der Verschmelzungsbeschluss einer Genossenschaft aus November 2020, den diese in einer „virtuellen Vertreterversammlung“ nach § 3 Abs. 1 S. 1 und 5 COVMG i. V. m. § 43 Abs. 7 S. 1 GenG gefasst hatte. Nach letzterer Vorschrift kann die Satzung einer Genossenschaft Beschlussfassungen der Mitglieder bzw. Vertreter in schriftlicher oder elektronischer Form zulassen. Die COVMG-Vorschrift in ihrer damaligen Fassung sah vor, dass Beschlüsse abweichend von § 43 Abs. 7 GenG auch ohne Satzungsregelung schriftlich oder elektronisch gefasst werden konnten. Sowohl das Registergericht als auch das OLG Karlsruhe verneinten vor diesem Hintergrund die Eintragungsfähigkeit der Verschmelzung. Denn die elektronische Beschlussfassung, die die beiden Vorschriften ermöglichten, erfülle nicht den Versammlungsbegriff des § 13 Abs. 1 S. 2 UmwG (hierzu mein Beitrag vom 27. Mai 2021).

Rückwirkende Gesetzesänderung im Juli 2021

Speziell mit Blick auf die OLG-Entscheidung änderte der Gesetzgeber § 3 COVMG im Juli 2021 mit rückwirkender Kraft. Eingeschoben wurde dabei der Zusatz „…die elektronische Beschlussfassung schließt Beschlussfassungen in Gestalt von virtuellen [General- bzw. Vertreterversammlungen] … ein“ (siehe Art. 32 des Gesetzes zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften sowie zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe zum anwaltlichen Berufsrecht, BGBl. I, S. 2363).

In seiner Entscheidung bejaht der Senat auf Grundlage der Gesetzesänderung die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses. Nach der Änderung könne offenbleiben, ob eine virtuelle Versammlung schon zuvor gemäß § 43 Abs. 7 GenG möglich gewesen wäre.

Verschmelzungsrechtlicher Versammlungsbegriff ist technologieoffen

Eine virtuelle Versammlung gemäß § 3 Abs. 1 COVMG n. F. sei auch mit dem Versammlungsbegriff des § 13 Abs. 1 S. 2 UmwG vereinbar. Dieser könne auch in virtueller Form erfüllt werden, wenn dies nach dem Gesetz oder der Satzung für den jeweiligen Rechtsträger zulässig sei und die Möglichkeiten zum Meinungsaustausch einer physischen Versammlung vergleichbar seien. Aufgrund der technischen Entwicklung könnten unter den Begriff der „Versammlung“ auch Zusammenkünfte in Telefon- und Videokonferenzen gefasst werden, wenn eine Erörterung des Beschlussgegenstands gewährleistet sei.

Rechtslage für GmbH-Gesellschafterversammlungen bleibt unerwähnt

Die Entscheidung ist – soweit ersichtlich – die erste höchstrichterliche Stellungnahme zu dieser Facette des umwandlungsrechtlichen Versammlungsbegriffs. Unerwähnt lässt der Senat (ebenso wie der Gesetzgeber im Juli 2021) die Parallelregelung für elektronische Beschlussfassungen von GmbH-Gesellschaftern in § 2 COVMG, auf die die Vorinstanz ebenfalls Bezug genommen hatte.

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