OLG Düsseldorf: Vorstand und Geschäftsführer haften nicht persönlich für Kartellgeldbußen der Gesellschaft

von Julia MacDonald, veröffentlicht am 11.08.2023

Vorstandsmitglieder und GmbH-Geschäftsführer haften nicht persönlich für gegen die Gesellschaft verhängte Kartellgeldbußen. Das hat das OLG Düsseldorf mit Urteil vom 27. Juli 2023 (6 U 1/22 (Kart), BeckRS 2023, 19301) entschieden.

Der Beklagte hatte sich als Geschäftsführer einer GmbH und Vorstandsvorsitzender einer AG zwischen 2002 und 2015 an einem Kartell beteiligt. Das Bundeskartellamt stellte das Bußgeldverfahren gegen die AG ein, erließ aber jeweils einen Bußgeldbescheid gegen die GmbH sowie gegen den Beklagten persönlich.

Beide Gesellschaften machten daraufhin gegen das Leitungsorgan Schadensersatzansprüche aus § 43 Abs. 2 GmbHG bzw. § 93 Abs. 2 AktG geltend. Die GmbH forderte den Ersatz des gegen sie verhängten Bußgeldes und die AG die Erstattung von im Rahmen des Bußgeldverfahrens angefallenen Aufklärungs- und Rechtsanwaltskosten. Darüber hinaus verlangten beide die Feststellung, dass den Beklagten eine Ersatzpflicht für mögliche künftige, aus dem Kartell resultierende Schäden treffe.

Aus Sicht des Senats scheidet eine Organhaftung für Kartellgeldbußen der Gesellschaft aus. Insofern sei eine teleologische Reduktion der Haftungsvorschriften geboten. Hierfür spreche, dass das Kartellrecht eine separate Bebußung mit unterschiedlich hohen Bußgeldrahmen für die handelnde natürliche Person einerseits und das Unternehmen andererseits vorsehe. Zudem solle die Verbandsgeldbuße das Vermögen des Unternehmens nachhaltig treffen und die Vorteile der Kartellzuwiderhandlung entziehen. Dieser Zweck liefe aber leer, wenn das Unternehmen bei seinen Leitungsorganen Regress nehmen könnte. Besonders wenn eine D&O-Versicherung bestehe und die Geldbuße deren Deckungssumme nicht übersteige, werde die Sanktionswirkung vereitelt.

Auch die Aufklärungs- und Verteidigungskosten der AG seien nicht regressfähig, da sie unmittelbar durch das Bußgeldverfahren entstanden seien.

Das Leitungsorgan hafte aber für mögliche künftige, aus dem Kartell resultierende Schäden wie z. B. zivilrechtliche Ansprüche geschädigter Dritter gegen die Gesellschaften.

Diese Organhaftungsansprüche seien – entgegen der Auffassung des Beklagten – nicht verjährt. Denn den Kartellverstößen liege eine einheitliche und auf Dauer angelegte Grundabsprache zugrunde, sodass deren Verjährungsfrist erst mit Abschluss des letzten Teilaktes im Jahr 2015 zu laufen begonnen habe.

Da die Regressfähigkeit von Kartellgeldbußen im Schrifttum umstritten und höchstrichterlich bislang noch nicht entschieden ist, hat das OLG Düsseldorf die Revision zugelassen.

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