Der Schulungsnachweis des/der Auswertebeamt*in

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 02.12.2023
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht2|997 Aufrufe

Einer dieser "modernen Klassiker" des Verkehrsrechts: Verteidiger*innen wollen gerne einmal die Schulung der Ausertebeamt*innen prüfen. Natürlich oftmals erst in einem Antrag, der erst in der Hauptverhandlung gestellt wird. Muss das Gericht einem solchen Antrag nachkommen? Nein, meint das Kammergericht vollkommen richtig - die Auswertung hat ja nichts mit dem Messwert und dessen Bildung an sich zu tun:

 

Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 23. Mai 2023 wird nach §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet verworfen.

 Gründe:

Erläuternd bemerkt der Senat:

 Die Generalstaatsanwaltschaft führt in ihrer dem Betroffenen bekannten Zuschrift zutreffend aus, dass die Verfahrensrügen unzulässig sind. Die Ausführungen der Rechtsbeschwerde zum „Antrag, den aktuellen Schulungsnachweis der Auswertebeamtin beizuziehen“, verfehlen die nach §§ 71 OWiG, 344 Abs. 2 Satz 2 StPO bestehenden Anforderungen an die Darstellung des Verfahrensgeschehens.Lediglich informatorisch ist zudem anzumerken, dass die Überlegung des Amtsgerichts, eines förmlichen Schulungsnachweises bedürfe es für die Auswertungsperson nicht, überzeugt. Nachvollziehbar argumentiert das Amtsgericht damit, der Auswerter bediene nicht das Messgerät und insbesondere schaffe oder verändere er keine Beweismittel (so auch OLG Celle, Beschluss vom 23. Januar 2019-3 Ss OWi 13/19 – [BeckRS 2019, 2551]; Krumm, Fahrverbot in Bußgeldsachen, 5. Aufl. § 5 Rn. 63 a.E.). Tatsächlich dürfte die Frage, ob die mit der Auswertung der Messdaten betraute Person ihre Aufgabe kompetent und zuverlässig erfüllt hat, der freien richterlichen Beweiswürdigung unterliegen und – im Grundsatz – auch ohne Formalnachweis an der Richtigkeitsvermutung standardisierter Messverfahren teilhaben können. Dies gilt erst recht, wenn dem Tatgericht die Auswertetätigkeit bei dem betroffenen Messverfahren als besonders wenig komplex bekannt ist oder wenn es die Auswerteperson als erfahren und/oder zuverlässig kennt Der Betroffene hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen (§§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 Satz 1 StPO).

KG Beschl. v. 18.9.2023 – 162 Ss 85/23, BeckRS 2023, 28543

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2 Kommentare

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Ah. Das ist wohl die Sache, wo sich das allwissende Kammergericht über die allwissende PTB hinweggesetzt hat. Hat "in der Szene" für allerlei Heiterkeit gesorgt. :) 

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Ja, die Damen und Herren Richter.... Die suchen sich halt von den Vorgaben der PTB gerne nur diejenigen aus, die ihnen gerade passen.

Die Juristen haben kein Problem damit, ein offensichtlich nicht funktionierendes standardisiertes Messverfahren als heiligen Gral anzusehen und als einzigen Bewertungsmaßstab heranzuziehen.

Wenn trotz Zulassung, Eichung und Betrieb entsprechend der Gebrauchsanweisung bei zumindest zwei Messgeräten Messwerte weit außerhalb der Verkehrsfehlergrenzen auftreten könne, stellt das für Richter und Richterinnen keinen Anlass dar, über das standardisierte Messverfahren nachzudenken. Dass die PTB mit der Zulassung der beiden Messgeräte dabei keine "antizipierten Gutachten" sondern "antizipierte Falschgutachten" erstellt hat, ist für die Richter und Richterinnen auch nicht von Bedeutung.

So ist das wohl, wenn sich man der "Verfahrensökonomie" wegen krampfhaft an überholte juristische Konstrukte klammert und/ oder einfach keine Lust hat, auch technische Gegebenheiten in seine Überlegungen miteinzubeziehen.

Ich finds (zumindest in einem Rechtsstaat) eher traurig, als dass es für Heiterkeit sorgen könnte...

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