Zeit für flächendeckenden "Corona-Eildienst"?

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 25.04.2021
Rechtsgebiete: Corona8|3561 Aufrufe

Vor einigen Monaten überschrieb ich einen Beitrag im Zusammenhang mit der Pandemielage mit "GRUNDGESETZ". Bekanntlich ein Wort, das viele Menschen heute zusammenzucken lässt. Dabei sind Coronaschutz und Grundgesetz überhaupt kein Widerspruch. Seit gestern nun gilt die "Bundesnotbremse". Vor allem nachts zu Zeiten, in denen wohl kein deutsches Gericht (nicht einmal in Berlin) mehr Eildienste versieht, kommt es zu erheblichen Einschränkungen durch die Notbremse. Nächtliche Kontrollen werden sicher nun gehäuft stattfinden. Und auch Ingewahrsamsnahmen uneinsichtiger Mitbürgerinnen und Mitbürger oder nächtliche Durchsuchungsmaßnahmen (etwa bei den tatsächlichen/angeblich zahlreichen "Partygesellschaften") sind absehbare und sicher politisch auch gewollte Folge. 

Nun hat vor etwa 2 Jahren das BVerfG klargestellt, dass ein Eildienst nachts dann vorgehalten werden muss, wenn Bedarf besteht. Wie sehen es die Blogleser*innen? Gibt es solchen Bedarf? Oder sind Coronaverstöße nachts nur zu vernachlässigende Einzelfälle, auf die Rechtsstaat nicht eigens reagieren muss? Dann könnte man freilich auch jegliche Kontrollen einstellen.

Müssen also sofort Eildienste eingerichtet werden, um schwerste Grundrechtsverletzungen (Freiheitsverlust, Wohnungsdurchsuchung) zu vermeiden?

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8 Kommentare

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Rein pragmatisch überlegt: bis die Präsidien Eildienste eingerichtet haben, sind die Ausgangsbeschränkungen passe oder vom BVerfG gekippt.:-)

Das ist tatsächlich pragmatisch gedacht. Tatsächlich kann man natürlich "von heute auf morgen" Eildienstregelungen erlassen, wenn man Bedarf sieht und es nur will. 

Toll - sonntäglicher Nachtlöschdienst!

 Dr. Egon Peus kommentiert am So, 2021-04-25 22:01 PERMANENTER LINK

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Ach nun, #allesdichtmachen lehrt doch den ergebenen Respekt vor den Anordnungen!

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Dr. Egon Peus kommentierte zu Zeit für flächendeckenden "Corona-Eildienst"?1

 

Das BVerfG spricht ja von einem "Bedarf, der über den Ausnahmefall hinaus geht". Als Maßstab ist das m.E. zumindest problematisch. Habe ich einen kleinen Gerichtssprengel, wird der Bedarf in der Regel nicht über den Ausnahmefall hinaus gehen. Habe ich zehn kleine Gerichtssprengel nebeneinander, die alle für sich genommen einen eigenen Eildienst wahrnehmen, ändert sich nichts. Lege ich diese zehn Sprengel zu einem konzentrierten Eildienst zusammen, habe ich wahrscheinlich am Ende doch einen solchen, über den Ausnahmefall hinaus gehenden Bedarf, so dass ich einen nächtlichen Eildienst einrichten muss. Und das, obwohl sich die Zahl der Fälle nicht verändert hat.

Konkret auf die "Bundesnotbremse" bezogen sehe ich allerdings keine Steigerung des Bedarfs. In der Regel wird auf Verletzungen einer Ausgangssperre nicht mit nächtlichen Ingewahrsamnahmen reagiert werden (die ja, solange keine Beharrlichkeit gegeben ist, auch unverhältnismäßig sein dürften), sondern mit der Feststellung der Personalien, dem Aussprechen eines Platzverweises (wenn es den überhaupt noch braucht) und der Einleitung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens. Da wird als kein Bereitschaftsrichter zu beteiligen sein.

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...so kann man das sicher sehen. Nun muss man prognostizieren. Wenn man prognostiziert, dass die ganzen Coronaregelungen ohnehin bedeutungslos sind, dann kann man ohne weiteres zu einem solchen Ergebnis kommen. In der "größten Herausforderung der Bundesrepublik nach dem 2. WK" wäre ein starker und stets erreichbarer Rechtsstaat vielleicht wünschenswert. 

Es beruhigt ungeheuer, dass § 28 b InfSchG  Abs 1 Nr 2b von der Ausgangssperre ( auswärtiger Aufenthalt-Sperre)  Berufsausübung  ausnimmt d.h.Rechtsanwälte, Notare, Richter, Staatsanwälte. Nur bei längerer Fahrt Gelegenheit zum Kacken haben  sie nicht - alle Gaststätten zu. Was übrgens schlägt Frau Merkel dazu vor, bzw macht sie auf Dienstfahrten?

Nun, ich erkenne nicht, an welcher Stelle ich von einer Bedeutungslosigkeit der Regeln gesprochen hätte. Die sehe ich auch nicht. In sofern kann ich die Antwort nicht ganz nachvollziehen. Wenn die Polizei einen Platzverweis ausspricht oder eine OWi-Anzeige fertigt, gibt es keinen Grund, dabei einen Ermittlungsrichter einzuschalten. Was sollte der entscheiden? Bleiben die Fälle einer Ingewahrsamnahme. Da sehe ich keine erhebliche Steigerung der Fälle.

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Nun, unter welchem Gesichtspunkt "bedeutungslos"? Zahl der "Fälle"? Kann sein, wenn vor allem den Apppellen "#allesdichtmachen" treu gefolgt wird. Wirkung der Maßnahme? Grundrechtseingriff - bedeutungslos? Freilich - der Eilrichter ist gesetzlich nur mit Blick auf Strafvorwürfe vorgesehen. Da findet sich ja mE eine Unebenheit im deutschen Prozessrecht: Die Hoheit darf "sofortige Vollziehung" anordnen, ggf. "Sofortvollzug" - aber Eilentscheidungen von Verwaltungsgerichten dagegen? Vom BVerfG sind Licht und Schatten wahrzunehmen. Wenn man dort wiklich WILL, kann man durchaus. Ich habe es in aktiver Zeit selbst eröebt, Lobenswertes wird man berichten dürfen. Eilantrag - damals wohl Fax, am Tag nach Übermittlung später Vormittag . Anruf ( in concreto : Hilfsmitarbeiter, leider nicht genügend Richter da für Beschlussfähigkeit, aber er habe  mit Gegner telephoniert, der habe Nichtausschöpfung einer Rechtsmögiichkeit zugesagt. Da ich den Kollegen  als vertrauenswürdig kannte, habe ich mich mit Aufschub einverstanden erklärt ). Andererseits heutzutage: manches bleibt erstaunlich lange liegen. Ich gewinne den Eindruck, bisweilen in Politrelevanten Sachen, in  denen Zeitverlust dem Zeitgeist dienlich ist. 

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