Keine Anrechnung der Geschäftsgebühr bei Beratungshilfe auf den Kostenerstattungsanspruch

von Dr. Hans-Jochem Mayer, veröffentlicht am 16.07.2008

Mit einer weiteren Facette der Anrechnungsproblematik des RVG befasste sich das OLG Schleswig, Beschluss vom 11.3.2008 - 15 WF 356/07, nämlich einer etwaigen Anrechnung der Geschäftsgebühr nach VV Nr. 2503. In der ausführlich begründeten Entscheidung machte das OLG Schleswig u.a. mit einer am Wortlaut orientierten Auslegung deutlich, dass eine Anrechnung keine Auswirkungen hat auf den gegen den Gegner gerichteten prozessualen Kostenerstattungsanpruch.

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

10 Kommentare

Kommentare als Feed abonnieren

Sehr geehrter Herr Dr. Mayer,

die vorstehend zitierte Entscheidung enthält entgegen Ihren Ausführungen m.E. keine verallgemeinerungsfähige Aussage derart, dass eine Anrechnung keine Auswirkungen auf den gegen den Gegner gerichteten prozessualen Kostenerstattungsanpruch hat.
Sie begründet durchaus überzeugend, warum die für die vorgerichtliche Tätigkeit gezahlte Geschäftsgebühr nach Nr. 2503 VV RVG (Beratungshilfe) nicht auf die von dem Gegner zu erstattende Verfahrensgebühr anzurechnen ist.
Im übrigen verweist die Entscheidung auf § 9 BerHG, die dem Anwalt die Möglichkeit einräumt, die Geschäftsgebühr im eigenen Namen von dem Gegner einzufordern - wobei dann die Anrechnung der Beratungshilfe ebenso zu berücksichtigen wäre, wie die von dem OLG zugebilligte ungekürzte Verfahrensgebühr.

0

Sehr geehrter Herr Schmieding,
bei der erwähnten Entscheidung geht es ausschließlich um die Geschäftsgebühr bei Beratungshilfe, also um VV Nr. 2503, und nicht um VV Nr. 2300. Insoweit enthält die Entscheidung eine verallgemeinerungsfähige Aussage, wie die Entscheidungsgründe ebenso wie der amtliche Leitsatz erweisen.

0

Sehr geehrter Herr Dr. Mayer,
Sie haben natürlich recht und das war mir bei dem Abfassen meines Kommentars bewusst.
Die von Ihnen gewählte Überschrift und die schlagwortartige Zusammenfassung der Entscheidung sind jedoch so allgemein gehalten, dass bei einem unbefangenen Leser ohne die Kenntnis der OLG-Entscheidung ein falscher Eindruck entstehen könnte. Die verallgemeinerungsfähige Aussage der Entscheidung beschränkt sich jedoch ausschließlich auf die Anrechnung einer im Wege der Beratungshilfe gezahlten Geschäftsgebühr. Sie bewegt sich somit in einem sehr engen Rahmen. Mit Blick auf § 9 BerHG und ggf. § 126 ZPO lohnt sich ferner in jedem Einzelfall ein Blick auf die Gesamtumstände.

0

Richten wir doch mal den Blick nach vorne. Ob uns ein § 15a RVG-E vollumfänglich weiterhelfen wird? Zumindest Zweifel kommen auf.

0

Zumindest ist es m. E. der richtige Weg, eine allgemeine Anrechnungsvorschrift in den Paragraphenteil des RVG aufzunehmen und nicht eine Reihe von entsprechenden Vorschriften im Vergütungsverzeichnis zu schaffen. Diesem Weg ist zwar die bislang doch sehr umständliche Formulierung geschuldet, Zweifel an der Praktikabilität in der Anwendung kann ich auf den ersten Blick jedoch nicht erkennen. @ Peter Fölsch: Können Sie Ihre Zweifel konkretisieren?

0

Zweifel an der Praktikabilität in der Anwendung vermag auch ich nach intensiven Diskussionen mit KollegInnen nicht zu erkennen. Die mit § 15 a RVG-E erwogene Einführung einer "Rabattierung" hat m.E. allerdings mit dem Ursprungsgedanken der Anrechnung (geringerer Bearbeitungsaufwand des Anwalts im gerichtlichen Verfahren aufgrund der vorgerichtlichen Befassung mit derselben Angelegenheit)nichts mehr gemein.

0

Kann der Text des § 15a RVG-E denn irgendwo nachgelesen werden (BRAK, DAV etc.)? Momentan habe ich das Gefühl, in einem "closed shop" gelandet zu sein, wo Insiderwissen ausgetauscht wird. Für eine Diskussion wäre der Wortlaut jedenfalls interessant - oder ist das nicht erwünscht?

0

Mit der Vorschrift habe ich mich noch nicht vertieft befasst. Das möchte ich voran stellen. Den Text der Vorschrift habe ich in einem anderen Forum bereits gelesen. Da ich aber nicht der Urheber bin, möchte ich bei der Wiedergabe des Textes nicht vorgreifen. Ich bitte um Verständnis.

Möglicherweise löst der Wortlaut der Vorschrift die Anrechnungsproblematik im Kostenfestsetzungsverfahren nicht. Denn: Zur gesetzlichen Vergütung i.S.v. § 91 ZPO gehören doch alle Vorschriften des RVG, auch die Anrechnungsvorschriften. Also: Die gesetzliche Vergütung ist Nr. 3100 VV mit Vorbem. 3 Abs. 4 VV. Dann bin ich wieder bei der Kürzung im Kostenfestsetzungsverfahren. Die Entwurfsvorschrift ändert daran eigentlich nichts.

0

Sehr geehrte Frau Schwinge,
Ihnen kann geholfen werden. Den Wortlaut des § 15 a RVG finden Sie im rechtspflegerforum. Wenn Sie sich daran beteiligen wollen, gehe ich davon aus, dass Ihnen die gewünschten Unterlagen auf eine entsprechende Anforderung hin unmittelbar von einem Nutzer zur Verfügung gestellt werden.
Was die Weitergabe der Informationen an den Unterbau angeht, agieren die Landesjustizministerien unterschiedlich schnell.

§ 15 a RVG-E hebelt m.E. die Anrechnungsvorschriften aus. Die Verfahrensgebühr steht danach gleichberechtigt neben z.B. der Geschäftsgebühr. Sie erlischt danach in dem Anrechnungsbereich
wenn gezahlt respektive anderweitig erfüllt worden ist. Einer Festsetzung dürfte danach nur etwas im Wege stehen, wenn die anzurechnende Gebühr erfüllt und/oder bereits tituliert worden ist.

0

Das VG Ansbach bestätigt in seinem Beschluss vom 08.10.2008 in AN 14 M 08.30348, das auch die Beratungshilfegebühr nach Nr. 2503 VV RVG anteilig auf die Verfahrensgebühr für das folgende gerichtliche Verfahren anzurechnen ist. Der Beschluss ist auch mit blick auf die Ausführungen zu § 15 a RVG-E lesenswert.

0

Kommentar hinzufügen