Bundesverfassungsgericht bekräftigt kirchliches Selbstbestimmungsrecht

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 11.01.2009

Auf die Dienstverhältnisse der Geistlichen findet das staatliche Arbeitsrecht keine Anwendung. Diese Personen werden - anders als die sonstigen bei den Kirchen und ihren Einrichtungen beschäftigten Mitarbeiter - nicht aufgrund eines Arbeitsvertrags, sondern entsprechend ihrem Amt beschäftigt. Ein katholischer Priester erlangt diese Funktion durch das Sakrament der Weihe, während nach evangelischem Verständnis die Zughörigkeit zum geistlichen Stand durch Ordination begründet wird. Die Ausgestaltung des Amtsverhältnisses richtet sich nach kirchlichem Recht (vgl. zu alledem eingehend Richardi, in: Münchener Handbuch Arbeitsrecht Bd. 1, § 28 Rdn. 16 ff. und Bd. 2, § 192 Rdn. 12 ff.). Die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 5.12.2008 - 2 BvR 717/08) hat nun eine von einem evangelischen Pfarrer erhobene Verfassungsbeschwerde mangels Zulässigkeit nicht zur Entscheidung angenommen. Die Versetzung eines Pfarrers in den Ruhestand wie auch Fragen, die mit der Festsetzung seines Ruhegehalts zusammenhingen, seien keine Akte der "öffentlichen Gewalt", in die der Staat durch seine Rechtsprechung korrigierend eingreifen dürfe. Diese Rechtsakte beträfen vielmehr die Ausgestaltung des Dienst- und Amtsrechts der Evangelischen Kirche und unterlägen damit ihrem Selbstbestimmungsrecht. Nach dem kirchenpolitischen System des Grundgesetzes ordne und verwalte jede Religionsgesellschaft ihre Angelegenheiten selbständig und verleihe ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde. Die von der Verfassung anerkannte Eigenständigkeit und Unabhängigkeit der kirchlichen Gewalt würde geschmälert werden, wenn der Staat seinen Gerichten das Recht einräumen würde, innerkirchliche Maßnahmen, die im staatlichen Zuständigkeitsbereich keine unmittelbaren Rechtswirkungen entfalteten, auf ihre Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz zu prüfen.

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5 Kommentare

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Der Beschluss hätte m. E. übrigens ruhig etwas ausführlicher ausfallen dürfen. Z. B. ist mir nicht klar, ob sich die Qualifizierung als innerkirchliche Angelegenheit auch auf das Dienstverhältnis von Geistlichen erstreckt, die nicht im Gemeindepfarrdienst beschäftigt werden, sondern etwa als Lehrer oder in der Kirchenverwaltung. Wenn letzteres der Fall ist, stellt sich wiederum die Frage, ob dies entsprechend gilt für "normale" Kirchenbeamte.

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Angelegenheiten die das Dienstverhältnis von Geistlichen betreffen, ausschließlich dem Selbstbestimmungsrecht der Kirche zu überlassen, halte ich für nicht unproblematisch. Schließlich besteht hier leicht die Gefahr von willkürlichen Regelungen, die nicht immer im Interesse der geistlichen Arbeitnehmer stehen. Fraglich ist auch inwieweit eine deratige Isolation dieses Bereiches vom staatlichen Einfluss, den Rechtsschutz der Geistlichen innerhalb der arbeitsrechtlichen Materie schmälert.

Die Verfassungsbeschwerde eines evangelischen Priesters lässt darauf schließen, dass die arbeitsrechtlichen Regelungen der Kirche wohl nicht immer zur Zufriedenheit der geistlichen Arbeitnehmer sind.

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@ Sandra

Auch die Regelungen des staatlichen Arbeitsrechts sind "nicht immer zur Zufriedenheit" und "im Interesse" der Arbeitnehmer. Denn es gibt auch berechtigte Belange des Arbeitgebers, die das Arbeitsrecht zu wahren hat.

Im übrigen ist der Staat den Kirchen nicht übergeordnet, sondern beide stehen sich in einem gleichberechtigten Verhältnis gegenüber. Das Bundesverfassungsgericht darf ebensowenig entscheiden, ob eine Frau Priesterin werden darf, noch ob der Zölibat gegen Grundrechte verstößt oder bestimmte Lehraussagen zum Amtsverlust führen. Würde sich der Staat in diesem Bereich Kompetenz anmaßen, wäre er nicht mehr säkular-neutral. Dies strahlt in das gesamte kirchliche Arbeitsrecht aus.

Das ist für Arbeitnehmer auch nicht nachteilig, da niemand dazu gezwungen wird, in einer kirchlichen Einrichtung zu arbeiten. Wer sein Geld "bei Kirchens" verdient, muß sich darüber klar sein, daß er in bestimmten Bereichen ausschließlich innerkirchlichen Rechtsschutz genießt. Andere Vorteile wiegen dies auf.

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Außerdem muss man auch sauber zwischen Arbeitsrecht und Beamtenrecht unterscheiden. Wäre der staatliche Rechtsweg im vorliegenden Fall eröffnet, so wäre nicht die Arbeitsgerichtsbarkeit zuständig, sondern die Verwaltungsrechtsweg einschlägig. Auch materiell würde es sich um Beamtenrecht, nicht um Arbeitsrecht handeln.

Für Kirchenangestellte gilt natürlich Arbeitsrecht, mit recht weitgehenden Rechtsschutzmöglichkeiten vor der staatlichen Gerichtsbarkeit.

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Das Urteil ist auch durch den Verfahrensweg nur auf Priester (Amtsinhaber)übertragbar und in den ersten Zeilen des Blogeintrages von Herrn Prof.Dr. Stoffels wurde dies ja schon entsprechend erläutert.
Für Angestellte gilt immer noch, das für alle geltende Gesetze auch bei ihnen gelten. Meist ist daher das Arbeitsgericht zuständig und auch für Priester gelten die höheren Gesetze (Willkürverbot/ Menschenwürde..)sowie die Menschenrechte(Freizügigkeit etc.).
Daher wurde auch die kirchliche Regelung der Residenzpflicht für Gemeindereferenten komplett aufgehoben. (Urteil wird in 2ter Instanz am 05.2.2009 vom LAG Hamm verhandelt)
Das erstinstanzliche Urteil ist unter www.residenzpflicht.de nachzulesen.
Dem BVerfG hat nur Rüchsicht darauf genommen, dass der Staat in die Besetzung der Ämter nicht eingreift. Geschichtlich klar, da dies ja die Trennung von Kirche und Statt aufheben würde.(wobei: bezahlt nicht das Land NRW die dortigen Bischöfe??)
Lediglich die Überschrift der Pressemitteilung des BVerfG ist mehr als ungeschickt und leitet in die Irre. Eine klarere Information, auch in der Ablehnungsbegründung wäre sicherlich angebracht.

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