Spanische Folterermittlungen gegen Angehörige der Bush-Regierung - Obama sagte "No"
von , veröffentlicht am 06.12.2010Diplomaten Obamas waren vergangenes Jahr offenbar damit befasst, Ermittlungen gegen ehemalige Regierungsangehörige Bushs in Spanien zu stören.
Konkret geht es um die "Bush Six" genannten Planer des Folterprogramms der USA (Artikel von David Corn in Mother Jones):
Alberto Gonzales (Justizminister) David Addington (Stabschef und Rechtsberater des Vizepräsidenten Cheney) William Haynes II (Leiter der Rechtsabteilung im Verteidigungsministerium), Douglas Feith (Staatssekretär im Verteidigungsministerium) Jay Bybee (Leiter der Abteilung für Rechtsfragen im Justizministerium) John Yoo (Mitarbeiter Bybees); sie entstammen der von mir so bezeichneten dritten Gruppe der Folterverantwortlichen (neben einfachen Soldaten und CIA-Folterern), zu denen auch Bush und Cheney selbst gehören (siehe mein Blog-Eintrag hier)
Die spanische Justiz ist seit Beginn letzten Jahres mit einer Strafanzeige gegen diese sechs Männer befasst (dazu schon hier), die nach einhelliger Ansicht diejenigen sind, die die Folter von Verdächtigen in Afghanistan, Irak und Guantanamo planten und mit Gutachten rechtfertigten. Die entsprechenden von ihnen unterzeichneten "Memoranden" sind seit einigen Jahren bekannt, sie wurden im letzten Jahr von der Obama-Regierung veröffentlicht (hier) und ihre Authentizität wird auch nicht bestritten.
Anders als von der Bush-Opposition in den USA und den internationalen Bush-Kritikern erwartet, werden von der Obama-Administration aber bislang keinerlei Anstalten gemacht, die Vorwürfe in den USA strafrechtlich zu untersuchen. Daher richtet sich die Aufmerksamkeit auf solche Staaten, in denen eine Strafverfolgung der mutmaßlichen Schreibtischtäter noch möglich erscheint.
Eines der von wikileaks veröffentlichten Dokumente gibt nun Einblick in die diplomatischen Bemühungen der Obama-Regierung (Quelle).
Am 17. April 2009 rühmt sich der US-Botschafter in Madrid der erfolgreichen Einflussnahme auf die spanische Justiz, die dazu geführt habe, dass der spanische Generalstaatsanwalt Pumpido die Strafanzeige gegen die Bush-Leute als "täuschend" bezeichnete und als bloßes politisches Statement. Vorangegangen waren diplomatische Einflussnahmen, die darin gipfelten, dass dem spanischen Außenminister signalisiert wurde, die Untersuchungen würden in den USA nicht verstanden bzw. nicht akzeptiert werden und die Angelegenheit würde einen "enormen Einfluss auf die bilateralen Beziehungen" zwischen USA und Spanien haben. Unter diesem Druck stand also die spanische Regierung - gleichwohl ist die Äußerung von Pumpido (anders als Spiegel-Online damals feststellte) nicht das letzte Wort. Allerdings herrscht seit Sommer 2009 tatsächlich Stillstand im spanischen Verfahren, ob und wie es weitergeführt wird, bleibt offen (Quelle).
Hier noch ein Artikel auf Telepolis zur damaligen Beurteilung von Obamas Politik. Dass die Obama-Regierung hier nur die Diplomatie der Bush-Regeirung fortsetzt, zeigt ein weiterer Bericht auf Telepolis von letzter Woche.
Wer wie ich geglaubt hatte, Obama werde Guantanamo tatsächlich schließen und werde die mutmaßlichen Menschenrechtsverletzungen der Vorgängerregierung wenigstens untersuchen lassen, sieht sich nun doppelt getäuscht.
Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben
5 Kommentare
Kommentare als Feed abonnierenTilman kommentiert am Permanenter Link
Ich selbst habe nie wirklich geglaubt, dass Obama "change" bringen würde. Weil das jeder verspricht, und niemand hält. Es ist extrem selten, dass eine neue Regierung etwas grundlegend "neues, gutes" macht, egal ob in den USA oder in Deutschland. So hatte rotgrün Hartz 4 und das Abschiessen von Passagierflugzeugen beschlossen.
Mein Name kommentiert am Permanenter Link
Die "Gewinnabschöpfung" wurde noch nie so gut erklärt wie hier ab Minute 4:55:
http://blog.br-online.de/quer/themen-der-woche-wirtschaftswunder-terrorpakete-und-mehr-05112010.html
hm kommentiert am Permanenter Link
Wie gut, dass solche Authoren nicht bei echten Zeitschriften arbeiten sondern "nur" bloggen. Ob die Fakten korrekt sind weiß ich nicht, aber der Schreibstil legt ein starkes Selbstbewusstsein des Authors auf eigene, haarsträubende nicht mal gut nachgewiesen Schlussfolgerungen nahe.
Mein Name kommentiert am Permanenter Link
http://www.uni-regensburg.de/Fakultaeten/Jura/mueller/pages/professor/publikationen.php
Eigene Schlussfolgerungen in einem Blogbeitrag anzusprechen, dessen Verdienst vor allem in einer zusammenhängenden Darstellung von Originalquellen besteht (also eine anerkennenswerte Fleißarbeit darstellt) ist so lächerlich, dass ... was soll's, jedes weitere Wort ist zuviel der "Ehre"
Prof. Dr. Henning Ernst Müller kommentiert am Permanenter Link
@hm:
Tut mir Leid, dass Ihnen mein Schreibstil nicht gefällt, aber ich habe mich vor einiger Zeit mit dieser Angelegenheit tatsächlich etwas intensiver befasst und meine Erkenntnisse auch in Print veröffentlicht. (Staatsführungen als Tätergemeinschaften am Beispiel der Gefangenenmisshandlungen und Folter in Guantanamo und Abu Ghraib. In: Müller, Sander, Válkova (Hrsg.): Festschrift für Ulrich Eisenberg zum 70. Geburtstag, München 2009, S. 83 - 118). Dort sind auch Schlussfolgerungen enthalten, hier eigentlich nur ein knapp zusammenfassender Bericht über die derzeitige Situation der (nicht betriebenen) Strafverfahren.
Wenn Sie mir sagen, was genau Ihnen daran haarsträubend erscheint, können wir gern diskutieren. Ich bin offen für Ihre sachlichen Einwände.
Besten Gruß
Henning Ernst Müller