Fahrverbotsfeindliche Verfahrensdauer nach 1 Jahr und 9 Monaten

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 11.09.2011

Bei zunehmender Dauer zwischen Tat und Fahrverbotsentscheidung kann die erzieherische Erforderlichkeit eines Fahrverbotes nach § 25 StVG in Frage gestellt sein. Ich nenne dies immer "fahrverbotsfeindliche Verfahrendauer". Bisher war in OWi-Sachen die Grenze eigentlich immer bei 2 Jahren gezogen worden. Nun gibt es aber eine Entscheidung des OLG Zweibrücken, Beschl. v. 25.08.2011 - 1 SsBs 24/11:

 

 

Keinen Bestand haben kann jedoch die Anordnung eines. Fahrverbots. Das Fahrverbot ist als so genannter Denkzettel für nachlässige und leichtsinnige Kraftfahrer vorgesehen (BVerfGE 27, 36), um den Täter vor einem Rückfall zu warnen und ihm ein Gefühl für den zeitweiligen Verlust des Führerscheins und den Verzicht auf aktive Teilnahme am Straßenverkehr zu vermitteln. Diese Warnungs— und Besinnungsfunktion kann das Fahrverbot — auch im Hinblick auf seinen Strafcharakter — aber nur erfüllen, wenn es sich in einem angemessenen zeitlichen Abstand zur Tat auf den Täter auswirkt. Nach einem längeren Zeitablauf verliert der spezialpräventive Charakter eines Fahrverbots seine eigentliche Bedeutung, so dass nur noch der Charakter als Funktionsinhalt übrig bleibt (vgl. OLG Hamm, Beschlüsse vom 03.06.2004, 2 Ss 112/04 und vom 23.07.2007, 2 Ss 224/04 — juris).

 

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist bei einer Tat, die ein Jahr und neun Monate zurückliegt, die Anordnung eines Fahrverbots als Warnungs und Besinnungsstrafe nicht mehr geeignet (BGH ZfS 2004, 133). Etwas anderes kann nach der Rechtsprechung nur gelten, wenn der erhebliche Zeitablauf zwischen der Tat und der Verhängung des Fahrverbots dem Angeklagten anzulasten ist (BayObLG NZV 2004, 210).

 

Vorliegend beträgt der seit der Tat am 6. November 2009 verstrichene Zeitablauf mehr als ein Jahr und neun Monate. Dabei ist auch die zwischen dem angefochtenen Urteil und der Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts verstrichene Zeit bei der Prüfung der Frage, ob wegen Zeitablaufs von der Verhängung eines Fahrverbots abzusehen ist, zu berücksichtigen (vgl. KG ,VRS 113, 69 ff).Anhaltspunkte, dass der Betroffene das Verfahren in unlauterer Weise verzögert hat, sind nicht erkennbar. Insbesondere kann der Gebrauch der im OWiG und in der StPO eingeräumten Rechte dem Betroffenen nicht als Verfahrensverzögerung entgegen gehalten werden.

 

Nach diesem Zeitablauf kann das Fahrverbot seinen spezialpräventiven Charakter vorliegend nicht mehr entfalten. Es liegen auch keine besonderen Umstände für die Annahme vor, dass zu einer nach wie vor erforderlichen erzieherischen Einwirkung auf den Täter die Verhängung eines Fahrverbots neben der Hauptstrafe unbedingt erforderlich ist.

 

 

M.E. kann für die Rechtsfehlerhaftigkeit der Entscheidung des AG nicht die Zeit zwischen Urteil und Rechtsbeschwerdeentscheidung eine Rolle spielen. Letztlich würde dies durch die Hintertür die Rechtsbeschwerdeinstanz hinsichtlich dieses Punktes zu einer Tatsacheninstanz machen.

 

Hinweis:

Entscheidung habe ich hier gefunden.

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