Auftragskiller oder Anwalt?

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 20.12.2011
Rechtsgebiete: Familienrecht|3613 Aufrufe

Rechtsanwalt Hänsch berichtet in seinem Blog über eine Entscheidung des AG Bergisch-Gladbach. Hier ein Auszug aus dem Urteil:

 

Der Kläger und die Beklagte sind geschiedene Eheleute. Im Zeitraum vom 09.09.2010 bis mindestens zum 17.11.2010, und damit noch während des Scheidungsverfahrens, erschien auf der Profilseite der Beklagten bei Facebook der folgende Chat :

„[Beklagte]: Rechnung vom Anwalt bekommen - 3.500 € für so ne blöde Scheidung. Frage mich, ob ein Auftragskiller nicht preiswerter wäre ...

09. September um 20:29

S. ... gefällt das.

[J.]: frag doch mal Sch., das kann man doch bestimmt absetzen ...

09. September um 21:25

[Beklagte] erst muss ich mal einen Auftragskiller finden: -)

09. September um 21:28

J. ... vielleicht kannst du den ja von der Steuerersparnis bezahlen

09. September um 21:29

... eigentlich ist es auch unbezahlbar, den Herrn los zu sein, aber die Summe zu lesen hat mich schwer schockiert, bin aber langsam dabei mich zu beruhigen - alles wird gut

09. September um 21:40

S. ... Nicht umbringen, den Auftragskiller kann man nicht absetzen, den Anwalt schon; o)

10. September um 08:26“

...

Mit anwaltlichem Schreiben vom 18.11.2010 forderte der Kläger die Beklagte auf, das Chat-Protokoll bis zum 23.11.2010 von ihrer Profilseite zu entfernen, künftige Äußerungen zulasten des Klägers zu unterlassen und an den Kläger die für Rechtsverfolgung entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 402,82 € zu zahlen. Hierauf teilte die Beklagte mit E-Mail vom 20.11.2010 die Löschung der streitgegenständlichen Einträge und die Verschärfung ihrer Privatsphäreeinstellungen aufgrund möglicher Spionagetätigkeiten seitens des Klägers bei Facebook mit. Eine Übernahme der Rechtsanwaltskosten lehnte sie ab.

Das AG verurteilte antragsgemäß zur Zahlung.

 

Die vorgenannten Äußerungen seien geeignet den Geltungswert des Klägers herabzuwürdigen. Denn reduziere man die Äußerungen auf ihren Aussagekern so hätten sie folgenden herabwürdigenden Inhalt. Inhalt der ersten Äußerung ist die Aussage, dass der Kläger den Aufwand von 3.500,00 € nicht wert ist. Inhalt der zweiten Äußerung ist, dass der soziale Wert des Klägers so niedrig ist, dass kein Aufwand zu groß ist, um die Trennung zu vollziehen.

Ob sich auch der Anwalt beleidigt fühlen durfte, hat das AG nicht geprüft.

 

AG Bergisch-Gladbach v. 16.06.2011 - 60 C 37/11 = BeckRS 2011,24506

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