Mehrverkehrseinwand - mal andersrum

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 24.07.2012

Es muss eine wüste Party gewesen sein.

 

Sie hatte viel getrunken und es kam zum Geschlechtsverkehr mit dem Antragsgegner - möglicherweise aber auch noch mit mehreren anderen Männern, sie weiß das nicht mehr so genau.

 

9 Monate später kam ein Kind auf die Welt.

 

Der Antragsgegner erkannte in einer Jugendamtsurkunde seine Vaterschaft (ziemlich leichtsinnig) an.

 

Die Mutter verweigerte ihre Zustimmung (§ 1595 I BGB) und strengte stattdessen ein gerichtliches Vaterschaftsfeststellungsverfahren gegen den Antragsgegner an. Dafür begehrte sie Verfahrenskostenhilfe.

 

Das hielt das Amtsgericht für mutwillig („sie braucht doch bloß der Anerkennung zuzustimmen - und fertig").

 

Anders das OLG Hamburg:

Im Lichte des Rechts des Kindes um die Kenntnis seiner Abstammung sei die Inanspruchnahme eines gerichtlichen Statusverfahrens dann nicht rechtsmissbräuchlich, wenn aufgrund möglichen Mehrverkehrs Zweifel an der Vaterschaft bestehen.

 

OLG Hamburg v. 25.01.2012 - 12 WF 263/11

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6 Kommentare

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Bedeutet das, dass er im Falle der Vaterschaft auch die Gerichtskosten zahlen muss?

 

Gibt es bei diesen Verfahren eigentlich auch Anerkenntnisurteile?

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Ein Anerkenntnisurteil/beschluss ist in Abstammungssachen nicht möglich. Das Gericht muss von Amts wegen die biologische Vaterschaft durch ein Sachverständigengutachten (Kosten ca. 800 €) ermitteln.

Über die Kosten ist nach § 81 FamFG zu entscheiden. Dem Kind können keine Kosten auferlegt werden (§ 81 III FamFG)

 

Das Urteil des OLGs ist zu begrüssen, da es das Grundrecht des Kindes auf seine Abstammung einen höheren Status gewährt als der betriebswirtschaftlichen Haushaltslage.

Ich würde mich allerdings noch mehr freuen, wenn dazu auch die Sicherstellung des Umgangsrechts eines Kindes mit seinem nicht sorgeberechtigten Elternteil vom Gesetzgeber vor Missbrauch (meist des Sorgeberechtigten) geschützt wird. Hier glänzt zumindest in meinem Gerichtsbezirk Familiengericht und Jugendamt mit kompletten Desinteresse.

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Wie in dem alten Witz:

 

"Nun Frau Zeugin, wer von den Herren war es denn nun?"
"Aber Herr Richter , ich kann mich doch nicht jedes mal
umdrehen, wenn ich gerade am Aufwischen bin."

das Amtsgericht hat erkannt, dass da doch nur jemand auf Steuerzahlerkosten klären lassen wollte, wer denn der Erzeuger war. Dafür möchte ich keine Steuern zahlen...Da sollen die Beteiligten arbeiten und den Vaterschaftstest selbst bezahlen oder in eine der nachmittäglichen TV-Shows gehen, bei denen so ein Vaterschaftstest auf Kosten des Senders angeboten wird.....

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@Armen Anwalt: Sagen wir es mal so... immerhin scheint der Kreis der potentiellen Väter bei dem vorliegenden - na sagen wir auf neudeutsch - "Incentive" gering zu sein. Nicht auszudenken, wenn dies in einem ungarischen Bad passiert, wäre wo gleich 100 Vertreter eines Versicherungskonzerns "zu wege" waren...  :-)

Und die Tatsache, dass die Kindesmutter trotz vorliegender Vaterschaftsanerkenntnis Klärung haben möchte, zeigt mir, dass der finanzielle Rahmen demnach nicht maßgeblich ist. Denn dann hätte sie sich mit einem Unterhaltstitel ganz gemütlich zurücklehnen und monatlich kassieren können.

 

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