BAG: Traineeprogramm darf nicht nur Berufsanfänger ansprechen

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 28.01.2013

 

Stellenanforderungen, die mit dem Alter der Bewerber in Verbindung stehen, sind tunlichst zu vermeiden. Nach dem AGG verpönt sind nicht nur direkte Altersangaben (nicht älter als…), sondern auch alle sonstigen Umschreibungen, die eine gewisse Erwartungshaltung an das Alter des Bewerbers zum Ausdruck bringen (z.B. „für unser junges und dynamisches Team suchen wir Verstärkung“; „langjährige Berufserfahrung“). Gerade noch tolerabel dürfte die Formulierung sein „auch für Berufseinsteiger geeignet“. Die explizite Ausrichtung auf Berufsanfänger ist hingegen problematisch. Dies zeigt ein neueres Urteil des BAG (vom 24.1.2013 – 8 AZR 429/11). Es ging um folgenden Fall. Die Charité in Berlin hatte im April 2009 in Zeitungsinseraten für ein spezielles Programm zum Aufbau von Hochschulabsolventen zu Nachwuchsführungskräften nach Bewerbern gesucht. In den Zeitungsinseraten hieß es u.a.: „Die C. hat in den kommenden Jahren einen relevanten Bedarf an Nachwuchsführungskräften. Um diesen abzudecken, gibt es ein spezielles Programm für Hochschulabsolventen/Young Professionells: Traineeprogramm an der C. Dabei sollen jährlich zunächst zwei Hochschulabsolventen rekrutiert und dem Programm „C“ zugeführt werden. Da es sich per definitionem um Berufsanfänger handelt, stehen neben den erworbenen Fähigkeiten vor allem die persönlichen Eigenschaften im Mittelpunkt.“ Der damals 36jährige Kläger, ein Volljurist mit mehrjähriger Berufserfahrung, erhielt auf seine Bewerbung eine Absage. Dies sah er als eine Benachteiligung wegen seines Alters an und verlangte eine Entschädigung in Höhe von 10. 500 Euro. Das BAG urteilte nun, die Stellenausschreibung, die sich an Hochschulabsolventen/Young Professionells und an Berufsanfänger richte, begründe ein Indiz für eine Benachteiligung des abgelehnten Klägers wegen dessen Alters. Dieses Indiz könnte die Beklagte widerlegen, wenn sie nur die Bewerber mit den besten Examensnoten in die Bewerberauswahl einbezogen hätte, weil sie als öffentliche Arbeitgeberin gemäß Art. 33 Abs. 2 GG Stellen nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung der Bewerber zu besetzen hatte. Da der Kläger eine solche Bewerberauswahl durch die Beklagte bestritten hatte, war die Sache zur weiteren Sachaufklärung und erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Bei der Lektüre der Pressemitteilung gewinnt man den Eindruck als wollte das BAG die Verteidigungsmöglichkeiten des Arbeitgebers in solchen Fällen tendenziell etwas erweitern. Interessant dürfte sein, ob und unter welchen Voraussetzungen auch dem privaten Arbeitgeber dieser Verteidigungseinwand zugestanden wird.

Ergänzung: Die Diskussion um das sog. AGG-Hopping dürfte durch diesen Fall wieder neue Nahrung bekommen. Der JUVE-Verlag hat nämlich jetzt darauf hingewiesen, dass der Kläger des vorliegenden Verfahrens auch einige Großkanzleien wegen Altersdiskriminierung verklagt habe. Dabei soll er jeweils geltend gemacht haben, dass es eine Diskriminierung älterer Bewerber darstelle, wenn explizit Anwälte mit einer Berufserfahrung von null bis drei Jahren gesucht würden. Das ArbG Köln hat am 23.1.2013 eine dieser Klagen abgewiesen (Az. 3 Ca 3734/12). Auch das LAG Köln entschied in einem ähnlichen Fall zugunsten einer der beklagten Großkanzleien (Az. 3 Sa 686/12). Andere Kanzleien und Versicherungen, die der Kläger ebenfalls in Anspruch genommen hat, sollen sich hingegen nach Angaben von Juve auf einen Vergleich eingelassen haben.

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