LAG Berlin-Brandenburg kritisiert FU Berlin wegen abgelehnter Honorprofessur
von , veröffentlicht am 09.11.2015Noch ein Nachtrag zum Honorarprofessur an der FU-Berlin in der causa Schleusener (Beck-Blog Beitrag vom 1.11.2015). Der Akademische Senat der Freien Universität Berlin hat - wie berichtet - die Ernennung des Vorsitzenden Richters am Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg Schleusener abgelehnt, wobei auch die Tatsache eine Rolle gespielt haben soll, dass Schleusener im Jahr 2008 in erster Instanz an dem so genannten „Pfandbon-Urteil“ mitgewirkt und dabei die Kündigungsschutzklage der betroffenen Arbeitnehmerin (Emmely) abgewiesen hat. Die Richter und Richterinnen des LAG Berlin-Brandenburg haben in einer Pressemitteilung ihre Missbilligung dieses Vorgangs zum Ausdruck gebracht. Dies ist sicherlich ein ungewöhnlicher Schritt. Wörtlich heißt es in der Pressemitteilung Nr. 34/15 vom 27.10.2015: „Richterinnen und Richter haben sich als Vertreter der `Dritten Gewalt´ einer Diskussion ihrer Tätigkeit zu stellen. Eine Urteilskritik ist nicht nur zulässig, sondern wünschenswert. Die genannte Entscheidung des Akademischen Senats stellt jedoch nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg eine sachwidrige Maßregelung des betroffenen Richters dar, die weder durch die universitäre Selbstverwaltung noch durch das Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt wird. Sie schadet nicht nur der Unabhängigkeit der Justiz, sondern auch der Qualität und Unabhängigkeit der universitären Lehre.
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14 Kommentare
Kommentare als Feed abonnierenra-tlos kommentiert am Permanenter Link
Es erstaunt, dass es hier der unabhängigen Justiz gelingt, die unabhängige Lehre im Worte zu führen und gleichwohl auf sie einwirken zu wollen. Eine Maßregelung (zuviel mit 612a BGB beschäftigt?) zu beklagen, lässt die unabhängige Justiz hier irgendwie schmollend erscheinen...
Leser kommentiert am Permanenter Link
Die Damen und Herren Richter mögen es gar nicht, wenn man abseits ihres sakrosanten Berufsdaseins doch noch Mittel und Wege findet, sie von Fall zu Fall für ein Fehlurteil abzustrafen. Das sind sie gar nicht mehr gewohnt...
Gast kommentiert am Permanenter Link
Eine glatte Unverschämtheit des LAG, sich mit derart überzogener Schmähkritik in die Entscheidungen des Akademischen Senats einzumischen.
Bernd M. Heinemann kommentiert am Permanenter Link
Ob man die "Emmely"-Entscheidung nun im Ergebnis für richtig oder falsch hält, dürfte keine Kriterium für oder gegen die Berufung eines Rechtslehrers sein. Niemand wird bestreiten können, dass sie sehr wichtig war. Wer die juristische Diskussion darüber verfolgt hat, wird auch nicht bestreiten können, dass das Urteil sehr sorgfältig begründet und sehr sachlich aufgearbeitet wurde. Was will man mehr von einem Urteil, das so viel angestoßen hat? Mir scheint die jetzige Diskussion und das Verhalten der FU eher eine gesellschaftspolitische Relevanz zu haben, die nicht sein dürfte. Läuft die Diskussion daher auf dieser Schiene, durfte auch das LAG sich entsprechend bewegen.
Leser kommentiert am Permanenter Link
Warum nicht? Wenn man schlechte Arbeit abliefert, hat das in jedem Beruf Konsequenzen. Warum sollte das im Richterberuf anders sein? Gibt es im Richterberuf vielleicht ein Grundrecht auf schlechte Arbeit? Nein! Natürlich nicht. In anderen Berufen kann man wegen wegen schlechter Arbeit personenbedingt oder verhaltensbedingt sogar gekündigt werden. Als Richter wird man nur eben nicht Honorarprofessor. Es gibt auch kein richterliches Grundrecht, Honorarprofessor zu werden.
B.Sonnen kommentiert am Permanenter Link
Sie übersehen allerdings, dass der Richter keine schlechte Arbeit abgeliefert hat, sondern vollkommen zutreffend entsprechend der ständigen Rechtsprechung entschieden hat und entsprechend auch von der nächsten Instanz bestätigt wurde. Herr Schleusener ist ein sehr guter Richter, auch wenn Ihnen das nicht gefällt.
Gast kommentiert am Permanenter Link
Ein Richter sollte nicht zwanghaft und stur die "ständige Rechtsprechung" repetieren, sondern anhand von und gebunden an Recht und Gesetz unter Berücksichtigung der anerkannten Auslegungsmethoden urteilen. Das hat er studiert und das sollte er selbst seinen Studenten weitergeben.
Gast kommentiert am Permanenter Link
Ob solcher Hybris bleiben einem ja die Worte weg. Wenn hier jemand der Justiz schadet, dann ist es in allererster Linie das LAG selbst. Wenn es noch den geringsten Zweifel an der Richtigkeit der Nichtberufung dieses Möchte-Gern-Honorarprofessors gab - hiermit sind sie widerlegt.
B.Sonnen kommentiert am Permanenter Link
Wie möchten Sie bitte beurteilen, wer ein Möchte-Gern-Honorarprofessor ist und wer geeignet ist? Herr Schleusener ist ein hervorragender, bei den Studenten sehr anerkannter Dozent und seine Nichtberufung ist ein echter Verlust für die FU!
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@ Leser
Ihrem Urteil über das Urteil fehlt die Begründung.
Leser kommentiert am Permanenter Link
Die Begründung hat doch das Bundesarbeitsgericht geliefert:
"Die außerordentliche Kündigung ist unwirksam. Es fehlt an einem wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB... Die außerordentliche Kündigung ist unwirksam. Es fehlt an einem wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB."
BAG, 10.06.2010 - 2 AZR 541/09 , http://lexetius.com/2010,3724
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@ Leser
Also macht Ihrer Meinung nach jedes Mal wenn eine höhere Instanz ein Urteil aufhebt die vorherige Instanz schlechte Arbeit? Das ist eine, vorsichtig ausgedrückt, gewagte Ansicht.
Leser kommentiert am Permanenter Link
So "gewagt" ist das nicht, da es nämlich dem gesetzlich geregelten Instanzenzug entspricht. Und bekanntlich muss ein Urteil schon sehr falsch sein, bis es von einem übergeordneten Gericht aufgehoben wird, wo man eigentlich immer zunächst bestrebt ist, ein Urteil möglichst zu "halten".
Gast kommentiert am Permanenter Link
Das hat weder mit dem Instanzenzug etwas zu tun noch mit der Spruchpraxis höherer Gerichte. Es gibt nun einmal Punkte, in denen man die eine oder andere Meinung vertreten kann (formalisiert als sog. Meinungsstreits). Nur weil man eine andere Meinung vertritt als ein Gericht, welcher Instanz auch immer, wird die eigene Meinung nicht falsch. Es handelt sich immerhin um eine Meinung, keine Tatsache.