Die Brennspiritus-Theorie in der Wiederaufnahme - der Mordfall Sabolic

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 25.07.2018
Rechtsgebiete: StrafrechtKriminologieStrafverfahrensrecht81|17466 Aufrufe

Der Fall „Sabolic“  aus dem Jahr 2004, der durch ein Wiederaufnahmegesuch von Rechtsanwalt Gerhard Strate nun bekannt geworden ist, lässt aufhorchen: Es geht um eine Frau, die in ihrer Kleingartenlaube in Hamburg durch Feuer ums Leben kam. In den Morgenstunden war das Feuer in dem Raum ausgebrochen, in dem sie sich schlafen gelegt hatte. Brandsachverständige kamen zu der Schlussfolgerung, der Brand sei gelegt worden, indem jemand Brandbeschleuniger (Spiritus) auf die Schlafende geschüttet und sie angezündet habe. Ein Bekannter der Toten, der sich in der Nacht und am frühen Morgen verdächtig verhalten hatte, wurde beschuldigt und wegen Mordes verurteilt. Er habe Bargeld der Toten (etwa 110 Euro) stehlen wollen und die heimtückische Tötung mit gemeingefährlichen Mitteln zur Ermöglichung dieser Tat begangen. Er wurde vom LG Hamburg wegen Mordes, Raubes mit Todesfolge und Brandstiftung mit Todesfolge zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt, die er nunmehr seit gut 13 Jahren verbüßt (LG Hamburg 621 Ks 12/04 vom 2. Februar 2005, anonymisierter Abdruck).

Grundlage des Wiederaufnahmegesuchs ist ein neues Gutachten zur Brandursache und zum Brandablauf, das zumindest erhebliche Zweifel an der Urteilsgrundlage weckt (Quelle). Hier begegnet dem Leser eine schon „altbekannte“ Situation: Insbesondere Sachverständige des LKA Berlin hatten vor ca. zwei Jahrzehnten eine hohe Anzahl von Brandstiftungen durch Brandbeschleunigerspuren festgestellt. Spektakulär war der Freispruch der Monika de Montgazon (hierzu: Stern-Bericht , Beck-Blog-Beitrag), nachdem der BGH das Mord-Urteil des LG Berlin (ebenfalls aus dem Jahr 2004) in der Revision aufgehoben hatte. Die „Spiritus-Theorie“ der Berliner LKA-Sachverständigen, die davon ausging, dass Spuren der Vergällungsmittel 2-Butanon (MEK) und 3-Methyl-2-Butanon (MIPK) eindeutige Hinweise auf den Einsatz von Spiritus als Brandbeschleuniger seien, wurde von einer BKA-Gutachterin damals widerlegt: Beim Verbrennen von Holzverkleidungen, insbesondere Kiefern- und Fichtenholz, können diese Stoffe ebenfalls anfallen. Frau de Montgazon wurde freigesprochen, da man die Brandbeschleuniger-These für widerlegt und einen von einer im Bett gerauchten Zigarette des Opfers ausgehenden Brand für viel wahrscheinlicher hielt.

Der Fall de Montgazon war der bekannteste, aber nicht der einzige Fall, in dem die Widerlegung der Spiritus-Theorie zu neuen Entscheidungen führte. Auch das neue Gutachten im Hamburger Fall, Auftraggeber ist Rechtsanwalt Strate, argumentiert: Hinweise auf Brandbeschleuniger seien uneindeutig oder gar ausgeschlossen, ein völlig anderer Brandverlauf (ebenfalls von einer Zigarette ausgelöst), mit langsamen Schwelbrand, der – etwa durch eine zerberstende Scheibe – in einer Rauchgasexplosion mündet, sei naheliegend.

Da das mit der Wiederaufnahme angefochtene Urteil aus der Zeit stammt, bevor die Berliner „Spiritus-Theorie“ grundsätzlich infrage gestellt wurde, scheint der Weg zur Wiederaufnahme recht offensichtlich: Die neue Tatsache, hier nämlich im Prozess (möglicherweise) noch nicht diskutierte Erkenntnisse dazu, wie Spuren von Vergällungsmitteln zu bewerten sind, bzw. die neuen Beweismittel/Sachverständigen, die darüber Auskunft geben, können nach § 359 Nr.5 StPO die Wiederaufnahme begründen. Die Stichhaltigkeit wird dann in einem neuen Verfahren geprüft und bewertet. Jedes Gericht, das sich schon einmal auf ein Sachverständigengutachten als bei einem Mordvorwurf einziges Beweismittel verlassen hat, müsste hier hellhörig werden: Welchen Einfluss haben neue Erkenntnisse oder auch nicht mehr ganz neue, die aber im Prozess vom Gutachter nicht mitgeteilt oder verwertet wurden? Das Argument, der Sachverständige sei "bewährt und zuverlässig", trifft dann nämlcih nicht mehr zu. Natürlich betrifft dies gerade auch die in Verruf geratene Spiritus-Theorie, die auch hier offenbar ausschlaggebend für den Mordvorwurf war.  

Allerdings: Anders als im Fall de Montgazon geht es hier nicht um die Revision, sondern um die Wiederaufnahme, in der sich die Beweislast praktisch umkehrt. Das Wiederaufnahmeverfahren erweist sich wohl auch jetzt als äußerst steiniger Weg. Auch die Hamburger Justiz wehrt sich dagegen, ein längst rechtskräftiges Urteil aufzuheben, worüber die Dokumentation bei Strate Auskunft gibt: Statt die Sache in den Mittelpunkt zu stellen, versuchte das Gericht jüngst, RA Strate auszutricksen und verweigerte ihm praktisch rechtliches Gehör zur staatsanwaltlichen Stellungnahme.

Für den Hamburger Fall Sabolic wird die Frage entscheidend sein, ob es sich bei der Widerlegung der Brandbeschleuniger-These um ein „neues“ Beweismittel handelt. Immerhin war die Erkenntnis, dass die Vergällungsstoffe auch bei Holzverbrennung auftreten, schon viel früher in den USA publiziert worden, und wurde maßgeblich 2003 in einer deutschen Dissertation nachgewiesen, also schon kurz vor dem Prozess. Für Deutschland wird man aber konstatieren können, dass erst das Verfahren de Montgazon (2004 bis 2006) die allgemeine Aufmerksamkeit auch der polizeilichen Brandsachverständigen auf die Problematik gelenkt hat. Das LG Hamburg hat sich im Sabolic-Urteil (2004) jedenfalls nicht mit dieser Frage auseinandergesetzt. Dem LG genügte damals für die Überzeugungsfindung offenbar, dass die (minimalen) Spuren auf die Verwendung von Spiritus „hindeuteten“, wie es laut Stellungnahme der Staatsanwaltschaft in dem schriftlichen Gutachten geheißen haben soll. Dass der Stoff auch in anderen Flüssigkeiten (Lacke, Lösungsmittel) vorkommt, wurde zwar auf Nachfrage der Verteidigung theoretisch bejaht, aber es wurde nicht angesprochen, dass 2-Butanon auch beim Verbrennen von Holz anfällt, was hier beim Brand einer Laube ja naheliegend ist (Quelle: Strate Dokumentation).
(Hinweis: Korrekturen im letzten Absatz am 27.07. eingefügt)

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81 Kommentare

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Also wenn Strate jetzt zu dem Strohhalm greifen muss, dass er doch den  früheren Vorsitzenden kenne und der sich kein X für ein U vormachen lasse und was der entschieden hätte (inklusive seiner Beisitzer, die Schöffen lässt Herr Strate ja vornehm weg) wenn er irgendwas geahnt hätte ist das schon ziemliches argumentatives Kellerniveau. (Schreiben an das LG Hamburg vom 18,7, Seite 3)

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Grüß Gott Herr Prof. Müller,

Sie schreiben:

"Auch die Hamburger Justiz wehrt sich dagegen, ein längst rechtskräftiges Urteil aufzuheben, worüber die Dokumentation bei Strate Auskunft gibt: Statt die Sache in den Mittelpunkt zu stellen, versuchte das Gericht jüngst, RA Strate auszutricksen und verweigerte ihm praktisch rechtliches Gehör zur staatsanwaltlichen Stellungnahme."

Ich meine, dieser Aspekt ist es wert, hervorgehoben zu werden.

Ist es denkbar, dass in Hinblick auf das Schlagwort Fehlerkultur bei der Justiz ganz allgemein der Gesichtspunkt eines drohenden Gesichtsverlustes eine nicht ganz unerhebliche Rolle spielt?

Im Allgemeinen schon, aber im speziellen Fall bedeutet es m.E. keinen Gesichtsverlust, wenn das Gericht nach damals noch nicht bekannten bzw. noch nicht vom Sachverständigen berücksichtigten Erkenntnissen zu seiner Überzeugung kam. Schließlich war der Freispruch de Montgazon noch nicht erfolgt, so dass man aufgrund der "herrschenden Meinung" urteilte, dass die gefundenen Stoffe auf die Benutzung von Brandbeschleuniger "hindeuteten".

Verstehe ich Sie da richtig: Man muss also als Anwalt der Justiz eine - wie auch immer geartete - Brücke bauen, damit die Justiz bereit ist, unter Gesichtswahrung einen begangenen Fehler - also eine Art von Versehen im weitesten Sinne - einzugestehen? 

Ich denke, das Gerede um Fehlerkultur wird viel zu intellektuell betrieben und viel zu hoch gehängt. In der Justiz geht es einfach darum, Aktenberge wegzuarbeiten bzw. wegzuschieben, und zwar für jeden dort, vom Wachtmeister bis zum Vorsitzenden, Tat für Tag. Es ist ein Akten-Fließband. Darin gilt es nicht zu ersaufen. Die größte Sorge. Wenn dann aber jemand meint, auf den Gedanken kommen zu müssen, Akten aus der Strafvollstreckung, also quasi auf dem Weg zum Archiv, wieder in Umlauf bringen zu lassen - so bei positiver Wiederaufnahmeentscheidung, gilt als "Idiot". Genauso könnte er auch Holz in den Wald tragen. Die Häme anderer ist ihm sicher.

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Sehr geehrter Herr Kolos, was Sie durchaus verständlich und glaubhaft beschreiben hat m.E.n. nichts mit "Fehlerkultur" zu tun, ob nun intelligent verpackt oder nicht. Der Begriff "Fehlerkultur" erscheint mir aber auch schon sehr phrasenhaft. Es gibt für ein funktionierendes Fehlermanagement eigentlich klare Prinzipien, die ich spontan mal zusammenbringe:

1. Fehler, sind unbeabsichtigte Abweichungen vom Richtigen (beabsichtigte Abweichungen sind dagegen Regelverstösse)

2. Fehler sind nicht ausschließbar, müssen daher immer als Möglichkeit im Verfahren berücksichtigt werden (Fehlermanagement)

3. Das Risiko des Eintritts und der Folgen von Fehlern müssen daher schon vorab analysiert und bewertet werden

4. Fehler dürfen objektiv nicht zu untragbaren Risiken führen können (worst-case), definitiver Ausschluss von fehlerträchtigen Methoden und untragbaren Folgen

5. Angaben zur Fehleranalyse und - abschätzung sind Teil des Arbeitsergebnisses (einfaches Bsp: zulässige Toleranzen X +/- 10 %)

6. Das Fehlermanagement muss selbst einer äußerst kritischen Analyse unterliegen, die kein Platz für pauschalierte Meinungen oder Gewissheiten hat.

Beispielhaft: Eine denkbare Einführung der Schutzhelm- und Warnwestenpflicht für Richter zur Steigerung der Fehlerresistenz mag als Aktionskunst einer "Fehlerkultur" entsprechen, mit einem funktionierenden Fehlermanagement auf Basis von Analyse, Nachweis und überprüfbaren Begründungen hätte solcher Aktionismus jedoch offensichtlich nichts zu tun. Fehlerresistenz ist ein Ergebnis von objektiver, transparenter Problemanalyse und sachgerechtem Ausschluss von ungewollten Fehlerfolgen. Das Problem: Wer (sich) nicht objektiv analysieren und evaluieren lässtl, definiert "Fehlerresistenz" als Verweigerung eines Fehlermanagements.   

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Ich bin mir gar nicht so sicher - zumindest habe ich damit Probleme, dass es sich um "'neue' Tatsache" handeln soll ("ob es sich bei der Widerlegung der Brandbeschleuniger-These um eine „neue“ Tatsache handelt"). Widerlegung der Brennspiritus-Theorie ändert nichts an den alten "Spuren der Vergällungsmittel 2-Butanon (MEK) und 3-Methyl-2-Butanon (MIPK)". Mittels neuer Erkenntnisse ist es jedoch möglich, die alte Tatsache anders zu bewerten. Sie führt danach nicht zwingend zu dem Ergebnis, dass Brandbeschleuniger verwendet wurden. Dabei sollte es aber m.E. darum gehen, ob es sich um ein neues Beweismittel handelt.

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Bitte um Entschuldigung. Bin mit dem Zitat "Spuren der Vergällungsmittel 2-Butanon (MEK) und 3-Methyl-2-Butanon (MIPK)" im anderen Fall (de Montgazon) gelandet.

Das richtige Zitat aus dem Fall "Sabolic" muss heißen: "Kombination von Ethanol mit 2-Butanon". (S 40 UA)

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Waldemar R. Kolos kommentiert am Do, 2018-07-26 17:01 Permanenter Link

Ich bin mir gar nicht so sicher - zumindest habe ich damit Probleme, dass es sich um "'neue' Tatsache" handeln soll ("ob es sich bei der Widerlegung der Brandbeschleuniger-These um eine „neue“ Tatsache handelt").

Quasi spiegelbildlich an der gleichen Stelle haben wir uns ja schon im Fall Darsow ausgetauscht. Eine Gemeinsamkeit (soweit es den Fall Darsow angeht, bezogen auf die beiden Stellungnahmen der StA) lässt sich m. E. (kaum überraschend) bereits festhalten: In beiden Fällen wird wenig Interesse an einer Aufklärung des tatsächlichen Geschehens gezeigt. Und sich stattdessen vielmehr auf ein „Wegdrücken“ (vorausgehender Unzulänglichkeiten) beschränkt: Die relevanten wissenschaftlichen Erkenntnisse waren seinerzeit schon bekannt, vgl. Schriftsatz WAV vom 18.07.2018, S. 3.  Dem vom Gericht bestellten SV aber nicht. Dessen (Nicht-) Wissen übertrug sich 1:1 auf das Gericht und sein Urteil. Konditionierte Reaktion auf das WA-Vorbringen (in offizieller Sprachregelung): Keine neuen Tatsachen, keine neuen Beweismittel.  

(Darsow: SV Pfoser liefert ein Video ab: 10 Schüsse: a) sechs freihändig b) vier eingespannt; bei der Tat wurde aber zehnmal freihändig geschossen; mit geheim gebliebenem Beschusstest vor der Tat hätte die vermeintlich gemäß Silencer-„Bauanleitung“ hergestellte und laut Urteil auch bei der Tat verwendete PET-SD-Waffe-Kombination mindestens 12 Schüssen standhalten müssen; ohne sich alle 10 Clips angesehen haben zu können, führt das Gericht im Urteil auf Grundlage der unrichtigen Bekundungen Pfosers aus, auf dem Video seien die ersten fünf Schüsse eingespannt und die weiteren fünf freihändig zu erkennen (UA S. 118); dass es sich bei der Tatmunition um Überschallmunition handelt, die regelmäßig einen nicht dämpfbaren Überschallknall erzeugt, wurde von der Gericht-SV-Kombination gleichfalls nicht erkannt.  Konditionierte Reaktion auf das WA-Vorbringen, StA Kassel vom 13.06.2018, S. 2: „Gemessen hieran, fehlt es an neuen Tatsachen und Beweismitteln im Sinne von § 359 Nr. 5 StPO“).

Weitere Parallele: (Mögliche) Gehörverletzung.  Im Fall Sabolic freilich der Schnellschuss des WAG. M. E. verständlich, dass einem da die Hutschnur platzen kann, WAV-Schriftsatz vom 18.07.2018, S. 4: „Statt sich mit den üblichen prozessualen Klügeleien zu begnügen, die keinerlei Interesse am Prozess der Wahrheitsfindung, sondern allein ein Interesse an der Aufrechterhaltung eines Justizirrtums zeigen“ usw.

Sehr geehrte Peppermint Patty,

ich lasse diesen Kommentar stehen, obwohl er nur im ersten Absatz On Topic ist, im Übrigen aber dazu verleiten könnte, die inzwischen sehr ausführliche Diskussion über den anderen Fall, den Sie jetzt auch hier in Einzelheiten thematisieren, hierher zu verlagern. Weitere Beiträge zur Diskussion im Fall Darsow werde ich in diesem Thread löschen.

Zu Ihrer Andeutung: Ja, genau darum geht es: Wann ist ein neuer Sachverständiger, der mehr weiß oder kann als der vom Tatgericht vernommene Sachverständige ein neues Beweismittel i.S. des § 359 Nr.5 StPO?

Beste Grüße

Henning Ernst Müller

Sehr geehrter Herr Prof. Müller,

danke, verstanden (war nicht beabsichtigt).

Mit den besten Grüßen

Peppermint Patty

Gerade der Vorsitzende dieser Zusammensetzung der Richterschaft,hingewiesen auf eine nur geringste mögliche fremdursächliche enstandene Spurenlage hätte alles getan um eine eventuelle solche Möglichkeit Revisionsfest im schriftlichen Urteil verwerfend zu begründen.Nur hat er es nicht gewusst.

Hochkomplexe 3 dimensionale sehr viel leistungsstärke Rechner haben einen Schwelbrand erbracht und erwiesen.

Das ist ein komplett neuer Tatsachenbeweis.

Das Aufsuchen des späteren Opfers zum Zwecke der Entwendung und das Verursachen eines Flashovers durch öffnen der Laubentür erfüllt keinen Tatbestand des Mordes.

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Alleine die Möglichkeit durch verbrennendes u.a. Kiefernholz 2Butanol freizusetzen hätte Herrn S. dazu gebracht eben auch diese Theorie mit ausführlichster Gegenargumentation abzuschmettern.

Dadurch ist dem Revisionsführer angreifbares Material entgangen,

erst Recht wenn man bedenkt das fast Parallel in anderer Sache zu Gunsten einer anderen Angeklagten entschieden wurde.

Man möchte fast nicht unterstellen das seinerzeit dieser parallel geführte Prozess der Kammer unbekannt gewesen ist.

Auch o.g. Ablauftheorie die des durch öffnen der geschlossenen Laubentür ausgelöste Flashover Situation hätte der Vorsitzende ausführlich versucht zu verwerfen.

Das es zu einer solchen Ablaufmöglichkeit gekommen ist ist nur noch thematisiert weil das Sachverständigen Gutachten Spiritus als Ursache seinerzeit ergeben hat.

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Sehr geehrte/r Krutsch,

ergänzend zur Parallelität der Verfahren:

Die (erste) Hauptverhandlung gegen de Montgazon beim LG Berlin fand von Juli 2004 bis Januar 2005 statt, die Hauptverhandlung im Fall Sabolic beim LG Hamburg im Dezember 2004. Als das Urteil de Montgazon in der Revision vom BGH aufgehoben wurde (11.01.2006), war das Sabolic-Urteil schon rechtskräftig (6.09.2005). Ob die Richter in hamburg von dem Verfahren in Berlin wussten, erscheint mir nicht offensichtlich. Dazu müsste man wissen, ab wann das de Montgazon-Verfahren in den Medien aufgegriffen wurde.

Beste Grüße

Henning Ernst Müller

Sehr geehrter Herr Müller

Vielen Dank für die schnelle Recherche.

Das 2 ähnlichste Verfahrensinhalte in Karlsruhe überschneidend zur Entscheidung vorliegen ist interessant.

Je länger die Überprüfung andauert ...

meistens jedenfalls , desto besser für den Verurteilten.

2Butanol ist mutmaßliches Kantinengespräch gewesen.

Mal schauen ob dieser Blog neue Gedanken freisetzen kann.

Grüße aus dem Emsland

Frau Krutsch

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Etwas stutzig bei meinen Überlegungen zur Neuheit des Beweismittels macht mich die Tatsache, dass nur(!) auf der Kleidung des Opfers "Ethanol mit 2-Butanon" gefunden wurde, sonst nirgendwo am Tatort. Wenn 2-Butanon durch das Verbrennen von Kiefern-Holz anfallen kann: Warum dann nur auf der Kleidung des Opfers? Das wird weder im Antrag, noch im "Neu"-Gutachten erklärt. Mit diesem Umstand soll sich aber der Alt-Sachverständige durchaus auseinandergesetzt haben. Bevor man also der Frage nachgeht, ob ihm die neuen Erkenntnisse aus der Dissertation von Lingens bekannt waren und er sie nicht berücksichtigt hatte, müsste doch zunächst geklärt werden, ob sie bei diesem ganz besonderen Spurenbild überhaupt relevant waren.

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Die Frage dürfte mit der Begründung auf S. 4 im verwerfenden Beschluss vom 16. Juni 2018 korrespondieren („noch auf welche Weise der Stoff 2-Butanon als ein mögliches Zersetzungsprodukt bei der Verbrennung bestimmter Holzarten auf die Kleidungsreste gelangt sein soll.“). Denke, dass die WAV im WAA (wie auch im Parallelfall D.) etwas (wie im klassischen Parteiprozess) taktiert bzw. mit dem Feuer gespielt und die Reaktion/Stellungnahme der StA antizipiert hat, um anschließend nachzulegen. Der „Schnellschuss“ des Gerichts aber einen Strich durch die Rechnung gemacht haben könnte. Persönliche Animositäten dürften hierbei auch nicht auszuschließen sein, wobei die Erklärung der Verteidigung vom 13. Juni 2018 insoweit eine ihrerseits beschleunigende Wirkung entfacht haben könnte. Dessen ungeachtet dürfte für das WAG im Blick auf die dem Zivilprozess angenäherte Struktur des WAV entsprechend dem Rechtsgedanken des § 139 ZPO eine Hinweispflicht bestanden haben.

Eigentlich trifft die von Ihnen zitierte Stelle aus dem Beschluss das nicht genau genug. Anders in der Stellungnahme der STA vom 16.07.18, Seite 3:

"..., da nur auf den Kleidungsresten der Verstorbenen Spuren einer Kombination von Ethanol und 2-Butanon festgestellt worden sind und gerade nicht im Brandschutt (vgl. Bl. 260 ff. d.A., Bl. 577 d.A.)"

Bei den Quellenangaben fällt auf, dass es sich um die erste und zweite Akte handeln dürfte. Zwei Akten in einem Kapitaldezernat kommen schneller zusammen als das Opfer beerdigt ist. Es geht also um die Frühstphase der Ermittlungen. Ich erwähne das deswegen, weil es doch sehr ungewöhnlich wäre, wenn eine doch so wichtige Spur (Ethanol und 2-Butanon nur auf Kleidungsresten aber nicht im Brandschutt) im späteren Verfahren, insbesondere in Prozess und Urteil nicht in dieser Klarheit mehr zum Ausdruck kommen sollte.

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Korrektur: Blatt 577 d.A. entspricht der Seite 40 in der Urteilsausfertigung und gemeint war die Wiederaufnahmeakte (602 Ks 8/18) und nicht die damalige Verfahrensakte.

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Sorry, auch bei mir Korrektur: Richtig muss es in der 1. Zeile heißen: „Beschluss vom 16. Juli 2018“

Scheint mir insbesondere im Blick auf die Stellungnahme der StA vom 6. Juli 2018, der WAV übermittelt mit Faxschreiben des Gerichts vom 9. Juli 2018 und dem Faxschreiben der WAV an das Gericht vom 16. Juli 2018 von Bedeutung.

(In der Stellungnahme der StA vom 6. Juli 2018 wird auf Seite 2 Bezug genommen auf eine Passage im schriftlichen Urteil: „(Bl. 577 f. d. LA.)“; im übernächsten Absatz wird auf das WA-GA Prof. Goertz eingegangen und zitiert als: „(Bl. 32 Bd. WA)“)

Ich weiß nicht, was das Kürzel "d. LA." (der L-Akte) bedeuten soll. Ist mir noch nie begegnet. Es handelt sich möglicherweise dann doch um die Hauptakte, wo das Urteil auf jeden Fall auch hingehört und wo Strate es vermutlich auch her kopiert hatte. Aber ich kann einfach nicht glauben, dass in einem kompletten Strafverfahren mit abschließendem Urteil wegen Brandstiftung und Mordes nur knapp 600 Seiten anfallen. In der Regel dürfte es das 10-Fache sein.

In der Sache selbst fällt auf, dass die Stellungnahme der STA und der Beschluss zum WA-Antrag ein undifferenzierter Brei aus Neuheit von Tatsachen, Beweismittel und ihrer Geeignetheit ist. Bezeichnend ist der Schlusssatz der STA: "Insgesamt erweist sich danach das Vorbringen des Beschwerdeführers zur Begründung eines Wiederaufnahmeantrags als ungeeignet". Und so etwas schreibt nicht etwa ein junger unerfahrener Staatsanwalt, sondern der Leitende Oberstaatsanwalt, obwohl er sich zuvor inhaltlich mit der Neuheit des Beweismittels durchaus auseinandergesetzt hatte. Das Landgericht hatte die Neuheit des Beweismittels nicht einmal inhaltlich geprüft, sondern sich lediglich auf die Neuheit der Tatsachen beschränkt und sie verneint bzw. alternativ ihre Geeignetheit.

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Geht mir ähnlich, nach den Bezeichnungen kann es sich aber eigentlich wohl nur um die HA handeln. Das „d. LA.“ würde ich mutmaßend als „der Landgerichtsakte“ lesen. Zum Vergleich (Anm.: dient nur der allgemein zugänglichen Illustration und verfolgt keine „Verlagerungsabsicht“): Im Fall D. nimmt die WAV im Antrag auf S. 9 Bezug auf ein Schreiben der SOKO FES 36 im Ermittlungsverfahren aus dem November 2009 (rund sieben Monate nach der Tat): „(Bl. 4577 der HA)“. Im Absatz vorher wird auf ein Schreiben vom Juli 2009 und „(Bl. 2420 der HA“) verwiesen.

Ablauf und Inhalt lassen bei mir den Verdacht aufkommen, dass - mit einer gewissen (hämischen) Freude - ein Exempel statuiert wurde.  Zumal sich die WAV in Ihrer (öffentlichen) Erklärung vom 13. Juni 2018 u.a. erdeistet hatte: „Das Urteil war ein Fehlurteil (…) Ich rechne damit, dass die Schwurgerichtskammer nach Anhörung der Staatsanwaltschaft über diesen Antrag zeitnah entscheiden wird.“ Also nach dem Motto: „Jetzt siehst du, was du davon hast!“

Neues Dokument: https://www.strate.net/de/dokumentation/Sabolic-Fax-an-LG-Hamburg-2018-07-31.pdf

Thematisch dürfte sich die E-Mail der seinerzeitigen Verteidigerin zum damaligen GA des SV  Dr. Stoffregen im Blick auf Novae m. E. wohl er an der 1. Alt. orientieren.

Sie schreiben:
"Das „d. LA.“ würde ich mutmaßend als „der Landgerichtsakte“ lesen."

Völlig ausgeschlossen. Denn es gibt keine Landgerichtsakten in Strafsachen. Strafakten sind immer und ohne Ausnahme Akten der Staatsanwaltschaft, die dem Gericht urschriftlich mit der Anklage zur Verfügung gestellt werden und mit Rechtskraft des Urteils wieder zurück an die Staatsanwaltschaft gehen. Die Staatsanwaltschaft selbst arbeitet in dieser Zeit nur mit ihrer Handakte.

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Vielleicht findet sich jemand aus Hamburg, der/die das Kürzel „Bl. d. LA“ auflöst?

(meine nicht belastbare und reine Mutmaßung knüpft daran, dass anstelle des allgemeinen Kürzels „Bl. X d. A.“ auch das Kürzel „GA“ für Gerichtsakte verwendet wird, z. B.: https://www.burhoff.de/rspr/texte/g_00009.htm    https://www.burhoff.de/burhoff/rvginhalte/83.htm   das „L“ insoweit also quasi u. U. das „G“ substituieren könnte).

In Bezug auf den eigentlichen Punkt fällt es mir immer noch sehr schwer, zu glauben, dass die (Haupt-) Akte bis zum schriftlichen Urteil nur etwas mehr als 500 Seiten umfassen soll.

Nachtrag unter Bezugnahme auf meinen Post vom 30.07.2018, 11:58: Im (hessischen) Darmstädter Fall wird offensichtlich – anders als in Hamburg – kein gesonderter Band „WA“ angelegt. In der Stellungnahme der StA Kassel, die auf den vorausgehenden Vermerk der StA Darmstadt abstellt, dürfte es dementsprechend lauten: “(Bl. 6476-6477 Bd. XX d.A.)“. Im Hamburger Fall wird, soweit es das WAV betrifft, ja hingegen auf Bl. soundso „Bd. WA“ verwiesen. Spricht m. E. wie gesagt dafür, dass Bl. 577 d. A. (= UA S. 40) tatsächlich die Hauptakte darstellen dürfte.

Bis Juni 2013 war in der Bundesrepublik Deutschland der Zusatz eines Liters der folgenden Ketonmischung auf 100 Liter absoluten Ethanols zollamtlich vorgeschrieben:

 

Dr. S. hat behauptet, dass beim Abbrand von Kiefernholz MEK (Butan-2- on; 2- Butanon) entstehen kann.

Wenn im Fall Sabolic nur Ethanol + 2-Butanon gefunden wurde, sollte man einmal das Analyseverfahren überprüfen in welchem Verhältnis Ethanol / 2-Butanon standen und wo die Nachweisgrenzen liegen und ob eventuell ein Fehler der Methode vorliegt. Nach welcher Zeit und an welchem Ort  ( Kleidung ? ) hat man Proben für die Analyse genommen ? Die Lösungsmittel verdampfen relativ schnell.

Merkwürdig ist für mich, dass man bei so einem Brand überhaupt noch brennbare Flüssigkeiten nachweisen konnte.

“Merkwürdig ist für mich, das man bei so einem Brand überhaupt noch brennbare Flüssigkeiten nachweisen konnte.“

Merkwürdig ist auch das seinerzeit einen Tag nach Brand diese Pressemitteilung der Polizei veröffentlicht wurde.

In dieser ist fast suggeriert das mit Hilfe eines Schnelltestes Brandbeschleuniger nachgewiesen wurde.

http://www.kleingartenweb.de/00/hh/hh.html

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Ergänzung:

Wurde der Begriff Spuren näher definiert ?

Lag dem Gericht das Chromatogramm vor ?

Wurde eine Eichkurve von unterschiedlichen Konzentrationen erstellt, aus der man die quantitative Menge an Ethanol und den Ketonen hätte man abschätzen können ?

Wie wurde ausgeschlossen, dass man statt der Substanzen Rauschpeaks erfasst hat.

 

 

Die Polizei Presse schrieb am 15.6.2004 03.40 Uhr:“Der 25-Järige kannte die Laubemsitzerin (65), er hatte für sie renoviert.“ Wenn er mit Farben oder Lacken renoviert hatte, ist möglicherweise MEK als Lösemittel enthalten gewesen.

a) "Spuren von Ethanol und 2-Butanon" "an den Resten der Kleidungsstücke des Opfers" (S. 39 UA)

und die Erkenntnisse

b) "dass eine extrem schnelle, sich schlagartig ausbreitende Brandentwicklung vorgelegen haben muss, die ihren Ausgangspunkt im Bereich des im Anbau stehenden Sofas haben muss" (S. 40 UA)

zusammen haben die Überzeugungsbildung der erkennenden Kammer tragend bestimmt, dass Brennspiritus als Brandbeschleuniger verwendet wurde und damit eine Straftat vorlag (es geht dabei nur um die Straftat an sich). Den Urteilsgründen lässt sich nicht sicher entnehmen, ob die Verknüpfung kumulative oder alternative Wirkung hatte.

"Die Überzeugung der Kammer stützt sich zum einen auf den Umstand, dass die Kombination der genannten Chemikalien typischerweise in Brennspiritus enthalten ist und der Einsatz eines Brandbeschleunigers im Zusammenhang mit einem tatsächlich entstandenen Brand nur den Schluss zulässt, dass dies tatsächlich geschah, um den Brand zu beschleunigen. Darüber hinaus steht ein solches Übergießen des Opfers mit Brennspiritus auch im Einklang mit dem übrigen Spurenbild am Brandort und dem Sektionsergebnis."(S. 40 UA)

Wenn nur dieses "Darüber hinaus" nicht wäre, dürfte man davon ausgehen, dass "Spuren von Ethanol und 2-Butanon" und die "sich schlagartig ausbreitende Brandentwicklung" kumulativ zusammen für die Überzeugung gestanden haben, dass Brennspiritus eingesetzt wurde. Daher wäre höchstwahrscheinlich auch ein Beweisantrag dafür, dass 2-Butanon beim Verbrennen von z.B. Fichtenholz anfällt, schon damals in der HV abgelehnt worden. Denn das hätte immer noch nicht die "sich schlagartig ausbreitende Brandentwicklung" erklären können. Es wäre aber zu prüfen, ob das jetzt mit der Computersimulation des WA-Antrags möglich ist (Flash-Over).

Zusammengefasst soll damit gesagt sein, dass es vielleicht gar nicht so entscheidend darauf ankommt, ob das "neue" Beweismittel hinsichtlich "Spuren von Ethanol und 2-Butanon" tatsächlich neu ist. Es dürfte schon reichen, wenn die Computersimulation ein neues Beweismittel ist.

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Das ist ganz schön mutig und zäh von Strate. Aber er wird wohl wissen, was er da tut. Viele andere hätte vermutlich auf Nummer sicher die sofortige Beschwerde eingelegt und damit zugleich Verletzung rechtlichen Gehörs gerügt mit dem Ziel, die Zurückverweisung zu erreichen. Oder? Das Ergebnis wäre das selbe. Der Weg aber doch etwas sicherer.

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Aktueller Antragsgegenstand dürfte demnach der Schriftsatz der Vert. vom 18. Juli 2018, Seite 6, Ziffer 4. sein.

Angenommen, die Kammer kommt - der STA folgend - zu dem Ergebnis, dass die Gehörsrüge (auf die Sie hinweisen) nach 33a StPO unzulässig sei, weil gegen den Beschluss die sofortige Beschwerde zulässig ist. Muss sie dann die unzulässige Gehörsrüge in eine sofortige Beschwerde umdeuten mit der Folge, dass dann die Abhilfevoraussetzungen des 311 III 2 StPO zu prüfen wären?

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Bereits innerhalb der Frist dürfte zum Ausdruck gebracht worden sein, dass sich der Angeklagte (Verurteilte) mit dem Beschluss nicht abfinden will, also (auch) ein Anfechtungswille manifestiert wurde. Bei wohlwollender Betrachtung des Rechtsschutzanliegens aus dem Gesamtvorbringen  mag insoweit auch von Bedeutung sein, dass der Verurteilte zuletzt als „Beschwerdeführer“ bezeichnet wurde.

Vom Antragsteller ausdrücklich begehrt wird eine erneute Beratung unter zur Kenntnisnahme der Erwiderung auf den Antrag der Staatsanwaltschaft vom 6.07.2018 , zu der dem Antragsteller vor der Entscheidung des Gerichts unter Verletzung des rechtlichen Gehörs keine Gelegenheit gegeben wurde. Das ist eigentlich doch das typische Begehren einer echten Anhörungsrüge.

Geschichtlich entstanden ist die Anhörungsrüge als ein außerordentlicher Rechtsbehelf in Zusammenhang mit unanfechtbaren Endentscheidungen. "Es verstößt gegen das Rechtsstaatsprinzip in Verbindung mit Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes, wenn eine Verfahrensordnung keine fachgerichtliche Abhilfemöglichkeit für den Fall vorsieht, dass ein Gericht in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt" (BVerfG - 1 BvR 10/99). Danach ist das "Anhörungsgesetz" am 1.1.2005 in Kraft getreten u.a. mit der Neufassung des 33a StPO und Einfügung des 356a StPO. Entscheidungen, die mit einem ordentlichen Rechtsmittel angefochten werden können, stellten kein typisches Problem der Anhörungsrüge dar. Denn die Verletzung des rechtlichen Gehörs kann im Wege des zulässigen Rechtsmittels gerügt werden.

Das mit der Anhörungsrüge verfolgte Rechtsschutzbegehren ist deutlich kürzer als das mit einem ordentlichen Rechtsmittel. In dem Antrag (Strate Schr. v. 18.07.2018, S.6) wird lediglich Heilung der Gehörrechtsverletzung begehrt. Es wird gerade nicht gerügt, dass der Beschluss an sich falsch sei, was aber wegen Zulässigkeit eines ordentlichen Rechtsmittels (sofortige Beschwerde) zulässig wäre - also anders als in der echten Anhörungsrüge.

Wird nur die Abhilfe gegen Gehörrechtsverletzung begehrt, dann darf sie nicht deswegen als unzulässig verweigert werden, weil die Entscheidung anfechtbar ist und damit die Voraussetzungen der Anhörungsrüge nach 33a StPO fehlen, das zulässige Rechtsmittel aber nicht ausdrücklich genannt wird. M.E. ist die Auslegung des Begehrens verfassungskonform dahingehend geboten, dass gegen die angefochtene Entscheidung das zulässige Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde eingelegt wird. Es stellt sich aber dann die Frage, ob der Bf nicht auf diese Weise selbst das mit dem zulässigen Rechtsmittel verfolgbare und weitere Rechtsschutzbegehren auf bloß die Verletzung des rechtlichen Gehörs verkürzt habe.

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Wenn Sie schon die Anhörungsrüge ansprechen: De lege ferenda am besten aus allen Verfahrensordnungen ganz einfach ersatzlos streichen: Kein Richter ist bereit, seine eigene Entscheidung in irgendeiner Form zu relativieren, geschweige denn zu revidieren. Also kann man sich das Ganze auch gleich ganz einfach sparen. 

Das Schreiben Strates vom 8.8. beginnt mit der etwas irritierenden Behauptung, die Stellungnahme der Staatsanwaltschaft  sei "sehr formell-rechtlich ausgerichtet".

Den bisherigen Schreiben und Anträgen Strates entnehme ich, dass er selbst sich gewünscht hätte, das Landgericht wäre "formell-rechtlich" vorgegangen. Ich weiß nicht, was er von der StA sonst erwartet? Sehr unsachlich-polemisch? Pragmatisch-hemdsärmelig? Originell-rechtsschöpfend?

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