Die Berliner Zeitung sponsert Quatsch

von Peter Winslow, veröffentlicht am 08.10.2020

In einem auf den 1. Oktober 2020 datierten Beitrag – der »Sponsored« ist – wird in der Berliner Zeitung entgegen der Industrienorm DIN 17100 und der herrschenden Meinung professioneller Übersetzer und Übersetzerinnen behauptet, dass Übersetzer und Übersetzerinnen keine Qualifikationen benötigen, um Erfolg zu haben. Dieser Beitrag ist mindestens aus drei Gründen Quatsch.

In ihm wird

(1) die Illusion verbreitet, dass man nur eine zweite oder dritte Sprache beherrschen muss, um Übersetzer oder Übersetzerin zu werden;

(2) »Qualifikation« mindestens einmal mit »Zertifizierung« verwechselt; und

(3) die Unwahrheit verbreitet: »Die nachgewiesene, beglaubigte Online-Übersetzung ist ein liberaler Beruf, der nicht reguliert ist«.

Allein die reine Anzahl von Streitverfahren, die in Deutschland aufgrund schlechter Englischkenntnisse – und mangelnder Übersetzungserfahrung – geführt werden (dieses Jahr habe ich bereits bei zwei mitgewirkt; letztes Jahr war auch nicht besser), widerlegt die Illusion. »Qualifikation« ist nicht gleich »Zertifizierung«: zum Beispiel sind Zulassungen und öffentliche Bestellungen auch Qualifikationen, aber keine Zertifizierungen. Und beglaubigte Übersetzungen sind sehr wohl reguliert; in Deutschland existieren Landesgesetze, welche die Beglaubigung/Bescheinigung von Übersetzungen regeln.

Die Berliner Zeitung sollte sich schämen. Sie hat Geld gegen Quatsch und Lüge angenommen.

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6 Kommentare

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In einem auf den 1. Oktober 2020 datierten Beitrag - der »Sponsored« ist - wird in der Berliner Zeitungentgegen der Industrienorm DIN 17100 und der herrschenden Meinung professioneller Übersetzer und Übersetzerinnen, dass Übersetzer und Übersetzerinnen keine Qualifikationen benötigen, um Erfolg zu haben.

In diesem – im Übrigen sprachlich und grammatikalisch recht verunglückten – Satz wird gesagt, es sei "herrschende Meinung professioneller Übersetzer und Übersetzerinnen, dass Übersetzer und Übersetzerinnen keine Qualifikationen benötigen". Ich glaube, dass das nicht stimmt, sondern falsch ist und dass Sie das so wohl auch nicht gemeint haben, bzw. Sie sich in einem typisch deutschen Schachtelsatz mangels juristischer Schachtelsatzübung verheddert haben.

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Was die Grammatik angeht: Da unterlief mir eine unbeabsichtigte Löschung des Worts »behauptet« und ein Fehler erfolgt beim Einsetzen (ein Leerzeichen wurde gelöscht). Beide nun behoben.

Was der Sinn angeht: Es ist meines Erachtens klar, dass die Behauptung im Widerspruch zu der herrschenden Meinung steht, nicht mit dieser übereinstimmt etc., sprich: entgegen dieser aufgestellt wurde. Zwar enthält dieser Satz eine Art Doppelverneinung, aber er ist trotzdem verständlich. Oder habe ich Unrecht? Es wäre nicht das erste Mal.

 

Die Berliner Zeitung sponsert Quatsch

Es ist umgekehrt: Nicht die Berliner Zeitung sponsert Quatsch, sondern Quatsch sponsert die Berliner Zeitung. Der Vermerk "sponsored" bedeutet nichts anderes, als einen von einem Werbekunden bezahlten Artikel. So gesehen, werden alle Zeitungen, TV-und Radio-Sender und überhaupt alles, was von Werbekunden lebt, quasi immer durch "Quatsch", nämlich Werbung, gesponsort.

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Wer hat das denn gesponsort?

Vielleicht eine Zertifikate vergebende private Sprachscule?

Früher kamen nicht wenige Sponsorings von der Tabakindustrie, von Alkoholproduzenten, von Banken, versicherungen, Öl- und Energiekonzernen, heutzutage mischen in der PR- und Medienarbeit wohl auch immer mehr kleinere Unternehmen mit.

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