LAG Berlin-Brandenburg: Kürzung des Urlaubsanspruchs im Sabbatical

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 29.07.2024
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|1716 Aufrufe

Eine neuere Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg (15.2.2024 - 1 Sa 1108/23, BeckRS 2024, 10084) befasst sich mit der Frage, ob während eines sog. Sabbaticals Urlaubsansprüche entstehen können. Die Klägerin in diesem Verfahren ist beim beklagten Land als Angestellte im allgemeinen Verwaltungsdienst beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft vertraglicher Inbezugnahme der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) Anwendung. Auf Wunsch der Klägerin wurde ihr für Zeit von Mai bis September 2022 ein „Sabbatical“ gewährt. Zu diesem Zweck schlossen die Parteien eine Vereinbarung, mit der sich die Arbeitszeit der Klägerin entsprechend änderte: Über einen Zeitraum von anderthalb Jahren sollte sich die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit der Klägerin bei gleichbleibender Vergütung erhöhen. Das aufgebaute Zeitguthaben sollte anschließend in der sogenannten Freistellungsphase für die vollständige Befreiung von der Arbeitspflicht über sechs Monate genutzt werden. Gegen Ende des Sabbaticals teile die Beklagte der Klägerin mit, den Urlaubsanspruch für den Zeitraum der Freistellungsphase zu kürzen. Hiergegen wehrt sich die Klägerin mit der vorliegenden Klage.

Das LAG Berlin-Brandenburg hat hingegen die Klageabweisung durch die Vorinstanz bestätigt. Zunächst stellt das LAG klar, was unter einem Sabbatical zu verstehen ist:

„Ein Sabbatical, also eine verblockte Teilzeit aufgrund einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung, führt nicht zu einer vergütungspflichtigen Mehrarbeit in der Ansparphase. Vielmehr vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien, dass der Arbeitnehmer während der gesamten Laufzeit des Sabbaticals in Teilzeit arbeitet. Während der aktiven Phase wird dabei ein Wert- bzw. Zeitguthaben aufgebaut durch Erhöhung der vereinbarten Teilzeit, während in der passiven Phase eine völlige Freistellung unter Weiterzahlung der vereinbarten (Teilzeit) Vergütung erfolgt.“

Daran knüpft dann die urlaubsrechtliche Bewertung an. Die Klägerin habe keinen offenen Urlaubsanspruch aus dem Jahr 2022. Für den Zeitraum, in dem sie sich in der Freistellungsphase ihres Sabbaticals befunden habe, habe ihr mangels Arbeitspflicht kein Anspruch auf Erholungsurlaub zugestanden. Das LAG sieht sich dabei im Einklang mit der neueren Rechtsprechung des EuGH zur Auswirkung von Kurzarbeit auf den Urlaubsanspruch (EuGH 13.12.2018 – C-385/17, NZA 2019, 47). Ferner verweist es auf die Rechtsprechung des BAG zum unbezahlten Sonderurlaub (BAG 19.03.2019 - 9 AZR 315/17, BeckRS 2019, 4803), für den ebenfalls keine Ansprüche auf Erholungsurlaub entstehen sollen, und auf die Beurteilung der Altersteilzeit im Blockmodell (BAG 3.12.2019 – 9 AZR 33/19, NZA 2020, 789).

Allgemein wird man sagen können, dass für Zeiträume, in denen von vornherein keine Arbeitspflicht besteht, kein Anspruch auf Erholungsurlaub entsteht bzw. – wie im Falle der Elternzeit – dieser gekürzt werden kann. Hiervon zu unterscheiden sind Zeiträume der Arbeitsunfähigkeit oder eines Beschäftigungsverbots, die den Anspruch auf Erholungsurlaub nicht in Frage stellen.

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