Aktualisierte BVI-Analyse-Leitlinien für Hauptversammlungen 2023

von Dr. Cornelius Wilk, veröffentlicht am 24.11.2022

Der Bundesverband Investment und Asset Management (BVI) hat am 8. November 2022 seine Leitlinien für die HV-Saison 2023 vorgelegt. Nähere Erläuterungen sind in einem Begleitschreiben an die Emittenten enthalten. Einen Schwerpunkt setzt der BVI wie schon im letzten Jahr (hierzu mein Beitrag vom 20. Dezember 2021) bei der Handhabung des virtuellen HV-Formats.

Virtuelle Hauptversammlung nur mit starkem Fragerecht

Ein Teil der kritischen Faktoren für die Entlastung der Organmitglieder ist nun der Gestaltung des neuen, seit 27. Juli 2022 eröffneten virtuellen HV-Formats gewidmet. Kritisch sieht der BVI u. a. eine unangemessene Beschränkung des Fragerechts im Vorfeld – insbesondere die Festlegung einer Gesamthöchstzahl von Fragen pro Aktionär („inakzeptabel“) – sowie die Einengung des Live-Fragerechts in der Versammlung auf das gesetzliche Minimum, also auf reine Nachfragen und Fragen zu neuen Sachverhalten. Negativ ins Gewicht fallen soll zudem die Nichtteilnahme einzelner Organmitglieder, und zwar auch im Fall einer Präsenzversammlung.

Restriktive Satzungsermächtigung für künftige virtuelle Hauptversammlungen

Bei den 2023 zu erwartenden Beschlussfassungen über Satzungsänderungen nach § 118a Abs. 1 S. 1 AktG – der befristeten Ermächtigung des Vorstands zur Wahl des virtuellen HV-Formats – kündigt der BVI eine restriktive Linie an. So soll die Ermächtigung für maximal zwei Jahre (gesetzlich zulässig: fünf Jahre) gewährt werden. Zudem sollen in einer begleitenden Erklärung die konkrete Ausgestaltung der Aktionärsrechte sowie die Voraussetzungen dargelegt werden, unter denen der Vorstand von der Ermächtigung Gebrauch macht.

Neue ESG-Gesichtspunkte

Weitere kleinere Änderungen schließen sich teilweise an die diesjährige DCGK-Überarbeitung an. Sie betreffen u. a. die nun etwas klarer artikulierte Gewichtung von Risikocontrolling und Revision als relevante Faktoren beim Entlastungsbeschluss, die Ablehnung einer Konzentration von Aufsichtsrats- und Prüfungsausschussvorsitz auf eine Person sowie die neu aufgenommene Forderung nach ESG-Zielen in der Vorstandsvergütung und nach einem klar benannten ESG-verantwortlichen Organmitglied.

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